Neuburg
An den Grenzen des Imperiums

Die Donau war für die Römer strategisch und logistisch enorm wichtig

27.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:17 Uhr
dpatopbilder - Mitglieder der Ermine Street Guard, eines Vereins, der die Gesellschaft der Römer nachstellt, patrouillieren zur Feier des 1600. Jahrestages der Kaisererhebung Hadrians als römische Soldaten verkleidet am 20.08.2017 am Hadrianswall in Hexham (Großbritannien). Foto: Danny Lawson/PA Wire/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | −Foto: Danny Lawson (dpa)

Schier unaufhaltsam wächst das Imperium Romanum, bis der Siegeszug im Land der Germanen zum Erliegen kommt. Die Donau bei Neuburg ist für die Legionen Versorgungsader und Grenzschutz.

Doch "Barbaren-Horden" überwinden später auch den nassen Limes. Nur Kriegsgott Mars weiß, für wie viele Heeresströme die Donau strategisch entscheidend gewesen ist. In der Geschichte spielt die natürliche Wasserstraße von West nach Ost immer wieder eine zentrale Rolle. Ob bei Napoleon - oder bei den Römern.

Ab dem Jahr 15 vor Christus unterwerfen die Augusti die Stämme in den Alpen - und darüber hinaus. Auf große Gegenwehr stoßen die Feldherren nicht. Zu groß die militärische Dominanz. "Sicherlich hat es das eine oder andere Gemetzel gegeben, aber davon ist nichts bekannt", erklärt Kreisheimatpfleger Manfred Veit. Schon bald haben die Legionäre die Donau erreicht, die Provinz Raetien befriedet. Auxiliartruppen werden rekrutiert. "Die Römer haben die Bevölkerung mit einbezogen", sagt Veit. Gutshöfe werden von ehemaligen Soldaten bewirtschaftet. "Angesichts des durchorganisierten Staatswesens, taten die Stämme gut daran, sich zu integrieren", so der Historiker.

Stützpunkte und Villen, Wehrtürme und Straßen entstehen. Alle Wege führen nach Rom - zwei oder drei direkt durch unsere Region: Als gesichert gelten eine Donauroute entlang des Südufers und die bekannte Via Raetica, die Castra Regina (Regensburg) und den so wichtigen Sitz des Statthalters Augusta Vindelicorum (Augsburg) verbindet - an den Wegpunkten Parrodunum (Burgheim, hinter dem Schurrihaus) und Venaxomodurum (Neuburg, an der Münz) werden kleine Kastelle errichtet. Eine Abzweigung westlich von Unterhausen wird von einem Wehrturm gesichert, von dort führt die mehrschichtige, gepflasterte Straße nach Norden - und überquert am Fuße des Antoniberges die Donau.

"Solche Brücken sind ganz herausragende Bauwerke gewesen, es hat nur wenige gegeben", betont Veit den Stellenwert der archäologischen Entdeckung, als Pfähle im Kies des Donaugrundes freigelegt wurden. Über Holzbrücken wie diese breiten die Römer ihren Einflussbereich weiter nach Norden aus - über die Stepperger Konstruktion (errichtet um die Mitte des 2. Jahrhunderts) führt die Via Raetica ins wichtige Handelszentrum Vicus Scutarensis (Nassenfels) und weiter. Das Imperium weitet seine Grenze de facto aus - und sichert sie mit einem riesigen Grenzwall: dem Limes.

Die Provinz Raetien und damit auch die Region Neuburg haben den Römern eine relativ friedliche Ära zu verdanken. Doch 230 nach Christus regiert Mars: Der erste Germanenüberfall stürmt übers Land. Der Limes fällt. Die großen Horden überrennen von Norden her die Defensive, ziehen mit Mann und Maus auf Beutekurs bis Oberitalien und lösen sich dann wie Gewitterwolken scheinbar von selbst auf. Das Gebiet nördlich der Donau, der Grenzwall: verwüstet. Architektonische Errungenschaften wie Villen mit Fußbodenheizung oder Handelszentren werden von den Germanen nicht weitergenutzt. "Das Gebiet war im dritten Jahrhundert so stark zerstört, dass es sich nicht mehr lohnte, es aufzubauen", erklärt Archäologe Markus Gschwind vom Landesamt für Denkmalpflege. "Also haben sich die Römer um das Jahr 260 wieder zurückgezogen an den nassen Limes - die Donau", sagt Veit. Die natürliche Verteidigungslinie wird verstärkt gesichert. Patrouillenboote fahren auf dem Fluss. Wehrtürme wie bei Unterhausen oder im Burgwald werden in Sichtweite errichtet. "Jeder Beobachtungsposten sah den anderen, um ihn warnen zu können. Die heutigen Wälder standen damals nicht." Die Brücke bei Stepperg muss besonders verteidigt werden.

"Letztlich gilt es, die Verkehrswege zu sichern, um zu verhindern, dass unkontrolliert große Heere durchkommen", sagt Gschwind. In Burgheim und Neuburg sind Garnisonen stationiert. "Diese Kastelle waren ursprünglich weniger militärisch ausgelegt, hatten nur kleine Mauern gegen kleine Überfälle", sagt Gschwind. Schild, Schwert Speer und Helm, dazu Kavallerieeinheiten und Bogenschützen: So behaupten sich die römischen Auxiliartruppen in Raetien bis um das Jahr 400, auch wenn sie immer wieder von den "Barbaren" überrannt werden, die weder Rüstung noch Gnade kennen. Dann wird die Armee zur Rettung Roms gebraucht, die Provinz Raetien und die Donaugrenze aufgegeben: 405 überquert der Gotenkönig Radagaisus mit rund 20 000 Soldaten in einem Tross von 100 000 Germanen die Donau und die Alpen. Auch wenn genaue Hinweise fehlen: Der riesige Beutezug bringt Tod und Leid auch nach Neuburg und beendet die Ära Romana rund um Venaxomodurum.

Neue Serie

Wie wertvoll der Frieden ist, in dem wir leben, wird durch seine Abwesenheit deutlich: Krieg. Und davon gab es in der Neuburger Heimat mehr als genug. Von den Konflikten der Römer und Germanen bis zu den Feldschlachten der napoleonischen Eroberer, von den Fehden der mittelalterlichen Fürsten bis zu den Bombennächten der alliierten Fliegerverbände im Zweiten Weltkrieg. In einer neuen Serie beleuchten wir die kriegerische Heimathistorie rund um Neuburg. Dabei wird eines ganz deutlich: Jahrzehnte ohne Krieg und Verderben sind in der jahrtausendealten Geschichtsschreibung eine Seltenheit. Teil 1: Die Römer. ?szs.