Königsmoos
Viele Fragen zum Dorfladen

Fachmann Wolfgang Gröll erklärt Königsmooser Gemeinderäten das Konzept für Klingsmoos

29.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:44 Uhr
Experte für Dorfläden: Wolfgang Gröll (v.l.) vom Dorfladen-Netzwerk erläuterte das Konzept für Klingsmoos und beantwortete Fragen der Gemeinderäte und Bürgermeister Heinrich Seißlers. −Foto: Hammerl

Königsmoos (ahl) Wenn alle Parameter passen, wird die Gemeinde Königsmoos das Gebäude für den Dorfladen in Klingsmoos bauen und an eine Unternehmergenossenschaft vermieten. Das hat der Gemeinderat am Montagabend einstimmig beschlossen.

Zu den Vorbedingungen gehören unter anderem das Eigenkapital der Unternehmergenossenschaft (UG), die Baukosten und die Förderung. Letzte Fragen zum in Klingsmoos geplanten Dorfladen, insbesondere zur Wirtschaftlichkeit beantwortete Wolfgang Gröll dem Gemeinderat in der außerordentlichen Sitzung. "Wer meint, Dorfläden sind verschlafene Hütten, liegt falsch", stellte der Experte vom Dorfladen-Netzwerk klar. Sie seien vielmehr Trendsetter, was Regionalität, Dorfcafés, Internetkauf und die Vermeidung von Verpackung angehe. In allen vier Bereichen punkteten die Dorfläden seit rund 20 Jahren, andere zögen jetzt erst nach.

Entstehen soll der Laden auf einem gemeindlichen Grundstück an der Kreuzung der Sandizeller und der Pöttmeser Straße. Das Gebäude wird zwischen 350.000 und 535.000 Euro kosten, teilte Bürgermeister Heinrich Seißler (FW) mit - je nachdem, ob in gehobener oder einfacher Ausführung gebaut werde. Er geht daher davon aus, dass die Kommune etwa 450.000 Euro für das Gebäude ausgeben muss. Mindestens 150.000 Euro wird das Amt für Ländliche Entwicklung demnach zuschießen. Eine höhere Förderung ist laut Hans Beigel vom Amt denkbar, dafür muss jedoch erst das Gesamtkonzept vorgelegt werden. Grundvoraussetzung ist demnach, dass Eigenmittel der Bürger eingesammelt werden. Die aus der Dorfgemeinschaft zu gründende Genossenschaft muss 80.000 Euro aufbringen, gefördert werde auch hier mit etwa 35.000 Euro. "Das muss unser Dorfladen werden - dann läuft er auch", sagte Seißler.

Reiner Huber bekräftigte, die Bürger müssten ein klares Signal setzen, deshalb seien 50.000 Euro als Eigenmittel die Untergrenze. "Wenn wir es zusammenkratzen müssen, hat es keinen Wert", so der Klingsmooser, der hofft, dass etwa ein Drittel der Bürger Anteile kaufen wird. Die Mindesteinlage beträgt 250 Euro. "Wir wollen die Breite", sagte Seißler. Das sieht Gröll auch so. Bei Eigenkapital von 20.000 bis 25.000 Euro würde er abraten; wenn dagegen die 50.000 Euro knapp verfehlt würden, müsse noch einmal beraten werden. Stefan Fäustlin (BGK) forderte, dass in dem Fall nicht nur der Arbeitskreis, sondern auch der Gemeinderat noch einmal gefragt werden müsse. Er habe sich mit Klingsmoosern unterhalten, die nicht Mitglied im Arbeitskreis sind und den Dorfladen sehr kritisch sehen. Otto Martin (FW) forderte unterdessen ein Limit der Baukosten.

