Karlshuld
"Plötzlich steht man überall im Mittelpunkt"

Die 20-jährige Ramona Glöckl aus Karlshuld hat in ihren ersten Monaten als bayerische Kartoffelkönigin schon viel erlebt

13.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:23 Uhr
  −Foto: Kolisnek/Glöckl

Karlshuld (DK) Einmal Prinzessin sein - diesen Traum hat beinahe jedes Mädchen irgendwann einmal im Leben.

In Erfüllung geht der Wunsch eher selten. Kein Wunder: Ist die Zahl der heiratsfähigen Monarchen auf dem Erdball doch recht gering. Bei Ramona Glöckl hat es trotzdem geklappt mit der Krone - allerdings nicht als Prinzessin, sondern gleich als Königin. Und auch nicht vor dem Traualtar, sondern an der Haustüre im heimischen Karlshuld. Dort nahm die 20-Jährige sozusagen den Antrag der Erzeugergemeinschaft für Qualitätskartoffeln Neuburg-Schrobenhausen entgegen, ein Jahr lang das Amt der bayerischen Kartoffelkönigin zu übernehmen. Und sie ließ die Herren nicht lange zappeln. Immerhin ist damit auch für sie ein Traum in Erfüllung gegangen.

Das royale Leben hat den Alltag der jungen Frau aus dem Donaumoos allerdings gewaltig durcheinander gewirbelt. "Dein Privatleben muss plötzlich richtig getaktet werden", erzählt sie. Langfristige Zusagen an Freunde seien dadurch schon schwieriger geworden, immerhin kann jeden Tag eine neue Einladung in den Briefkasten flattern. Oder Fanpost - auch das ist eine neue Erfahrung für die junge Frau gewesen. Dabei hat sie den festen Grundsatz, jeden Brief beantworten zu wollen.

Seit knapp einem halben Jahr trägt sie nun die Kartoffelkrone, die freilich nicht die Form einer Knolle, sondern die einer blühenden Kartoffelpflanze hat. In dieser Zeit hat Glöckl mit Auto, Bus und Bahn rund 7800 Kilometer als Königin zurückgelegt und eine Vielzahl an Terminen absolviert. Eine genaue Auflistung hat sie, ganz die gelernte Bankkauffrau, in einem eigenen Ordner zusammengestellt. Ein stressiger Job? Davon will die Königin nichts wissen. "Jeder Auftritt ist etwas ganz Besonderes, denn von jedem nimmt man etwas mit nach Hause. " Dieses Etwas sind natürlich immer wieder mal Blumen und andere Geschenke. Doch für Glöckl sind auch die Begegnungen mit Menschen und die daraus entstandenen Freundschaften wertvoll.

Das reicht von den vielen Landwirten, die sie in den vergangenen Monaten kennengelernt hat und deren Produkte sie weit über die Grenzen der Region hinaus repräsentieren soll, über die anderen Produkt- und Festköniginnen bis hin zu völlig wildfremden Menschen, die bei Veranstaltungen auf sie zu- und mit ihr ins Gespräch kommen. Denn eines hat Glöckl bereits deutlich erfahren: "Plötzlich steht man überall im Mittelpunkt. " Beispielsweise in Schwetzingen, der Partnerstadt von Karlshuld und Schrobenhausen. Mit Krone, Zepter und Schärpe, die sie übrigens nach Ende ihrer Amtszeit behalten darf, durfte die junge Frau dort auf zahlreichen Fotos posieren. "Die Leute interessieren sich sehr dafür, was ich als Königin alles mache", erzählt sie. Das gilt auch für Kinder, auf die sie in ihrer Montur eine besondere Faszination ausübt. Entsprechend enttäuscht seien die Kleinen manchmal, wenn sie sie in ihrer normalen Alltagskleidung statt im königlichen Ornat begegnen, erzählt sie. So geschehen vor wenigen Wochen an ihrem Arbeitsplatz in der Raiffeisenbank, wo die Mädchen und Buben des Karlshulder Kindergartens den Christbaum schmücken durften. "Die haben dann schon immer geschaut, ob ich es wirklich bin - ganz ohne Krone und Dirndl", sagt Glöckl.

Diese zwanglose und offene Art, mit den unterschiedlichen Menschen, ob Kinder oder Erwachsene, umzugehen, ist wohl ein entscheidendes Kriterium für eine Produktkönigin. Und eines, das die junge Frau aus Karlshuld definitiv erfüllt. Einfach sei das aber keineswegs, sagt sie. "Ich bin immer wieder bei Terminen, bei denen ich überhaupt niemanden kenne", berichtet sie. Dann den richtigen Ton zu treffen, sei alles andere als einfach. "Manchmal weiß ich auch gar nicht, was ich eigentlich sagen soll und was die Leute erwarten. " Rückhalt geben ihr in solchen Momenten unter anderem ihre Eltern, allen voran Mutter Bianca, die bei den meisten Auftritten dabei ist. Besonders bei den vielen Volksfesten geht es gar nicht ohne Begleitung, weil eine Königin beinahe schon zwangsläufig von der gereichten Maß Bier oder dem Stamperl Schnaps nippen muss. Für Ramona Glöckl gilt dann aber striktes Fahrverbot, denn selbst nach nur einem Schluck will sich die junge Frau nicht mehr ans Steuer setzen. Ohne Fahrer geht es daher nicht.

Und auch ohne ihre Arbeitskollegen würde alles nicht funktionieren - auf diese Feststellung legt sie großen Wert. Wenn sie wegen eines Termin als Königin später ins Büro kommt oder länger frei braucht, gebe es nie Probleme. "Da sind wirklich alle top und sehr kulant, wofür ich sehr dankbar bin", sagt Glöckl, die um die vielen Termine im neuen Jahr weiß. Im Januar geht es beispielsweise vier Tage lang zur Grünen Woche nach Berlin, im Februar ebenso lang zur Messe Fruit Logistica, ebenfalls in der Bundeshauptstadt. Ohne Rückhalt am Arbeitsplatz wäre das unmöglich, weiß Glöckl.

Was ihr in ihrer Zeit als Königin ebenfalls aufgefallen ist: Viele Menschen legen heutzutage keinen großen Wert mehr auf regional produzierte Lebensmittel. Besonders auffallend sei das bei einem Fußballturnier für Kinder in München gewesen, bei dem sie gedämpfte Kartoffeln mit Salz verteilt hat. Die Resonanz: überwältigend. "Allerdings konnten sich viele Kinder gar nicht vorstellen, wo die Kartoffeln eigentlich herkommen", bedauert Glöckl, die sich mehr Wertschätzung für heimische Produkte und deren Erzeugung wünscht.

Dieser Aufgabe, viel Werbung für die bayerische Kartoffel zu machen, will sie sich in der zweite Hälfte ihrer Amtszeit mit ganzer Kraft widmen. Und zwar bei möglichst vielen Terminen und vielen Begegnungen. Apropos Begegnungen: Der richtige Mann für die 20-Jährige war bisher nicht dabei. "Der ist mir einfach noch nicht begegnet", sagt sie, verrät aber, dass ihr Traumprinz am besten Landwirt sein und in der Umgebung leben sollte.

Stefan Janda