Neuburg
Vom Fahrlehrer zum Wirt

10000 junge Leute am Steuer unterrichtet: Heinz Schneider feiert heute seinen 80. Geburtstag

23.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:08 Uhr
An seinem Lieblingsplatz vor der eigenen Gartenhütte: Heinz Schneider. Der langjährige Neuwirt wird heute 80 Jahre alt. −Foto: Schneider

Neuburg (DK) Die Sonne scheint, Rauhaardackel Benni wuselt um die große Gartenhütte, an deren Front mehrere Jagdtrophäen von einer großen Leidenschaft erzählen.

Heinz Schneider sitzt mit seiner Pfeife vor einer "bayerischen Wetterstation" und sinniert ein wenig. "80 Jahre ist nur eine Zahl", sagt er und lacht. Und trotzdem muss heute gefeiert werden: Der frühere Pächter des Neuwirts feiert mit vielen Gästen seinen 80. Geburtstag. Natürlich im eigenen Garten. Dort ist schon ein großes Zelt errichtet, 80 Gäste sind eingeladen und wollen den Jubilar hochleben lassen.

In seinen 80 Jahren hat der rüstige und mit einer gehörigen Portion Humor ausgestattete Schneider so einige berufliche Stationen durchlaufen - und so auch in Neuburg Spuren hinterlassen. Großes Aufhebens darum machen will er nicht, aber wenn Schneider einmal ins Plaudern kommt, vergisst er nichts - bis hin zu einem seiner besonderen Übernachtungsgäste im Neuwirt, den er über ein Jahrzehnt hinweg geführt hat: Sepp Maier, der ehemalige Nationaltorwart, schlug einmal bei ihm im Quartier auf. Genauso wie etwa der berühmte Kabarettist Gerhard Polt. "Wichtig waren uns aber die Stammgäste", sagt Schneider und seine Frau Paula nickt zustimmend.

55 Jahre - vor knapp zwei Wochen war der Hochzeitstag - gehen die beiden bereits miteinander durchs Leben. Kennengelernt haben sie sich, wie soll's auch anders sein, in einer Wirtschaft. Im Hennenwirt beim Kolpinghaus verkehrten die Soldaten aus der Tilly-Kaserne gerne nach Dienstschluss, "weil's Bier billig war und es schöne Madln gab", sagt seine Frau ein wenig verschmitzt und Schneider macht einen fast schon verlegenen Schlenker mit der Schulter.

So romantisch hatte Schneiders Leben aber nicht begonnen: Geboren in der heutigen Neuburger Partnerstadt Jeseník wurde die Familie 1946 vertrieben und von einem Lager in Hilpoltstein nach Heiligenkreuz (heute Gemeinde Titting/Kreis Eichstätt) gebracht. Beim "Gernbauern" fanden er, seine Eltern und sein sechs Jahre älterer Bruder vorerst Heimat. Die Eltern arbeiten bei der Brauerei Gutmann - deren Produkte bis heute in seinem Kühlschrank stehen -, Bräu Fritz Gutmann wird sogar sein Firmpate. Schließlich lernt Schneider in einem örtlichen Betrieb Landmaschinentechniker, bevor er dann zur Bundeswehr geht und sich auf insgesamt zwölf Jahre beim Heer verpflichtet: Von 1960 bis 1972 diente der Jubilar, arbeitete in der damaligen Tilly-Kaserne in Kreut als Fahrlehrer und Schirrmeister. Die junge Familie lässt sich in Heinrichsheim nieder, siedelt 1972 nach Laisacker um und der frisch entlassene Soldat macht sich als Fahrlehrer selbstständig. "Das lag nahe, die Ausbildung habe ich in der Kaserne gemacht. " Er führt insgesamt vier Fahrschulen im ganzen Landkreis, bringt gemeinsam mit zwei festen Mitarbeitern und vier Aushilfen insgesamt 10000 Schülern das Fahren bei. 1990 hängt er diesen Beruf an den Nagel. "Ich wollte Wirt werden", sagt er mit voller Überzeugung und lacht. Aber er hatte damals eine Bedingung: Es musste der Neuwirt in der Färberstraße sein.

"Das war meine Stammwirtschaft", und wenn schon noch einmal etwas Neues, dann dort. "Das hat mich gereizt", zumal die Wirtschaft noch 40 Fremdenbetten dazu hatte. Seine Frau Paula brachte die entsprechenden gastronomischen Gene mit. "Beim Neuwirt war meine schönste Zeit", resümiert Schneider. Er lobt die zuständige Brauerei ("wunderbare Leute"), und denkt gerne an die vielen Stunden in der Wirtsstube zurück. "Meist haben wir erst um 1 Uhr zugesperrt. " Und Urlaub? Den gab's maximal eine Woche im Jahr. Zehnmal hat er einen bayerischen Frühschoppen für einen guten Zweck veranstaltet, "da war alles da, was Rang und Namen hat". Nicht ohne Grund bewirtet er über 15 Jahre hinweg den Weißbiergarten auf dem Neuburger Volksfest und kümmert sich während mehrerer Schlossfeste um Harmonie und Herrnstraße mit ungefähr 1000 Sitzplätzen.

Mit 65 war Schluss mit dem Arbeitsleben - aber noch lange nicht mit dem Aktivsein. Heinz Schneider ist nach wie vor engagiert bei der Partnerschaft mit Jeseník. Einmal im Jahr gehört der Besuch in seinem Geburtsort dazu. Dazu stehen noch viermal pro Woche Stammtische in drei verschiedenen Lokalen im Terminkalender - und neben Frau und Hund wollen auch die Töchter Andrea und Sabine sowie die drei Enkelkinder und das Urenkelchen etwas von Vater und Opa haben. "Man ist immer so alt, wie man sich fühlt", sagt er, lacht und lässt den Qualm aus der Pfeife aufsteigen.

Marco Schneider