Stefan Schnell (CSU) bezeichnete die Miete von 9000 Euro, die Gröll in seiner Wirtschaftlichkeitsberechnung angesetzt hatte, als unrealistisch. "Da ist das Gebäude ja schon sanierungsbedürftig, ehe es abgezahlt ist", meinte er. Gröll antwortete, der Dorfladen könne sich diese Miete leisten - die Grundversorgung sei ein Wert für sich, auch in großen Einkaufszentren würden Lebensmittelläden subventioniert.

Wie viel Umsatz pro Tag gemacht werden müsste, wollte Bernd Felbermaier (CSU) wissen und Gröll rechnete vor, bei 300 Öffnungstagen müssten durchschnittlich 1400 Euro umgesetzt werden. Zum Vergleich legte er Zahlen bestehender Läden verschiedener, zum Teil deutlich kleinerer Ortschaften vor. "Man glaubt nicht, was da zusammenkommt", sagte er. Mit acht Euro pro Kunde sei in den Berechnungen für Klingsmoos ein niedriger Wert angesetzt worden.

Gerhard Edler (BGK) wollte wissen, ob die Genossenschaft als Bauherr anstelle der Gemeinde auftreten könne. Denn erfahrungsgemäß würden Projekte der Kommunen immer etwas teurer. Dann werde es aber Probleme mit der an die Gemeinde gebundenen Förderung geben, antwortete der Fachmann. Gröll berichtete weiter von zwei Beispielen, in denen das Dorfladennetz auch Insolvenzen begleitet und die Verhandlungen geführt hatte, so dass weder Gemeinde noch Bürger nachzahlen mussten. Im schlimmsten Fall drohe der Totalverlust der Einlage, fasste Seißler zusammen, doch damit rechnet er nicht, denn wer einen Anteil zeichnet, der kaufe auch im Laden ein.

Diskutiert wurde eine Deckelung der Anteile pro Person. Gröll riet davon ab, da es meist institutionelle Anleger wie örtliche Banken seien, die den genossenschaftlichen Gedanken unterstützen wollten und höhere Summen einlegten. Jeder Gesellschafter habe nur eine Stimme, unabhängig von der Anzahl seiner Anteile.

Gröll begleitet die von ihm betreuten Dorfläden jeweils über drei Phasen - die Entstehung, die Zeit bis zur schwarzen Null und darüber hinaus in Dauerbegleitung. "Es gibt keine Garantie", betonte er, "es soll aber verdeutlichen, dass wir auch mit schwierigen Situationen fertig werden." Seine Umsatzprognose geht vorsichtig von einer großen Spanne aus - er rechnet mit 400.000 bis 1,2 Millionen Euro, unter anderem weil der Straßendorfcharakter von Klingsmoos Prognosen schwierig mache.

Eine Infoveranstaltung zum Dorfladen findet am Freitag, 15. Februar, um 19 Uhr im Sportheim in Klingsmoos statt. Die Gründungsversammlung ist am Freitag, 8. März, um 19 Uhr im Sportheim Klingsmoos.

Der Laden

Der Entwurf des Gebäudes mit zirka 240 Quadratmetern Geschäftsfläche sieht einen großen Verkaufsraum mit 180 Quadratmetern samt Bedientheke, Kasse und Café vor, das auch unabhängig vom Laden geöffnet haben kann.Die kleine Küche ist vom Café und vom Laden aus zugänglich, die drei Toiletten nur über das Café, der drei Quadratmeter große Kühlraum sowohl vom Laden aus als auch von außen. Im Außenbereich ist eine Fläche für Tische und Stühle vorgesehen. Investor ist die Gemeinde Königsmoos, die das Gebäude baut. 80.000 Euro müssen in den Ausbau investiert werden, 30.000 in die Warenerstausstattung, und 25.000 sind als Liquiditätsreserve vorgesehen. Somit müssen 135.000 Euro von der Genossenschaft aufgebracht werden. Geöffnet werden soll maximal 73 Stunden pro Woche, womit die sechs vorgesehenen Mitarbeiter auf 76,5 Einsatzstunden kämen, für die sie einen Mindestlohn von 10,50 Euro erhalten sollen. ahl