Neuburg
"Mir blutet wirklich das Herz"

Wegfall der Schlossfestmode, Billig-Kleidung und Online-Handel: Second-Hand-Laden Bellissima gibt es nicht mehr

18.02.2019 | Stand 02.12.2020, 14:37 Uhr
Stehen seit Freitag leer: die Räume des Second-Hand-Ladens Bellissima, ehemalige Stöberkiste, in der Neuburger Adlerstraße. −Foto: Kretzmann

Neuburg (krk) Die Stöberkiste in der Neuburger Adlerstraße galt für viele als Institution in der Stadt.

Vor über 30 Jahren eröffnete der Second-Hand-Laden in der Ostermannstraße - und die Nachfrage war groß. Damals mussten sogar weitere Räume in der Kolpingstraße angemietet werden. Einige Umzüge und Besitzerwechsel später landete die Stöberkiste zuletzt in der Adlerstraße - bis vergangenen Freitag. Denn den Second-Hand-Laden gibt es nicht mehr.

"Mit blutet wirklich das Herz", sagt Christa Schmidl, die das Geschäft seit September 2017 geführt hatte. Ihre Vorgängerin, Susan Egidi-Kroiher, die den Laden knapp zehn Jahre führte, wollte die Stöberkiste komplett schließen. "Das Geschäft hat sich einfach nicht mehr rentiert, es lief nicht gut", sagt Egidi-Kroiher. Mittlerweile betreibt sie seit Dezember einen Laden, wieder unter dem Namen Stöberkiste, der ausschließlich Schlossfestkleidung verkauft, sowohl neu als auch gebraucht. Doch nach dem Renaissancespektal ist im August wieder Schluss - und das bewusst. "Danach lohnt es sich nicht mehr, und ich habe auch das Glück gehabt, einen Einjahresvertrag von meinem Vermieter zu bekommen", sagt sie.

Nachdem Egidi-Kroiher das Aus für die Stöberkiste in der Adlerstraße beschlossen hatte, erklärte Christa Schmidl sich bereit, das Geschäft zu übernehmen. "Ich wollte nicht, dass die Räume leer stehen, ich war Kundin der ersten Stunde und es war immer mein Traum, ein Second-Hand-Geschäft zu führen", erzählt Schmidl. Sie taufte den Laden auf den neuen Namen Bellissima, was im Italienischen soviel wie wunderschön heißt, und wollte wieder frischen Wind in die alte Stöberkiste bringen.

"Es war leider umsonst", erzählt die 56-Jährige. Motiviert übernahm sie das Geschäft, glaubte an den Verkauf gebrauchter Waren als Erfolgsmodell. Sie selbst sei großer Second-Hand-Fan und der Verkauf von Mode aus zweiter Hand habe für sie nichts mit Ramsch oder Wühltischen zu tun. Es seien gut erhaltene Kleidungsstücke, die zu einem angemessenen Preis verkauft würden. "Auch die Nachhaltigkeit spielt hierbei eine große Rolle", sagt sie. In der Gesellschaft nehme dieser Trend der Achtsamkeit beim Einkauf zwar immer mehr zu. Wenn es aber um Kleidung geht, höre er bei den meisten wieder auf. "Der ganze Online-Handel, Läden, die qualitativ schlechte Billigware anbieten oder Flohmarkt-Apps: All das ist Gift für Second-Hand-Läden", sagt sie. "Ich bin wirklich am Boden zerstört und es bricht mir das Herz, dass ich schließen musste", sagt Schmidl. Viele ihrer nun ehemaligen Kunden seien ebenfalls traurig gewesen, als sie von der Schließung erfahren haben.

Ein weiterer Grund für die Umsatzeinbußen und letztlich die Schließung sei der fehlende Verkauf von Kleidung und Accessoires für das Schlossfest gewesen. "Der hat einfach einen Großteil des Umsatzes ausgemacht. " Ihre Vorgängerin habe sie zwar bereits gewarnt, dass der Laden ohne Schlossfestmode nicht zu halten sei. "Aber ich dachte mir, ich probiere es jetzt einfach", erzählt Schmidl. Doch es habe nicht sein sollen. "Am Angebot hat es nicht gemangelt, viele haben ihre Sachen noch zum Verkauf vorbeigebracht. " Aber die Nachfrage sei immer mehr zurückgegangen. Die 56-Jährige hat viel Liebe und Herzblut in das Geschäft gesteckt, sogar Renovierungsarbeiten durchgeführt und ein neues Verkaufskonzept eingeführt. "Aber das reichte alles nicht. "

Wochen vor der Schließung lief bereits der Abverkauf der Waren. Die meiste Kleidung sei auf Kommission im Geschäft gewesen, "und ein Teil wurde auch wieder von den Besitzern abgeholt". Die Sachen, die geblieben sind, habe sie als Spenden für Länder wie Rumänien abholen lassen.

Wie es mit dem Geschäft weitergeht, weiß Schmidl nicht. "Etwas neues kommt bestimmt. " Die Neuburgerin werde sich einen neuen Job suchen, "selbstständig mache ich mich aber nicht mehr".