Neuburg
Kirschen pflücken in der Sommerhitze

Die Ernte ist mühsam und reichlich - Gietlhausen verkauft "frisch vom Baum"

11.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:15 Uhr
Die Ernte sieht gut aus. Renate Ullmann sortiert mit der Enkeltochter die gepflückten Kirschen. −Foto: Foto: r

Neuburg (r) Hitze hin oder her: Gietlhausen steht wieder auf der Leiter und pflückt Kirschen. Weil das Frühjahr heuer ein Sommer war, ist die Ernte 2018 vorzeitig angelaufen. Und die Bäume sind rot vor Kirschen. Nach der eher mäßigen Ernte des Vorjahres gibt es heuer reichlich Früchte.

Die Vielzahl der Kirschen bestimmt auch deren Größe. Wenn also ein paar weniger an den Ästen hängen, wäre es auch nicht schlecht, so Jürgen Weingärtner, "dann hätten wir größere Früchte." Aber er will nicht klagen, denn es hat schon schlechtere Saisonen gegeben. Die Familie pflegt den Kirschanbau in der vierten Generation.

Seit der Nachkriegszeit liefert er den Landwirten ein Zubrot. Dieser Aspekt hat an Bedeutung verloren. Die Plantagenbesitzer sind älter geworden und Leiterstürze will keiner mehr riskieren. Aus Österreich werden bereits drei schwere Unfälle aus der laufenden Kirschenernte gemeldet. Im Attergau stürzte ein Hubsteiger um und traf vier Helfer. Ein 76-Jähriger und der 40-jährige Schwiegersohn kamen schwerstverletzt in die Salzburger Klinik.

Vorsicht und Sorgfalt bei der Ernte von der Leiter aus sind unverzichtbar. In Gietlhausen pflücken die Jungen (ein bisschen) mit. Die Verwertung hat sich geändert. 20 Kilo Kirschen zum Einwecken kauft heute kaum mehr einer. Im Supermarkt sind Importfrüchte ganzjährig verfügbar.

Im Kirschendorf Gietlhausen wird sozusagen "frisch vom Baum" verkauft. Das geschieht ab Hof, in kleinen Verkaufshütten oder auch durch Kinder im Straßenverkauf. "Seit meiner Grundschulzeit muss ich zum Pflücken ausrücken", erzählt Luise Geller. Und die 59-Jährige pflückt weiter - der Tradition verpflichtet.

Das Kilo kostet heuer im Durchschnitt 3,50 Euro. Die dunkelroten und gelbfleischigen Kirschen sind in der Hitze rasch gereift, die großen Herzkirschen werden bald folgen. Stare und andere Vögel picken die schönsten Exemplare von den Baumspitzen. Die Plantagenbesitzer lassen sie gewähren, die Zeiten der Vogelvergrämung - etwa mit Karbidschlägen - sind vorbei.

Niederschläge wünschen sich jetzt auch die Obstbauern. Regen lässt die Früchte besser wachsen, starke Gewitterschauer können Kirschen aber auch aufplatzen lassen. Die Landwirte klagen jetzt zunehmend über die Trockenheit. Für Raps und Weizen werden die Ernteprognosen nach unter korrigiert.

Bundesweit hegen Landwirte immerhin Kirschplantagen auf 8000 Hektar Fläche. Heuer sind die Ernteprognosen sehr gut, nachdem Fröste im Frühjahr 2017 einen Großteil der Blüten zerstörten. Mit 671 000 Tonnen ist die Ernte von Baumobst in Deutschland 2017 um 42 Prozent niedriger ausgefallen als im Jahr 2016. Süßkirschen sind rund 15 000 Tonnen gepflückt worden und damit nur die Hälfte der Vorjahreserträge.