Neuburg
Der Auwald als Regulativ im Klimawandel

Landesamt für Umwelt eröffnet Ausstellung zum Faktor Mensch als treibende Kraft - BN-Plädoyer für einen Nationalpark

28.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:38 Uhr
Der Mensch beeinflusst das Klima. In welcher Größenordnung das geschieht, darauf will die Ausstellung des Landesamtes für Umwelt (LfU) in Schloss Grünau aufmerksam machen. LfU-Mitarbeiter Uwe Mackes (r.) zeigt hier Besuchern eines der Exponate. −Foto: Frank

Neuburg (DK) "Klimafaktor Mensch" ist der Titel einer Ausstellung, die noch bis 19. April im Auenzentrum auf Schloss Grünau zu sehen ist. Sie bildet auch den Saisonauftakt des Infozentrums rund um Wasser und Wald. Vom Bund Naturschutz gab es dazu ein Plädoyer pro Nationalpark.

"Der jährliche Ausstoß von Kohlendioxid in Bayern entspricht dem Volumen des Wassers im Bodensee!" Eine Menge, von der man nur eine vage Vorstellung hat, dass es aber ungeheuer viel ist, ist klar. Derlei Hinweise hält die Ausstellung "Klimafaktor Mensch" für die Besucher des Aueninformationszentrums in Schloss Grünau bereit. Dienstagnachmittag wurde sie eröffnet, kombiniert mit einem Vortrag von Christine Margraf über das ökologische Potenzial des Auwaldes und die sich daraus ableitende Notwendigkeit, ihn zum Nationalpark auszuweisen.

An welchen Punkten berühren sich Nationalpark und Klima? Margraf, Biologin und Artenschutzbeauftragte des Bundes Naturschutz für Südbayern, versuchte dies in einem gestrafften Vortrag anschaulich zu erklären. Da wäre die Funktion der Auwälder als Kohlenstoffsenke. Der wird sowohl in alten Bäumen wie auch im Boden selbst gespeichert - und das, auch wenn die Bäume fallen und durch die Verrottung langsam ins Erdreich übergehen. Margraf berief sich dabei auf Aussagen des Bundesamtes für Naturschutz, wonach bewirtschaftete Wälder ein Drittel weniger Kohlendioxid speichern als naturbelassene.

"Ein Nationalpark ist ausSicht der Artenvielfaltalternativlos."

Biologin Christine Margraf

 

Ebenfalls in Zusammenhang mit dem Klima ist die Hochwasserschutzfunktion der Auwälder zu sehen. "Die Flüsse können sich ausbreiten - Breitwasser statt Hochwasser. Die Bäume verlangsamen die Strömung, Nährstoffe werden vom Wald zurückgehalten, es bildet sich neues Grundwasser", erklärte die Biologin. Sie ist profunde Kennerin des Donau-Auwaldes, in dem sie vor Jahren kartiert und ihre Doktorarbeit verfasst hat. An der Isar sei eine ganze Reihe von Deichrückverlegungen vorgesehen, um dem Fluss seinen natürlichen Raum zu geben, berichtete sie. In einem Nationalpark ließe sich so etwas leichter realisieren. Nicht zuletzt sei ein Schutzgebiet der höchsten Kategorie auch Erholungs- und Erlebnisraum, gerade für Kinder sehr interessant. Und wie sieht es die Bevölkerung? "42 Prozent der Befragten hätten gerne mehr Wildnis in Deutschland", sagte Margraf. Die könnte in Wäldern und Flussauen entstehen. "Die Menschen wollen nicht noch mehr Gewerbegebiete, Straßen, Lärm und Dreck. Die Menschen wollen raus in die Natur."

