Neuburg
Vom Wahnsinn des alltäglichen Lebens

Kabarettistin Martina Schwarzmann begeistert im Neuburger Schlosshof mit ihrem neuen Programm

19.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:46 Uhr
"Genau richtig": Martina Schwarzmann traf den richtigen Ton und den Geschmack ihres Publikums, dem sie den Spiegel vorhielt, wenn es um Beziehungen ging. −Foto: Foto: Hammerl

Neuburg (DK) Zweimal mit ihrem neuen Programm "Genau richtig" den Neuburger Schlosshof mit je 1000 Menschen zu füllen, das ist kein Problem für Martina Schwarzmann. Die Kabarettistin begeisterte die Zuschauer auch am Mittwochabend mit humorvollen Geschichten aus dem ganz alltäglichen Wahnsinn.

Zu Kopf gestiegen scheint der Erfolg der oberbayerischen Kabarettistin jedoch nicht. "Pünktlich wie die Maurer", stellt eine Zuschauerin anerkennend fest, als Schwarzmann völlig unprätentiös von hinten die Bühne betritt und dem Publikum ein fröhliches "Schee, dass ihr da seids" entgegenruft. Da sitzt sie nun mit der Gitarre auf dem Schoß, als wäre sie tatsächlich wie eines ihrer Lieder behauptet "mittelalt, mittelgescheit und mittelschee" - so wie die meisten eben.

Doch was an diesem Abend zählt, das ist ihre Hochbegabung, die ihr einmal eine mitleidige Zuhörerin bescheinigte, nachdem die Kabarettistin von mäßigen Schulerfolgen berichtet hatte. Sie sei nur auf der Hauptschule gewesen, weil sie früh gespannt habe, "dass es den Lehrern mit mir auch keinen Spaß macht", weshalb sie die kürzeste Schulkarriere gewählt habe. "Sie waren bestimmt hochbegabt", sagte jene Zuhörerin zu ihr, was Schwarzmann mit einem glockenhellen Lachen quittiert - ihre Hochbegabung sei in der Schule nicht gefragt gewesen denn "groben Unfug gibt es leider nicht als Wahlfach".

Der "grobe Unfug" erweist sich jedoch als Kabarett vom Feinsten, ob sie nun selbstironisch von ihrem Mutterglück mit "drei minderjährigen Mitbewohnern" erzählt, die sie so nennt, "weil meine Kinder nicht im Programm vorkommen wollen". Was sich natürlich nicht vermeiden lässt. Das älteste sei nun schulpflichtig, weshalb sie früh aufstehen müsse - "daran habe ich nicht gedacht". Abhilfe erhofft sie sich vom ambulanten Pflegedienst, den sie morgens immer vorbeifahren sieht. "Für ein Kind rentiert sich das nicht, aber wenn alle drei in die Schule gehen, dann lass ich den Pflegedienst kommen", verkündet sie. Dennoch ist sie für den Nachwuchs die "beste Mama der Welt", schließlich hätten sie ja keine Alternative. Beschweren sich die Kleinen doch einmal, die Mutter sei so grob, dann sagt sie: "Ich meine es doch nur gut mit euch - ihr sollt es später mal besser haben als heute."

Hoch ist der Wiedererkennungswert bei ihren Geschichten rund um den Weiberstammtisch, den keine vorzeitig verlassen mag, weil sie befürchtet, dann zur Zielscheibe zu werden. Köstlich die Geschichte von Herbert, der im Suff klagte, seine Susi sei im Bett so bieder und ihr einen Thermomix versprochen habe, wenn sie seine Wünsche erfülle. Was nun bei Schwarzmann regelmäßig Porno-Kopfkino auslöst, wenn Susi mit selbstgemachtem Eierlikör aus dem Thermomix zur Party kommt.

Toleranz fordert die geniale Wortkünstlerin, weil die Fremdenfeindlichkeit gegen Preußen immer mehr zunehme, dabei bleibe ein Depp ein Depp - egal wo er herkomme. Auf Toleranz von ihrem Mann sei sie selbst angewiesen, weil sie so viel gschlamperter sei, als der sich das vorstellen konnte, bevor er mit ihr zusammenlebte. Zentrum des Saustalls ist ihr Schreibtisch mit "Wanderdünen aus Blättern", die sie nicht mehr abheften kann, weil die Ordner unerreichbar hinter diesen Dünen stehen.

Als ihren Praktikanten stellt sie den Nachwuchskabarettisten Martin Frank vor und gibt ihm die Chance, vor großem Publikum aufzutreten. Frank erzählt von der Marktlücke "Hendl-Beerdigung", die seine Familie auf dem heimischen Bauernhof entdeckt hat und seitdem auf den Milchpreis pfeifen kann, denn "wir leben von toten Hühnern". Schließlich müsse man die Städter dort abholen, wo sie stehen, "und das ist nicht der Hauptbahnhof, sondern Realitätsverlust".

Der zweite Teil nach der Pause fällt etwas philosophisch-beschaulicher aus, aber keineswegs weniger unterhaltsam. Schwarzmann erzählt von Diskussionen um täglich frische Unterhosen, die sie nach der Win-Win-Methode gelöst habe: "die Kinder wollen keine frischen Unterhosen anziehen, und ich wasche nicht gern". Sie gibt humorvolle, durchaus pragmatische Ehe- und Erziehungstipps, erzählt, dass sie kein Smartphone habe, sondern ein Tastenhandy, mit dem noch keins ihre Kinder jemals spielen wollte. Und statt in sozialen Medien, "bin i bei mir". So unterhaltsam ihre Geschichten, so eingängig sind ihre Lieder - ein rundum begeisternder Kabarettabend.

Andrea Hammerl