Neuburg
Reichsbürger werden weniger

Tendenz bei der demokratiefeindlichen Bewegung ist im Landkreis rückläufig - Waffenbesitzverbote

17.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:26 Uhr
Eigene Reisepässe stellen sich die Reichsbürger aus - oder holen sich einen gelben Staatsangehörigkeitsausweis. −Foto: Seeger/dpa

Neuburg (DK) Es ist ein wenig ruhiger geworden um die Reichsbürgerbewegung in Bayern.

Aber auch in der Beobachtung der zuständigen Abteilungen im Neuburger Landratsamt und bei der Polizei heißt es auf Anfrage unserer Zeitung: "Tendenz rückläufig. " Eine genaue Zahl kann niemand nennen, vor gut zwei Jahren wurde sie auf etwa 50 Personen im Landkreis geschätzt.

Ob das nur ein Trugschluss ist und sich die sogenannten Reichsbürger mehr im Hintergrund bewegen und nicht mehr so arg an die Öffentlichkeit geraten - wie nach dem tragischen Tod eines Polizisten nach einem Einsatz im mittelfränkischen Georgensgmünd -, das mag im Moment keiner so recht beurteilen. Fest steht aber laut Neuburgs Polizeichef Norbert Bachmaier: "Im zurückliegenden Jahr hatten wir keinen Einsatz, der der Reichsbürgerszene zuzuordnen ist. " Im Gegensatz zu seinen niederbayerischen Kollegen: Die hatten erst Anfang Dezember eine Razzia in Esselbach (Kreis Landshut) bei einem 55-jährigen mutmaßlichen Anhänger der als demokratiefeindlich eingestuften Reichsbürger-Bewegung durchgeführt.

Laut Emmy Böhm vom zuständigen Sachgebiet Staatsangehörigkeiten im Neuburger Landratsamt seien die Fälle, in denen so genannte Staatsangehörigkeitsnachweise beantragt wurden "sehr zurückgegangen". Haben Böhm und ihre Mitarbeiter vor zwei Jahren noch etwa 40 bis 50 Anfragen nach einem solchen nachweis bekommen, seien es mittlerweile nur noch "vereinzelte". Sie beziffert sie auf fünf bis sechs pro Jahr. Im November 2016 habe sie den ersten Reichsbürger im Kreis registriert.

Diese Personengruppe wollen den "gelben Schein" des Staatsangehörigkeitsnachweises, weil das Dokument auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 zurückgeht, als es die Bundesrepublik Deutschland noch nicht gab. Und diese erkennen die Reichsbürger bekanntlich nicht an. Viele dieser Anträge würden allerdings, so erklärt Böhm, zurückgezogen, sobald das Landratsamt die Polizei darüber informiere und diese dann bei den betroffenen Personen vorstellig werde. Natürlich gebe es viele, die diskutieren wollten, so Böhm weiter. "Aber auf diese Diskussionen lassen wir uns nicht ein. " Wie viele letztlich der Szene tatsächlich angehören, ließe sich schwer sagen. Die Frage sei, wer das Ganze offen lebe oder nicht.

Detailliertere Auskunft kann Regierungsrat Klaus Ferstl geben, was die waffenrechtliche Seite anbelangt: Elf Reichsbürgern hat das Landratsamt bislang die Waffenbesitzkarte für erlaubnispflichtige Waffen entzogen. Die jeweiligen Besitzer müssen diese dann selbstständig verkaufen und dem Landratsamt den entsprechenden Nachweis beibringen. Fünf hätten gegen die Bescheide geklagt, berichtet Ferstl, vier Klagen seien noch vor dem Verwaltungsgericht anhängig. Vor einem Gericht, das die "Reichsbürger" eigentlich gar nicht als entsprechende Instanz anerkennen. Aber: "Wenn es um das eigene Recht geht, dann nehmen sie das in Kauf", ist sich Ferstl sicher. Zumal dann vor dem Richter oft das Reichsbürgertum nachträglich geleugnet werde. Zudem wurden zehn Waffenbesitzverbote für erlaubnisfreie Waffen erteilt: "Das ist eine präventive Maßnahme", erklärt Ferstl.

Reichsbürgern könnte aber auch der Entzug der Fahrerlaubnis drohen. Oftmals bekomme man "total wirre Schreiben", in denen deutlich zum Ausdruck komme, dass die Absender das deutsche Rechtssystem ablehnten - und damit auch das Melderecht, das Grundlage für die Ausstellung einer Fahrerlaubnis ist. Auffällig würden Reichsbürger etwa auch bei der Aufforderung zu Bußgeldzahlungen: "Da heißt es dann beispielsweise: ,Die Firma erkenne ich nicht an, ich zahle nicht'", erklärt Manuela Rapp vom Verkehrswesen. Sie unterstreicht aber die Einschätzung der anderen: "Der Trend ist rückläufig. " Bislang kam es im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen noch zu keinem Entzug der Fahrerlaubnis - ein entsprechendes Widerspruchsverfahren des Betroffenen ist anhängig bei der Regierung von Oberbayern.

Marco Schneider