Neuburg
Beim Ringen um Geschmacksnuancen

Weinbörse wieder ein Publikumsmagnet - Erstmals Winzer mit veganen Tröpfchen vertreten

11.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:16 Uhr
Nach Herzenslust konnte man sich bei der Weinbörse im Marstall durchprobieren - und natürlich beraten lassen. −Foto: Heumann

Neuburg (lm) Es muss für den einen anderen oder anderen Zeitgenossen schon eine furchtbare Zeit sein, wenn die letzten Straßencafes trotz Flauschdecke und Heizstrahler endgültig schließen, und bis dann endlich die ersten Weihnachtsmärkte öffnen.

Abhilfe in so trostlosen Tagen schafft als einziger Rettungsanker die Weinbörse, die längst ein Klassiker im Event- wie Gourmet-Kalender des Neuburger Jahreslaufes geworden ist.

Und der, der sowieso schon alles kennt, wird hier dennoch immer wieder Überraschungen entdecken können. Die erste Veränderung freilich stimmt unwillkürlich ein wenig nachdenklich: Es ist, 2018, das erste Jahr, dass Fritz Seebauer, der Erfinder der Neuburger Weinbörse, nicht mehr am Eingang zum Fürstlichen Marstall an der Kasse sitzt. In seinem Mobilitätsradius schon etwas eingeschränkt, ließ sich "der Fritz" diesen Job nicht nehmen. Kann ja nicht schaden, einen Überblick über die Kasse zu bekommen, ging es ihm vor allem darum, ja niemanden zu übersehen. Und da war hier gleich am Eingang der absolut beste Platz.

Denn drin im Marstall geht es rasch, je mehr es in die Abendstunden hineingeht, enger zu. Erneut zeigt sich auch heuer, dass Seebauer, 20 Jahre ist es schon her, den richtigen Riecher hatte und in Neuburg eine Veranstaltung aufzog, bei dem die Stadt ausnahmsweise nicht draufzahlt. Vielleicht ist auch deshalb die Weinbörse manchen Stadträten stets etwas ungeheuer geblieben.

Die Börse selbst ist längst in die Jahre gekommen, aber ihr Publikum wird eher jünger. Alfred Bergbauer, Börsen-Beschicker seit dem ersten Jahr, stellt den Trend schon länger fest: "Es sind durchaus junge Leute, die sich für Wein interessieren. Sicher, die machen vor allem ihre Party, aber allenthalben sieht man, wie fleißig Notizen gemacht werden, verglichen, herzhaft auch mal um Geschmacksnuancen gerungen und absolut friedvoll gestritten wird. "

Dass dabei das Niveau kontinuierlich gestiegen ist, weiß kaum jemand besser als Gerd Debus, Vertriebsleiter der Winzergenossenschaft Wachtenburg, seit mehr als einem halben Jahrhundert partnerschaftlich schon mit Neuburg verbunden. 17 Jahre fehlte Debus, für den es vor dem Ruhestand seine letzte war, auf keiner Weinbörse. Er vertritt rund 30 Pfälzer Winzer, steht für 320 Hektar Anbaufläche beziehungsweise der edlen Erträge davon. Das Qualitätsbewusstsein sowohl der Verbraucher wie auch der Winzer ist die letzten Jahre kontinuierlich gewachsen. Und da dürfe man sich, für die diesjährige Weinbörse freilich noch zu früh, auf den Jahrgang freuen. "Die Rotweine werden super", zeigt sich Debus überzeugt. Bei den Weißweinen müsse man in der endgültigen Beurteilung noch etwas abwarten, anders als in dem ähnlich sonnenverwöhnten 2003er-Jahrgang sind die Öchslegrade heuer oftmals gar nicht so hoch.

Womöglich haben die Winzer aber auch aus dem Ausnahmejahr 2003 gelernt. Sie ernteten früher, damit der Zuckergehalt nicht zu hoch ausfällt. Allzu schwere Weine, der Alkohol die unweigerliche Folge des Zuckergehalts der Reben, liegen nicht mehr so im Trend. So jedenfalls die Antwort auf den Wein-Sommer 2018 von Max Pfannebecker, für Alfred Bergbauer sowieso die Entdeckung der Weinbörse heuer. Der Biowinzer, der nur vegan angebaute Weine im Sortiment hat, ist erstmals und zudem auch persönlich auf der Weinbörse präsent. Hat die Familie zwar immer schon Wein angebaut, zählte Pfannebecker zur jungen Generation der Rheinhessen, die sich mächtig anstrengt, aus dem ewigen Wein-Schatten der Pfalz zu treten. Schon kurz nach der Jahrhundertwende hatte sich das heute über 30 Hektar bewirtschaftende Weingut für ausschließlich Bio entschieden. Das geschah aus Achtung der Natur gegenüber, "auch noch der nächsten Generation wertvolle Böden zu übergeben". Ein sonderlicher Markt, weiß Max Pfannebecker aus schwierigen Anfangsjahren, war es gewiss nicht. Gut, das hat sich in jüngster Zeit gründlich geändert, und noch einmal lagen die Pfannebeckers absolut richtig, als sie von Anfang an mit Schwerpunkt auf Grau- und Weißburgunder setzten - die eindeutigen Sorten-Gewinner der letzten Jahre. Ergänzt Zweiter Bürgermeister Rüdiger Vogt, gewiss nicht nur pflichtbewusst, sofort um den Vinum vernaculum, den Tropfen, den Neuburgs Überzeugung-Winzer Josef Tremml hingebungsvoll aus seinem Weingartzen im Eulatal erntet. "Mir schmeckt der. "