In den Auwäldern ist die Biodiversität besonders hoch. Dort leben laut Margraf 60 Prozent der Vogelarten, 62 Prozent der Libellen- und 85 Prozent der Amphibienarten. Und speziell was die Donau-Auwälder betrifft, sind sie Heimat von 27 Prozent der Mittelspechte Bayerns und von 15 Prozent der in Deutschland lebenden Halsbandschnäpper, einer Vogelart, die zwischen Ingolstadt und Neuburg brütet. "Ein Nationalpark ist aus Sicht der Artenvielfalt alternativlos", versicherte die Biologin. Gerade die Hartholz-Aue, wie sie entlang der Donau anzutreffen ist, sei vom Aussterben bedroht. Man finde sie sonst nur noch an Rhein, Elbe, Mittlerer Isar und Salzach. Auch wenn niemand Spessart und Steigerwald ihre ökologische Bedeutung abstreite, wäre nach Ansicht Margrafs ein Nationalpark Donau-Auen "ein kleiner Akt der Wiedergutmachung. Wenn wir nichts machen, werden sich die Gebiete weiter verschlechtern". Die Alternative Naturschutzgebiet hält die Artenschutzbeauftragte für weniger wirkungsvoll, "weil es forstlich bewirtschaftet wird".

Ob es jemals einen Nationalpark in den Donau-Auen geben wird? Landrat Roland Weigert, der zur Saisoneröffnung ins Auenzentrum gekommen war, fand, man werde sehen, wie und wann der Freistaat das Thema wieder aufgreife. Zunächst wolle man die Öffentlichkeit für die Aue sensibilisieren, auch durch Führungen im Auwald. Dazu passend sei auch die Ausstellung "Klimafaktor Mensch", eine Wanderausstellung des Landesamtes für Umwelt, als dessen Vertreter Uwe Mackes von der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit in Grünau vertreten war. Weigert machte bei dieser Gelegenheit auf das Car-Sharing der Stadtwerke aufmerksam und kündigte an, das Landratsamt werde sich mit einem E-Mobil daran beteiligen. Das Fahrzeug soll den Mitarbeitern zur Verfügung stehen und bei der CO2-Einsparung helfen.

LfU-Mitarbeiter Mackes stellte den Gästen in einem Rundgang die Ausstellung vor, die ohne erkennbaren Zeigefinger auf das Problem aufmerksam machen möchte. "Es ist eigentlich unmöglich, in Deutschland klimaneutral zu sein", sagte Mackes. Dennoch will die Austellung in den kommenden Wochen ein paar Fakten liefern, Anregungen geben und zum Vorausdenken animieren.

Das Aueninformationszentrum in Schloss Grünau hat im Frühjahr und Sommer vom 28. März bis 31. Oktober zu folgenden Zeiten geöffnet: Mittwoch bis Freitag von 9 bis 12 und von 13 bis 18 Uhr, an Samstagen, Sonn- und Feiertagen von 10 bis 18 Uhr. Gruppenführung sind zusätzlich nach Vereinbarung möglich. Kontakt: info@aueninfozentrum.de
 

Führung durch den Auwald

Im Rahmen der Bayern-Tour-Natur bietet das Aueninformationszentrum Schloss Grünau am Sonntag, 8. April, von 14 bis 16.30 Uhr für Interessierte eine Führung durch den Auwald an. Im Mittelpunkt stehen dabei die bunten Vorboten des Frühlings wie Buschwindröschen, Blausterne oder Primeln.

Auf dem Spaziergang durch die Donau-Aue können sich die Teilnehmer von den Frühblühern und den ersten Vogelkonzerten auf das beginnende Sommerhalbjahr einstimmen lassen.

Die rund vier Kilometer lange Wanderung beginnt am Parkplatz des Donau-RuderClub in Neuburg und dauert etwa zweieinhalb Stunden. Erforderlich sind festes Schuhwerk und wetterangepasste Kleidung. Für Erwachsene sind vier Euro pro Person zu entrichten, für Kinder ist die Teilnahme kostenfrei.

Anmeldungen nimmt das Aueninformationszentrum Schloss Grünau bis zum 31. März unter Telefon (08431) 647 59 20 oder per E-Mail an info@aueninformationszentrum.de, entgegen. Besonderer Hinweis: Fernglas und Bestimmungsbücher nicht vergessen.