Neuburg
Plötzlich mit Gewicht im Landtag

Der Kreis könnte nach der Wahl erstmals seit 2003 wieder mehrere Abgeordnete stellen

14.08.2018 | Stand 02.12.2020, 15:52 Uhr
Die zwei starken Männer in München: Rudi Peterke (l.) und Eugen Freiherr von Redwitz, hier im Jahr 1999 bei einer CSU-Versammlung in Zell, waren die bislang letzten Landtagsabgeordneten aus dem Kreis Neuburg-Schrobenhausen. −Foto: Foto: Preckel/DK-Archiv

Neuburg (DK) Es könnte die Wahl schlechthin für den zuletzt politisch arg gebeutelten Landkreis werden: Nach dem Urnengang am 14. Oktober wird Neuburg-Schrobenhausen wohl erstmals seit 15 Jahren wieder mit mehr als zwei Abgeordneten in München vertreten sein.

Realistisch sind drei Parlamentarier, in der reinen Theorie sind sogar noch mehr möglich.

Es ist beinahe eine Art politische Aufbruchstimmung, die derzeit im Landkreis herrscht. Zehn Jahre nach dem Ausscheiden des Schrobenhauseners Rudi Peterke aus dem bayerischen Landtag - dem bislang letzten Abgeordneten aus dem Landkreis - wollen die Parteien endlich wieder einen hiesigen Kandidaten im Parlament unterbringen. Hoch sind die Chancen dafür allemal. Wahrscheinlich sogar so hoch, dass ein Trio aus Neuburg-Schrobenhausen in den Landtag einziehen könnte - vorausgesetzt die Konstellation am Wahlabend passt.

Gewichtige Rollen - wenn nicht sogar die gewichtigsten - spielen dabei unweigerlich Roland Weigert und Matthias Enghuber. Der Karlshulder Weigert, seit zehn Jahren für die Freien Wähler Landrat, will nun Karriere in München machen und dabei ebenso wie der Neuburger CSU-Chef Enghuber die Nachfolge von Horst Seehofer antreten. Der heutige Bundesinnenminister hatte den Stimmkreis von 2013 an bis zu seinem Wechsel nach Berlin im Frühjahr im Landtag vertreten. Präsent war der CSU-Politiker dabei zwar immer wieder mal, allerdings in der Summe der Jahre überwiegend über seinen Vertrauensmann und Parteifreund Enghuber, der nach wie vor als Kontaktperson zur Landtagsfraktion fungiert. Als Ministerpräsident und Vorsitzender der Christsozialen hatte Seehofer immerhin eine Vielzahl an wichtigeren Terminen im Freistaat und auch in Berlin. So viel der Ingolstädter auch für den Landkreis und die Region bewegt hat: Ein echter Stimmkreisabgeordneter sieht anders aus. Das wissen seine potenziellen Nachfolger auch.

Ob beide, Weigert und Enghuber, den Sprung nach München schaffen, hängt vor allem vom Abschneiden des Landrats ab. Holt er das Direktmandat, dürfte es für den 34-jährigen Enghuber knapp werden. Mit Rang 25 auf der Liste ist der Neuburger etwas schlechter platziert als vor fünf Jahren, als er als reiner Listenbewerber ins Rennen ging. Damals gab es vor allem aus den umliegenden Landkreisen viel zu wenig Stimmen für ihn.

Anders dürfte das bei Weigert aussehen. Sollte sein CSU-Konkurrent das Direktmandat holen, gilt der Einzug über die Liste dennoch als wahrscheinlich - wenn nicht sogar als sicher. Seine Bekanntheit in der Region und auch Platz sechs bei den Freien Wählern in Oberbayern dürften ihn beinahe unweigerlich vom Chefsessel im Landratsamt ins Maximilianeum katapultieren. Bei einer möglichen Regierungsbeteiligung seiner Partei wird der 50-Jährige sogar schon als Kabinettsmitglied gehandelt. Spekulationen, die Weigert freilich öffentlich nicht kommentiert.

Dritte im Bunde ist AfD-Frontfrau Christina Wilhelm. Die 39-jährige Neuburgerin hatte bereits bei der Bundestagswahl im September auf sich aufmerksam gemacht und im Wahlkreis Ingolstadt satte 13 Prozent geholt. Mit dem Direktmandat wird es angesichts der starken Konkurrenz wohl eher nichts werden, allerdings kann sich Wilhelm gute Chancen über die Liste ausrechnen. Mit Rang sieben ist sie die bestplatzierte Frau ihrer Partei in Oberbayern, an Bekanntheit in der Region mangelt es seit der Bundestagswahl ebenfalls nicht.

Ein Trio also für den Landkreis? Da wollen Andreas Fischer von der SPD und die Grünen-Kandidatin Karola Schwarz sicherlich ein Wörtchen mitreden. Diesmal gelten sie jedoch eher als Außenseiter. Trotzdem würden drei Abgeordnete im Landtag Neuburg-Schrobenhausen eine nie dagewesene Präsenz - und vor allem ein beachtliches Gewicht - bescheren. Und sie könnten dem Landkreis ein Stück weit aus der (landes)politischen Bedeutungslosigkeit heraushelfen, in die er in den vergangenen Jahren gerutscht war.

Es ist das Jahr 2003, in dem dieser schleichende Prozess beginnt. Eine Jahreszahl, mit der viele Kommunalpolitiker bis heute hadern. Damals fällt Neuburg-Schrobenhausen der Reform der Stimmkreise zum Opfer und wird unter Pfaffenhofen und Ingolstadt aufgeteilt - ein Zustand, der bis zur Wahl 2013 andauert. Mit dem Urnengang vor 15 Jahren endet auch die Zeit von Eugen Freiherr von Redwitz im bayerischen Landtag; der CSU-Politiker aus Rennertshofen verzichtet nach der Teilung des Stimmkreises und nach 21 Jahren im Parlament auf eine erneute Kandidatur. Mit dem Schrobenhausener Rudi Peterke, ebenfalls von der CSU, sitzt zwar noch ein Abgeordneter aus dem Kreisgebiet im bayerischen Landtag. Doch 2008 verpasst der heute 72-Jährige als Listenkandidat den erneuten Einzug. Seitdem kommen die Abgeordneten für Neuburg-Schrobenhausen allesamt aus dem Pfaffenhofener Land oder - so wie Horst Seehofer - aus Ingolstadt.