Neuburg
Er bleibt auf freiem Fuß

Der Schlossfest-Schläger kommt mit einer Bewährungsstrafe davon

20.12.2011 | Stand 03.12.2020, 2:01 Uhr
Der 25-Jährige aus Neuburg (re.) ist nun ein freier Mann. −Foto: Rehberger

Neuburg/Ingolstadt (DK) Der Vorwurf des Totschlags war längst vom Tisch, es blieb aber der einer Körperverletzung mit Todesfolge. Wegen eines minderschweren Falls davon hat das Landgericht gestern den 25-jährigen Schlossfest-Schläger verurteilt. Das allerdings nur zur Bewährung. Er bleibt auf freiem Fuß.

Im Nachhinein kann man freilich sagen, dass der Schritt vielleicht Signalwirkung hatte. Vorige Woche ließ das Landgericht den Angeklagten aus der U-Haft. Nach seinem Urteilsspruch gestern sagte Landgerichtsvizepräsident Paul Weingartner dann wohl nicht umsonst diesen Satz: „Jetzt weiß ich nicht, wie groß die Überraschung ist – oder auch nicht.“ Denn der Verurteilte bleibt ein freier Mann – falls er sich in den kommenden drei Jahren nichts mehr zu Schulden kommen lässt. Für seine Tat heuer auf dem Schlossfest muss er jedenfalls vorläufig nicht mehr hinter Gitter. Die Schwurkammer verhängte eine Strafe von zwei Jahren Gefängnis, die aber eben zur Bewährung ausgesetzt ist.

Weingartner ging von einer Körperverletzung mit Todesfolge aus – dabei aber von einem minderschweren Fall. Das hat mit „der Tragik des Falles“ zu tun, wie es der Richter bezeichnete. Denn der einzige Faustschlag, mit dem der Angeklagte den 31-jährigen Justizbeamten bei der Kneipenschlägerei im Gesicht traf, verletzte das Opfer so unglücklich, dass es an den Folgen eines Arterierisses im Gehirn starb. „Wie die Gutachter hier sagten, lag die Chance für so etwas im Promillebereich“, erinnerte Weingartner.

Wenn die Verkettung der Umstände derart extrem selten vorkommt, musste der Angeklagten überhaupt mit dem Tod des Justizbeamten rechnen? Oder konnte man auf eine einfache Körperverletzung entscheiden, wie Verteidiger Walter Gräf beantragte hatte? Weingartner nahm sich ausführlich die Zeit, die juristischen Feinheiten zu erklären. Er zitierte aus zwei wegweisenden Urteilen des Bundesgerichtshofes, die für die beiden Positionen standen, zwischen denen das Gericht entscheiden musste: die Version der Verteidigung und die Variante Körperverletzung mit Todesfolge, wie sie Staatsanwalt Robert Pohle und Nebenklägerin Marion Zech gefordert hatten.

Das Gericht folgte dieser Sichtweise: „Jemand, der einen anderen gegen den Kopf schlägt, hat es selbst nie in der Hand, wo er genau trifft.“ Der Richter ging in seiner Bewertung von Schlägereien sogar weiter: „Es ist wie ein Lotteriespiel. Wer sich darauf einlässt, der zieht vielleicht die schwarze Karte. Das gilt für beide Seiten.“ Das Opfer habe großes Pech gehabt. Aber auch der Angeklagte habe an dem Leid zu knabbern, das er über die Familie (das Opfer hinterlässt eine schwangere Frau) gebracht hat. Weingartner sagte dem 25-Jährigen, den er als „ordentlichen jungen Mann“ bezeichnete: „Da werden Sie vielleicht nicht ihr ganzes Leben, aber doch sehr lange zu zahlen haben.“

Ob das Urteil rechtsgültig wird, ist offen. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung prüfen eine Revision.