Aresing
Keine Weißwürste für Markus Söder

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef zu Gast in Aresing - Gespräche mit Bürgern

03.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:51 Uhr
Gespräch am Rande der Veranstaltung: Siegfried Siebinger und Maria Aigner (von links) machen Ministerpräsident Markus Söder auf die Situation von zwei jungen Syrern aufmerksam. Der präsentierte sich bei seiner Rede (unten) bestens gelaunt. −Foto: Budke

Aresing (DK) Knapp 150 Bürger erwarteten Ministerpräsident Markus Söder am Samstagvormittag zum Weißwurstfrühstück in Aresing. Doch die entscheidenden Stimmen hat die Wahlkampfunterstützung für den CSU-Landratskandidaten Fridolin Gößl nicht gebracht. Für den frisch gebackenen CSU-Chef Söder war es der erste Auftritt im Landkreis seit seiner Wahl zum Nachfolger Seehofers vor 14 Tagen.

Schon bevor er das Burschen- und Wandererheim betreten konnte, erwartete Söder eine Überraschung: Als er sich, mit aufgespanntem Regenschirm, begleitet von seinen Personenschützern und einigen Bürgermeistern kurz vor dem Eingang befand, kam eine Gruppe von Aresinger Bürgern auf ihn zu. Dabei mag ihn zunächst das Erscheinungsbild irritiert haben, denn einer der Männer trug seinen Imkeranzug: Ewald Seiler hatte ein Glas Honig mitgebracht, das er gemeinsam mit Reinhold Deuter, Siegfried Siebinger und Maria Aigner an Söder überreichte. Die Aresinger setzen sich für das Volksbegehren "Rettet die Bienen ein", denn das gehe ja jeden an, so Maria Aigner. "Er hat gesagt, er tut etwas dafür", berichtet Aigner von dem kurzen Austausch, "und wir haben ihm Gesundheit gewünscht." Nach dem ersten Überraschungsmoment habe Söder aufgeschlossen und mit einem Lächeln reagiert.

Die gelöste Stimmung des neuen CSU-Vorsitzenden setzte sich im Vereinsheim fort. Der Name der Band habe ihn ein wenig verunsichert, begann Söder, der vor zwei Wochen auf dem Parteitag zum Nachfolger des früheren Neuburg-Schrobenhausener Stimmkreis-Abgeordneten Horst Seehofer gewählt wurde, mit breitem Lachen seinen Auftritt. Normalerweise gebe es eine Hofkapelle, die den richtigen Eindruck vermitteln solle "von staatlicher Seriosität, Präsenz und höfischem Glanz - Warum sind hier jetzt ausgerechnet Die drei Scheinheiligen?"

Aresings Bürgermeister Klaus Angermeier zeigte sich erfreut: "Ich hatte noch nie Gelegenheit, so viel Politprominenz in Aresing begrüßen zu dürfen." Tatsächlich waren die CSU-Größen der Region der Einladung zur Wahlkampfunterstützung für den Landratskandidaten Fridolin Gößl gefolgt - von zahlreichen Bürgermeistern, Kreistagsmitgliedern bis zum Landtagsabgeordneten Mathias Enghuber und zum Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl. Das bemerkte auch Söder später in seiner Rede: "Da sitzt ja der ganze Tisch voll mit den Großkopferten!" Zuvor hatte Fridolin Gößl über die Themen gesprochen, die im Wahlkampf von den Bürgern an ihn herangetragen worden seien: Das reichte von der Biber-Population über die Sanierung von Schulen, Digitalisierung, Arbeitsplatzsicherheit, Infrastruktur bis zu Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Gesundheitsversorgung.

Manche dieser Themen griff Söder in seiner knapp halbstündigen Rede auf. Zuerst schmeichelte er sich aber überzeugend bei den Zuhörern ein, obwohl er das vor diesem Publikum wohl kaum nötig gehabt hätte: "Dies ist eine der leistungsfähigsten und aufstrebendsten Regionen Bayerns!" Und er lobte Enghuber und Brandl als "zwei junge Abgeordnete, die können etwas." Die selbstbewusste Einstellung, die Söder an den Tag legte, forderte er von der Gesellschaft ein: "Es ist paradox: Wir sind gut wie noch nie, aber trotzdem verunsichert. Lassen Sie uns manchmal etwas dankbarer und stolzer sein." Durch geschickt eingesetzte Selbstironie sorgte er für Lacher und durch lebensnahe Geschichten für emotionale Nachvollziehbarkeit. Allerdings kam die ein oder andere Aussage doch eher etwas populistisch daher. Die menschliche Dimension in der Gesellschaft sei wichtig, so "ist das S in CSU kein Schreibfehler", betonte Söder. Bayern sei Familienland Nummer eins für Ältere und für Kinder. Den Nachwuchs in die Betreuung zu geben oder selber zuhause zu bleiben, gehöre beides zu Bayern und müsse möglich sein. "Meine Mutter blieb zuhause und hat mich erzogen - auch wenn Sie sagen, das hat wenig genutzt", scherzte Söder. Es gehe nicht darum, dass das Land Geschenke mache, sondern es gehe um Respekt. Pflegeplätze und -kräfte würden dringend benötigt, das seien auch Aufgaben für den neuen Landrat vor Ort.

Auch die Schadstoffbelastung durch Fahrzeuge griff Söder auf: Der Staat müsse intelligente Angebote statt Verbote machen. Wie diese aussehen könnten, erklärte er aber nicht. Stattdessen brach er eine Lanze für die Automobilindustrie: "Ich bin schon für saubere Luft, aber wie wir Tag für Tag unsere wichtigste Industrie schädigen, ist nicht in Ordnung." Er fragte, ob die bisherigen Grenzwerte überhaupt richtig seien und ob überhaupt richtig gemessen würde: "Wir müssen messen, wo die Menschen sind. Am Auspuff selber liegen relativ wenige Bürger", konstatierte er, um weiter festzustellen: "Wir verhalten uns absurd." Es müssten vernünftige Grundlagen gesetzt werden: "Ich möchte moderne, zukunftsgerichtete Autos, aber bitte mit Fakten und nicht mit Ideologien." Das Thema Migration klammerte Söder ebenfalls nicht aus. Unter der Leitlinie Humanität und Ordnung könnten Migranten integriert werden. Wer aber gewalttätig werde, müsse schnell und konsequent das Land verlassen.

Nachdem Söder seine Rede beendet und reichlich Applaus geerntet hatte, trug er sich in das Goldene Buch der Gemeinde ein. Diesen Moment - kurz bevor er sich auf den Heimweg machen wollte, denn zum eigentlichen Weißwurstfrühstück blieb er nicht - nutzten Siegfried Siebinger und Maria Aigner vom Asylhelferkreis Aresing, um den Ministerpräsidenten zum dritten Mal an diesem Morgen zu überraschen: Sie baten ihn um direkte Unterstützung: Zwei junge Syrer, die derzeit in der Unterkunft in Aresing leben, hätten über den Bundesfreiwilligendienst die Befähigung erworben, als Pflegehelfer zu arbeiten und nun auch tatsächlich eine Arbeit gefunden. Allein bei der Wohnungssuche seien die zwei jungen Männer erfolglos, denn viele Vermieter reagierten ablehnend, wenn sie die Nationalität erfahren. Siebinger hatte ein Schreiben vorbereitet, dass Söder als Referenz unterschreiben sollte. Der hörte aufmerksam zu, obwohl er ja eigentlich schon auf dem Sprung war und nahm die Seite entgegen mit den Worten: "Das schaue ich mir an."

Heidrun Budke