Neuburg
"Es ist jahrelang zu wenig gebaut worden"

Im Interview äußert sich Theo Walter als Vorsitzender des Vereins der Hausbesitzer zur Wohnungsnot

07.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:06 Uhr

Neuburg (DK) Wohnungsnot und steigende Mieten sind in Ballungszentren schon länger ein Problem. Das hat mittlerweile auch ländlichere Regionen erreicht. Über die aktuelle Lage auf dem Wohnungsmarkt in Neuburg sprachen wir mit Theo Walter, Vorsitzendem des Haus- und Grundbesitzervereins Neuburg-Schrobenhausen und zudem Stadt- und Kreisrat.

Herr Walter, wie sieht es aktuell auf dem Wohnungsmarkt in Neuburg aus?

Theo Walter: Nun, es war schon kritischer. Dank zahlreicher privater Baumaßnahmen wie beispielsweise den Margeretengärten mit 75 Wohnungen zwischen Gustav-Philipp- und Sudetenlandstraße oder dem Baugebiet mit voraussichtlich etwa 50 Wohneinheiten in Einfamilienhäusern in Neuburg-West, hat sich die Lage im vergangenen Jahr etwas verbessert. Allerdings relativiert sich das durch den verstärkten Zuzug von Pendlern vorwiegend aus Ingolstadt.

 

Gibt es aktuell Wohnungen zu sozialverträglichen Preisen auf dem Wohnungsmarkt?

Walter: Nein, mir sind keine bekannt.

 

Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Walter: Es ist jahrelang zu wenig gebaut worden. Das rächt sich nun. Ich habe schon seit Jahrzehnten darauf hingewiesen, dass dringend Sozialwohnungen errichtet werden müssen. Immerhin entsteht jetzt - hoffentlich - mit dem Baugebiet Heckenweg eine ganze Reihe von Sozialwohnungen, voraussichtlich etwa 150 Wohneinheiten, davon etwa 50 städtische.

 

Welche Quadratmeterpreise müssen Mieter derzeit in Neuburg bezahlen?

Walter: Da muss man zwischen Bestandswohnungen und Neuvermietungen differenzieren, und natürlich auch nach der Lage. Bei Neuvermietungen sind wir im Schnitt schon weit über zehn Euro, es beginnt mit etwa acht Euro in weniger gefragten Lagen, aber bei Neubauten oder in bevorzugter Lage haben wir teilweise mit 13 bis 14 Euro pro Quadratmeter schon Ingolstädter Verhältnisse erreicht. Die Bestandsmieten beginnen dagegen schon bei fünf bis sechs Euro in weniger bevorzugten Quartieren, beispielsweise im Neuburger Ostend, und auch im Zentrum gibt es sicher noch Bestandswohnungen, die für sechs bis sieben Euro vermietet sind.

 

Stichwort Mietpreisbremse: Das Instrument sollte die Mietpreisspirale bremsen, ist das gelungen?

Walter: Nein, es hat sich gezeigt, dass die Mietpreisbremse nicht funktioniert. Was logisch ist, wenn man bedenkt, dass wir in Neuburg gar keinen Mietspiegel haben, somit ist die ortsübliche Miete immer ein Streitpunkt. Daher ist die Streichung dieses unsinnigen Instrumentes Mietpreisbremse ja aktuell bei den politischen Parteien in aller Munde. Ich möchte betonen, dass es nicht die privaten Vermieter sind, die die Preise nach oben treiben. Bei uns haben weniger als ein Prozent der Privatvermieter im vergangenen Jahr die Mieten erhöht.

 

Warum hat Neuburg keinen Mietspiegel?

Walter: Das ist eine Frage der Kosten. Wenn, dann nützt nur ein qualifizierter Mietspiegel, und der kostet eine fünf- bis sechsstellige Summe. Selbst wenn sich die Stadt das leisten würde, so käme nur eine Momentaufnahme heraus, die ständig fortgeschrieben werden müsste. Hinzu kommt, dass Neuburg sehr heterogen ist. Es gibt so viele unterschiedliche Lagen und auch innerhalb eines Quartiers sind die Baujahre und Gebäudequalitäten sehr unterschiedlich. Wie wollen Sie das vergleichen?

 

Was könnte der Stadtrat tun?

Walter: Er sollte weiter an der Erstellung und Finanzierung von Sozialwohnungen arbeiten und die geplanten Maßnahmen schnellstens umsetzen. Alle Wünsche der Nachbarn können nicht erfüllt werden, sonst gäbe es nirgendwo sozialen Wohnungsbau. Aber es ist wichtig, mit den Anwohnern zu reden und nach Lösungen zu suchen. Ich denke, wir sind da auf einem guten Weg.

 

Was kann die große Politik tun?

Walter: Sie sollte vor allem finanzielle Unterstützung leisten. Ein Programm nur für kurze Zeit aufzulegen, wie das im vergangenen Jahr geschehen ist, reicht nicht aus. Die Kommunen müssen weiter unterstützt werden, schließlich sind auch Kindergärten und Schulen notwendig, wenn mehr Leute hier leben. Es ist natürlich verständlich, dass alle hier bei uns wohnen wollen, trotzdem ist es schwierig. In Ostdeutschland wäre viel Platz, dort stehen teilweise Kindergärten leer. Vielleicht würde es helfen, die Wirtschaft dort weiter aufzubauen. Nach der Wende haben viele Unternehmen die Förderung mitgenommen und sich dann wieder zurückgezogen.

 

Was wünschen sich private Vermieter?

Walter: Vor allem weniger Reglement bei der Gestaltung der Mietverhältnisse. Beispielsweise verunsichert die Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen, hinzu kommen Kündigungserschwernisse. Bei gewerblichen Vermietern mag das berechtigt sein, nicht aber für Kleinvermieter. Nehmen Sie beispielsweise den Landwirt, der zwei Wohnungen für seine Kinder gebaut hat, die aber noch nicht einziehen, oder jemanden, der die zweite Wohnung im eigenen Haus vermietet - diesen Vermietern bringen die Vorschriften zu viele Hindernisse und Belastungen. Da überlegt sich mancher schon, ob er noch etwas auf die Beine stellen soll oder nicht. Wer das Vermieten dagegen als Geschäft betreibt, der ist mitverantwortlich für die ständig steigenden Mieten. Ich könnte mir durchaus vorstellen, für gewerbliche Vermieter mit mehr als 20 Wohnungen andere Regelungen zu treffen, als für den privaten Kleinvermieter.

 

Das Gespräch führte Andrea Hammerl.