Neuburg
Trostpreis statt Nationalpark

Ministerpräsident verspricht Donau-Aquarium - Ingolstadts OB kündigt neues Naherholungsgebiet an

18.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:57 Uhr
Doch kein Nationalpark: Die Donau-Auen, hier bei Burgheim, gehören zu den malerischsten Flecken Natur in der Region. Einen noch höheren Schutzstatus gibt es für sie aber nicht. −Foto: Schanz

Neuburg (DK) Nach dem vorläufigen Aus für einen Nationalpark in den Donau-Auen fallen die Reaktionen in der Region recht unterschiedlich aus. Das Echo auf die Regierungserklärung von Ministerpräsident Markus Söder reicht von Freude über Bedauern bis hin zu Ratlosigkeit. Klar ist aber: Eine Aufwertung gibt es trotzdem.

Naturschutz in der Fläche statt im Kleinen - dieses Ziel gibt CSU-Politiker Söder bereits seit Wochen aus. Sein gestriges Nein zu einem dritten Nationalpark kommt daher nicht überraschend. Dass die Region Neuburg trotzdem nicht leer ausgeht, ist unterdessen sehr wohl etwas Neues. Selbst für die Entscheidungsträger im Landkreis, die gestern Mittag angesichts der Worte des Ministerpräsidenten bass erstaunt waren. Ein begehbares Aquarium schwebt dem Landesvater aus Franken vor. Und zwar gemeinsam mit dem Haus im Moos - ein Trostpreis statt maximalem Naturschutz?

"Mit uns war das nicht abgestimmt", sagt Landrat Roland Weigert, der zugleich Stiftungsratsvorsitzender im Haus im Moos ist. Und: "Das höre ich heute zum ersten Mal." Zwar hatte der FW-Politiker angesichts des drohenden Aus für einen Nationalpark vor der Haustür durchaus mit einer Alternative geliebäugelt. Mit dem Donau-Aquarium ist Söder aus seiner Sicht aber eine faustdicke Überraschung gelungen. Das sieht auch Stefan Kumpf so. Der Karlskroner Bürgermeister und Vorsitzende im Stiftungsvorstand gibt ebenfalls offen zu, von dem Vorstoß seines Parteifreunds Söder erst gestern erfahren zu haben.

Sowohl er als auch Weigert reagieren jedoch alles andere als ungehalten auf die Idee von einem Donau-Aquarium. "Wenn das Konzept stimmt, sind wir für alles offen", so Kumpf, der darin eine Chance sieht, das Haus im Moos im Karlshulder Ortsteil Kleinhohenried noch interessanter in der Region zu machen. Auch Weigert sieht in dem Zugeständnis aus München ein klares Signal, "dass man die offene Haltung im Kreistag zu schätzen weiß", so der Landrat. "Das freut uns natürlich." Der FW-Politiker sieht allerdings noch viel Klärungsbedarf und will daher ebenso wie Kumpf Kontakt zum Umweltministerium aufnehmen. Der Karlskroner Rathauschef spricht zugleich eine Einladung aus. "Soweit ich weiß, war unser Ministerpräsident noch nie im Haus im Moos", erklärt er und lädt Söder nun dazu ein, das nachzuholen.

Die Chance für die Umweltbildungsstätte sind eine Folge der gestrigen Regierungserklärung, das Aus für den dritten Nationalpark im Freistaat eine ganz andere. Im Gespräch war zuletzt eine Gebietskulisse zwischen der Lechmündung bei Marxheim (Landkreis Donau-Ries) und dem niederbayerischen Kelheim. Landauf landab war das Projekt sowohl gefeiert als auch umstritten. Entsprechend löst auch das Ende der Planungen in der Region ganz unterschiedliche Reaktionen aus. Landrat Roland Weigert sieht in dem Schritt Söders keine Überraschung. "Das gilt auch für die Tatsache, dass er nicht endgültig ist", so der Kreischef. Denn anders als mancher Beobachter vermutet hätte, sprach der Ministerpräsident im Landtag lediglich davon, den dritten Nationalpark "weit" zurückzustellen. "Das würde jeder so machen", sagt Weigert, der im Hinblick auf die anstehende Landtagswahl im Oktober nichts anderes erwartet hatte. Enttäuscht sei er darüber nicht, so der Karlshulder. Allerdings hätte er sich einen ergebnisoffenen Prozess gewünscht. Doch den habe es leider nicht gegeben, so Weigert.

