Neuburg
"Was richtig ist, wissen wir nicht"

Schöffengericht fällt nach Prügelei in der Honigbucht mildes Urteil

01.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:43 Uhr

Neuburg (DK) Die Verletzungen sind massiv, die Strafe umso milder: Weil der genaue Hergang einer Prügelei im Sommer ebenso wie die Hintergründe des Vorfalls überwiegend ein Rätsel blieben, hat das Neuburger Schöffengericht drei junge Männer zu vergleichsweise geringen Strafen verurteilt. Einzig ein 22-jähriger Karlshulder muss für fünf Monate ins Gefängnis, allerdings wegen eines Drogendelikts.

Zwei Neuburger handelten sich hingegen eine Geld- beziehungsweise eine Bewährungsstrafe ein.

Die Wahrheit wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Selbst nach rund achtstündiger Verhandlung und zwei Prozesstagen ließ sich nicht final klären, was genau sich im vergangenen Juli in der Neuburger Honigbucht ereignet hat. Zu unterschiedlich waren die vielen Zeugenaussagen, zu widersprüchlich deren Schilderungen. "Was richtig ist, wissen wir nicht", erklärte Richterin Celina Nappenbach dazu in ihrer Urteilsbegründung. Die drei Angeklagten seien dementsprechend nur für die Taten zu verurteilen, die ihnen auch nachzuweisen waren.

Fest steht nach dem umfangreichen Prozess lediglich, dass ein 17 Jahre alter Flüchtling aus Afghanistan im Laufe der Auseinandersetzung massive Verletzungen im Gesicht erlitten hat. Diese dürften größtenteils von einem Fußtritt stammen, den einer der Angeklagten auch einräumte. Der 25 Jahre alte Neuburger, der nicht einschlägig vorbestraft ist und sich obendrein noch vor Gericht bei dem Geschädigten entschuldigte, bekam dafür eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und muss dem 17-Jährigen zudem 1500 Euro als Wiedergutmachung bezahlen. "Mit dem Fußtritt haben Sie eine Hemmschwelle überschritten, das ist unterste Schublade", verdeutlichte Nappenbach die Schwere der Tat.

Dass bei der Auseinandersetzung ein Messer im Spiel war, ließ sich auch zweifelsfrei nachweisen - ebenfalls durch den geständigen Angeklagten. Der 24-jährige Neuburger, der die Waffe zumindest am Ende des Streits in Händen gehalten, aber wohl nicht gegen einen Kontrahenten eingesetzt hatte, erhielt für diese Tat eine Geldstrafe. Insgesamt 3200 Euro muss er zahlen, darin eingerechnet ist bereits eine vorangegangene Verurteilung wegen eines Drogendelikts.

Und damit war das Schöffengericht bereits am Ende. Denn mehr war den drei Angeklagten - zumindest für den Vorfall in der Honigbucht - nicht nachzuweisen. Von wem der erste Schlag ausging, blieb ebenso unklar wie der Grund für den Streit oder die Anzahl der Beteiligten. Selbst zum Ende der Auseinandersetzung widersprachen sich die Zeugen munter. Während ein Teil den jungen Afghanen, der immerhin eine mehrfache Gesichtsfraktur erlitten hatte, eigenen Worten zufolge noch wegradeln sah, verließ er bei anderen den Ort des Geschehens zu Fuß. Und wieder andere beteuerten, den benommenen 17-Jährigen getragen zu haben. Dazu kamen weitere Widersprüche zwischen der Vernehmung bei der Polizei und den Schilderungen vor Gericht. Ein Umstand, den Nebenklagevertreter Florian Brummer bei den ausländischen Zeugen auch auf Übersetzungsfehler zurückführte. "Es stehen viele Fragezeichen im Raum", fasste Verteidigerin Veronika Hagn zusammen.

Sogar die Möglichkeit, dass der junge Flüchtling selbst den Streit begonnen hat, war letztlich nicht auszuschließen. "Ich glaube, dass der Geschädigte kein Unschuldslamm ist", erklärte Staatsanwältin Franziska Lichtenauer in ihrem Plädoyer. Aus diesem Grund wertete sie - ebenso wie später das Gericht - mehrere Fausthiebe der Angeklagten letztlich als Notwehr. In einem waren sich alle Beteiligten jedoch einig: Einen ausländerfeindlichen Hintergrund hatte der Streit nicht. Vielmehr dürfte es dabei um eine Frau gegangen sein. "Das war eine Auseinandersetzung unter jungen Männern, bei der die Nationalität keine Rolle spielte", betonte die Richterin.

Blieb noch die Sache mit dem Joint, für den sich der 22 Jahre alte Karlshulder ebenfalls verantworten musste. Und dieser fiel durch die Vorgeschichte des Mannes umso schwerer ins Gewicht. Acht Vorstrafen, unter anderem wegen Körperverletzungen und Drogendelikten, hat er in den vergangenen Jahren angesammelt - samt offener Bewährung. "Da fällt uns langsam nichts mehr ein", begründete Nappenbach die jetzt verhängte Freiheitsstrafe.