Neuburg
Trump und Trabis in der Donau

50 Jahre Neuburger Winterschwimmen - Acht Pioniere starten im Januar 1970

11.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:52 Uhr
Die Pioniere des Donauschwimmens: Alois Paulus, Sigmund Lang, Otto Wiesnewski, Karlheinz Gnadler, Horst Schwark (stehend, v.l.) sowie Dieter Roth, Helga Schwark und Dieter Schwark (vorne, v.l., hier beim 25. Schwimmen 1994 zu sehen) gingen am 24. Januar 1970 zum Training in die Donau. Daraus ist ein Spektakel mit 2000 Akteuren geworden. −Foto: Rein

Neuburg (r) "Das probieren wir jetzt." Im Januar 1970 animierte Alois Paulus (80) seine Taucherkollegen zu einem Eisbad in der Donau. Acht Unverfrorene schwammen von der Brandlbucht bis zum Bootshaus. Die Mitglieder der Neuburger Wasserwacht ahnten damals nicht, dass sie damit den Start zum "größten Winterschwimmen Europas" gegeben hatten.

Zur 50. Auflage nächsten Samstag, 26. Januar, erwartet die Wasserwacht wieder 2000 aktive Teilnehmer. 1800 sind bisher angemeldet, darunter mit Reinhard Brandl (CSU) Deutschlands einziger winterschwimmender Bundestagsabgeordneter. Seit 15 Jahren macht Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling mit, er will auf das "Aushängeschild" nicht verzichten.

Nach der Absage 2018 wegen Hochwassers soll das Jubiläum gebührend (nach)gefeiert werden. Und weil das Spektakel gerne als schwimmender Faschingsumzug bezeichnet wird, rechnen die Veranstalter mit phantasievollen Mitbringseln.

Der ernste Hintergrund bleibt: Wasserwacht, Tauchsportclubs, DLRG-, BRK- und THW-Verbände nehmen das Winterbad auch als Härtetest für Einsatzfälle. Das war bei der Premiere vor 50 Jahren nicht anders. "Wir mussten für Auto- und Personenbergungen auch im Winter ins Wasser. Deshalb habe ich gesagt, das üben wir jetzt einmal im Januar", erinnert sich Alois Paulus. Er war damals Vorstand der Taucher. Die privaten Neoprenanzüge, nur vier Millimeter stark, waren schlecht isoliert und zum Anziehen musste man sich einseifen. "Sonst wären wir gar nicht reingekommen." Die ersten Winterschwimmer froren in der flotten Strömung, aber die Strecke schafften sie letztlich problemlos.

Der "Erfinder" des Neuburger Donauschwimmens hat einige tausend Tauchgänge hinter sich, im Mittelmeer, im Oman oder in mexikanischen Höhlen. Beim Donauschwimmen hat er 45-mal mitgemacht, sagt Alois Paulus, "jetzt muss es reichen." Beim Spektakel Ende Januar betreut er weiter die Badehosenschwimmer. Die Eisernen schaffen vier, fünf Minuten in der Donau ohne Schutzanzug.

Beim Neujahrsschwimmen 2019 - dem "hauseigenen" Winterbad der Wasserwacht - traf Alois Paulus einen Neuburger. Er sagte ihm: "Ich bin am 26. Januar geboren - vor 50 Jahren." Er feiert also kommenden Samstag seinen runden Geburtstag, natürlich mit einem Blick auf das Geschehen in der Donau.

"Wir hatten damals nicht geahnt, was aus unserem Januarbad werden sollte", erinnert sich Dieter Roth, Pionier und langjähriger WW-Chef. 1970 meldete sich die Augsburger Wasserwacht: "Wir wären gerne mitgeschwommen." Die Schwaben holten das nach und waren ab 1972 mit dabei, ebenso Allersberg, Schrobenhausen und Wemding. Einige der "Froschmänner" setzten Narrenkappen auf - und schon hatte das Schwimmen seinen Faschingscharakter.

Die Gefährte, Boote, Floße und Aufbauten wuchsen derart, dass die THW-Trupps Schleppdienste übernehmen mussten. Zuletzt schossen die Oberhausener den Vogel ab - als Wikinger, Brückenbauer oder mit der Trump-Show "America great again".

1991 schwammen Trabis auf der Donau und vor dem Kai fügten Schwimmer mit großen Styroporteilen das vereinte Deutschland zusammen. Nach der Wende nahm das Interesse von Teilnehmern aus den neuen Bundesländern zu. Heute reisen sie aus Eberswalde, Potsdam, Grimma, Greifswald oder der Karl-May-Stadt Radebeul genauso an wie aus Hamburg, Lübeck, Berlin, Mönchengladbach oder München.

Auch die Medien haben das Neuburger Donauschwimmen groß gemacht. Anfangs reichten Schwarzweiß-Bilder, aber dann kamen BR, ZDF, SAT.l, DSF, n-tv und sogar die amerikanische NBC. Sie sendeten die "verrückten Donauschwimmer" international, weil sie so gut zum Nachrichtenblock kurz vor dem Wetterbericht passen.

1973 verloren sich noch 51 Schwimmer in der Donau, vier Jahre später waren schon 361 Aktive dabei. Ohne gezielte Werbung kletterte die Zahl über 470 (1982), 693 (1987), 1198 (1990 ), 1863 (1993), 2018 (1994), 2190 (2003) und auf den bisherigen Rekord 2241 im Jahr 2016.

Soviel Trubel im kalten Wasser - und es ist noch nie etwas Ernsthaftes passiert. 2017 mussten besonders viele Akteure mit Unterkühlungen vorzeitig aussteigen. Die Donau war so niedrig, langsam und kalt wie noch nie gewesen. 220 Helfer, 30 Sanitäter, zehn Ärzte und ein Dutzend Motorboote kümmern sich um die Sicherheit.

Der Aufwand sprengt längst alle Vorstellungen, allein zum Umkleiden und Übernachten belegt der Veranstalter das Hallenbad und vier Sporthallen. Im notorisch ausgebuchten Donauschwimmerball feiern die Winterfesten Samstagnacht ihr Massenbad und das jährliche Wiedersehen. Denn für die Wasserwachtfamilie gilt: "Einmal Donauschwimmer - immer Donauschwimmer".