Von einer Spaltung in der Stadtgesellschaft spricht der Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Lösel nach der monatelangen Debatte über einen Nationalpark. "Die Stadt Ingolstadt hat nun größtes Interesse, beide Gruppen wieder zu einen", sagt der CSU-Politiker und kündigt ein neues Projekt an. "Wir wollen einen Stadtpark Donau schaffen, ein blau-grünes Band, das sich entlang der Flussauen zieht und die beiden Auwaldgebiete im Westen und Osten der Stadt verbindet." Mehr als 500 Hektar Fläche - dazu zählt auch die Wasserfläche - schweben Lösel dazu vor. Als Ziele nennt der Rathauschef Naturerlebnis, Naturpädagogik und Naherholung, die den Bedürfnissen von Umwelt und Bevölkerung Rechnung tragen sollen. Um dieses Ziel zu erreichen, will er eine Initiative aus den Reihen des Stadtrats aufgreifen und eine Projektgesellschaft gründen, die Bevölkerung und Interessensgruppen mit einbeziehen soll. "Dies wird das größte Naherholungsprojekt der Stadt Ingolstadt und ein bewusster Gegenpol zum enormen wirtschaftlichen Wachstum der Stadt", ist sich der Oberbürgermeister sicher.

In der Kreisstadt Neuburg, aus der nie ein großes Hurra für einen Nationalpark gekommen war, hält sich die Enttäuschung ebenfalls in Grenzen. "Wir sind nicht schockiert", sagt der amtierende Bürgermeister Rüdiger Vogt (CSU). Aus seiner Sicht wäre ein Schutzstatus für die Auwälder entlang der Donau zwar keine schlechte Sache gewesen. Touristenströme wären aber sicherlich nicht in die Region gekommen, so der stellvertretende Rathauschef, der auch auf den ohnehin bereits hohen Schutzstatus der hiesigen Natur verweist. Probleme bei den Planungen der zweiten Donaubrücke in Neuburg hatte Vogt indes durch einen Nationalpark nicht erwartet. "Das ist uns bereits früh zugesagt worden", so der CSU-Politiker.

Vorsichtig optimistisch reagiert Ludwig Bayer, der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands. "Das ist eine vorläufige Entscheidung, mit der ich gut leben kann", sagt der Landwirt, der auch für die Freien Wähler im Kreistag sitzt. In den vergangenen Monaten hatten er und seine Mitstreiter aus den Reihen der Bauernschaft und der Waldbesitzer immer wieder gegen einen Nationalpark in den Donau-Auen demonstriert. Sie fürchteten durch ein Schutzgebiet massive Einschränkungen bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen. Der Rennertshofener geht aber davon aus, dass Söders Entscheidung vorerst nur bis zur Landtagswahl gilt. Damit vertritt er die gleiche Meinung wie die Ingolstädter BBV-Geschäftsführerin Erika Meyer und wie Engelbert Winter von der Bürgerinitiative "Kein Nationalpark Donau-Auen". "Das gilt erst mal bis zum 14. Oktober", so Bayer.

So wenig wie nun Jubelstimmung bei den Nationalpark-Gegern ausbricht, so wenig herrscht bei den Befürwortern tiefe Trauer. "Mit der Stärkung der Naturparke will Söder ganz etwas anderes, als was man mit einem Nationalpark beabsichtigt hat - einen Ort zu schaffen, wo natürliche Abläufe ermöglicht werden", sagt Günter Krell, Kreisvorsitzender des Bundes Naturschutz. "Es ist schon bedenklich, wenn Söder natürlichen Abläufen keine Beachtung schenken wird. Nationalparke sind dazu da, die letzten Reste von natürlichen Landschaften zu erhalten. Den Auwald aus der Nutzung zu nehmen, das wäre das Wichtigste gewesen. Ich bin aber sicher, dass wir noch überzeugen können."

Keinen Grund, den Mut zu verlieren sieht unterdessen Christine Margraf, Artenschutzbeauftragte des Bundes Naturschutz für Südbayern in Söders Erklärung. "Wir machen auf alle Fälle weiter. Wir werden für die Notwendigkeit eines Nationalparks werben, auch an anderen Nationalpark-Standorten." Margraf kennt den Auwald an der Donau aus ihrer Zeit als Doktorandin sehr genau. Sie hält ihn für artenreich, in seiner Zusammensetzung einzigartig und daher absolut schützenswert.

Stefan Janda