Neuburg
Im Dilemma zwischen Leistungsdenken und Scheitern

Theatergruppe der Neuburger Fach- und Berufsoberschule zeigt Theaterstück "Gottlose Jugend"

11.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:13 Uhr
Das hat sie nicht ausgehalten: Ruby (Anna Geier, links) bricht unter dem Leistungsdruck zusammen. Die Rebellen (Lisa Lehner, Ceyda Algin, Orgesa Bllaca, Jeremy Chladek und Elisa Hörmann, rechts, von links) stellten sich gegen das System. −Foto: Kirschberger

Neuburg (DK) "Leistungsdruck ?

Nein, danke! " Unter diesem Motto inszenierte der Kurs "Szenisches Gestalten" an der Neuburger Fach- und Berufsoberschule das Stück "Gottlose Jugend".

Geleitet von Studienrätin Tanja Büchl beschäftigten sich 31 Schülerinnen und Schüler der zwölften Klassen mit dem Thema Leistungsgesellschaft und insbesondere mit dem Umgang mit Leistungsdruck und dem permanenten Vergleich mit anderen: Ein zentrales Problem, das die angehenden Abiturienten, die in knapp zwei Monaten ihre Abschlussprüfungen bestreiten müssen, auch privat belastet. Das ist auch die Meinung der stellvertretenden Schulleiterin, Studiendirektorin Elisabeth Komeyer: "Leistungsdruck ist ein hochaktuelles Thema, da wir als Schule auf der einen Seite natürlich Leistung einfordern müssen, auf der anderen Seite aber auch dafür Sorge tragen müssen, dass unsere Schüler daran nicht zerbrechen. "

Eben mit diesem Dilemma kämpft auch der Protagonist des Stücks Eli, gespielt von Aaron Altenbuchner. Er ist Teil der Elite und konkurriert mit seinen Mitschülern um die Aufnahme an einer angesehenen Privatuniversität. Im dafür eingerichteten Auswahlcamp trifft er auf sogenannte Illegale - Leistungsverweigerer, die systematisch aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Eine von ihnen ist die rebellische Ewa, in die er sich verliebt und im Zuge dessen beginnt, sich gegen seine Mitschüler und Ausbilder zu stellen.

"Das Theaterstück hat eine nicht allzu realitätsferne, mögliche Zukunft gezeigt, was ich als verstörend empfunden habe. Es wird ein System gezeigt, das meiner Meinung nach nicht mehr weit weg von dem heutigen deutschen Schulsystem ist", meint Kai Scholze nach einer der Aufführungen. Tatsächlich scheinen einige Elemente der Handlung zwar im ersten Moment überspitzt dargestellt zu sein, bei genauerer Betrachtung sind diese jedoch durchaus heute schon alltäglich. Schüler sollen beispielsweise zur Beruhigung und zur Bewältigung des großen Stresses Medikamente einnehmen. Die Figur Ruby bricht im Stück sogar zusammen, weil sie mithalten und keine Schwäche zeigen möchte. Außerdem werden Schüler, die die Leistung nicht erbringen, gnadenlos abgeschoben und benachteiligt. "Auch heute schon", meint Kai, "werden immer mehr Schüler zurückgelassen und vernachlässigt, weil sie nicht ins System passen. "

Magdalena Rabuser, die für das Stück zwei Songs geschrieben und live gesungen hat, stimmt dieser Sichtweise zu: "Jugendliche aus reichen gebildeten Elternhäusern haben größere Chancen auf gute Bildung und gut bezahlte Jobs als die aus bildungsfernen Schichten. " Aber nicht nur die Handlung der Inszenierung war sehr real: "Viele der Emotionen, die die Darsteller zeigten, waren nicht gespielt, sondern echt. Gleich zu Beginn des Stücks teilten wir unsere tiefsten Sorgen, Gefühle und Ängste mit unseren Zuschauern. Denn in unserem Schulalltag gibt es keinen einzigen Tag, an dem wir nicht versuchen, eine bessere Version von uns selbst zu sein", sagt Veronika Kallo, eine der Darstellerinnen.

Das Stück soll aber nicht nur Kritik üben, sondern auch einen anderen Weg aufzeigen, den Komeyer beschreibt: "Ich finde es wichtig, dass jeder Mensch nach seinen individuellen Begabungen gefördert wird und Wertschätzung erfährt. Die Gesellschaft sollte niemanden in eine vorgegebene Richtung drängen. "

Und genau das ist die Aussage des Theaterabends - den eigenen Weg zwischen Leistungsdenken und Scheitern finden: "Durch das Stück wurde uns gezeigt, dass es auch in Ordnung ist, gegen den Strom zu schwimmen. Dass es auch gut ist, keine Leistung zu erbringen, sondern Dinge zu tun, die einfach nur glücklich machen. Wir haben für uns erkannt, dass die Noten auf dem Papier rein gar nichts über unseren Charakter aussagen", resümieren die beiden an der Produktion beteiligten Schülerinnen Jennifer Kirschberger und Sophie Stolte, "Wir sollten alles dagegen tun, dass wir in Zukunft in einer solchen,von Leistungsdenken geprägten Welt leben müssen. "