Marienheim
Geduld und viel Disziplin

Familie Nutz aus Marienheim bildet seit 20 Jahren Kutscherpferde aus - auch für Ehekirchener Hochzeitsfest

13.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:53 Uhr
Auf dem Weg zur Trainingsfahrt: Marianne Koch (links) und Sonja Nutz mit den zwei schweren Warmblütern Bubi (rechts), der ein erfahrenes Kutschpferd ist, und Hippo, der noch in der Ausbildung ist. −Foto: Foto: Budke

Marienheim (DK) Sie sind nicht wegzudenken aus dem Festumzug der Ehekirchener Bierhochzeit: Pferde. Die schönen Gespanne und prächtig verzierten Geschirre sorgen für manch begeisterte Ausrufe bei Groß und Klein. Ein schöner Nebeneffekt, denn im Vordergrund steht sicher der historische Gedanke - das weiß auch Familie Nutz aus Marienheim, die seit 20 Jahren Kutscherpferde ausbildet.

Das Landleben um die Jahrhundertwende darzustellen, das ist die Idee hinter dem Umzug, der auch dieses Jahr wieder der Höhepunkt auf dem Ehekirchener Hochzeitsfest sein wird. Tausende Menschen säumen die Straßen im Ortskern, um das Hochzeitsfestpaar und die Bierkrone, die Blaskapellen und Fußgruppen und die liebevoll gestalteten Motivwagen mitzuerleben. Da winken Bürgermeister und Pfarrer aus dem Landauer, eine Schulklasse wird beim Unterricht gezeigt, Menschen führen die Feldarbeit vor, eine Jagdgesellschaft zieht vorüber und Heu, Bierfässer und sogar ein Odelfass wird durch den Ort gezogen. Undenkbar, dass auf dem Umzug, der den Anspruch hat, alles möglichst historisch korrekt darzustellen, die Motivwagen mit Motorkraft gezogen werden. Also übernehmen auch heuer 22 Pferdegespanne, ein Ochsenpaar und Reitpferde diese Aufgabe.

Schon seit 20 Jahren kümmert sich die Familie Nutz darum, dass ausreichend Pferde und das notwendige Zubehör zur Verfügung stehen. Mit dem Kutscherhof in Marienheim hat sich die Familie vor mehr als dreißig Jahren den eigenen Traum erfüllt. Viel Umbau und Restaurierung war nötig, als Marianne Nutz und ihr Mann den Hof, der mitten im Dorf gleich gegenüber der Kirche liegt, gekauft haben. Heute gibt es dort Ferienwohnungen und -zimmer und vor allem Pferde. Selber sind die Eheleute Nutz begeisterte Kutschenfahrer, Tochter Sonja ist auf Fahrturnieren zuhause. Doch ein Schwerpunkt auf dem Hof ist die Ausbildung von Kutschpferden und -fahrern. "Da braucht man Zeit und Geduld", erzählt Marianne Nutz, "und viel Disziplin". Die Ausbildung von Tier und Mensch sei sehr wichtig, betont Nutz und die Pferde müssten sehr diszipliniert sein. Während ein Reitpferd ja mal einen Hüpfer zur Seite machen könne, ohne dass etwas passiert, ist das bei einem Zugtier etwas ganz anderes, vor allem, wenn das Gespann im Straßenverkehr oder auf einem Festumzug läuft. Die Pferde brauchen viel Training und Routine und genau das ist heute manchmal schwierig - weil es nicht mehr viele Umzüge gibt, auf denen Pferde gefragt sind. Außerdem ist der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen kein klassisches Urlaubsziel für Pferdetourismus. Dadurch kommen die Gespanne, die die Familie Nutz organisiert, aus einem großen Einzugsgebiet, welches bis Nürnberg reicht. Lukrativ ist das für die Fahrer nicht; der Obolus, der gezahlt wird, deckt genau genommen noch nicht einmal den finanziellen Aufwand, gibt Marianne Nutz zu bedenken. Denn Pferde zu einem Umzug zu fahren, dazu gehört schon so einiges: Man braucht einen geeigneten Pferdeanhänger und das passende Zugfahrzeug. Wer eine Kutsche mitbringt, braucht das ganze doppelt, denn Pferd und Fahrzeug passen nicht in einen Transporter. Das Geschirr muss mindestens eine Stunde lang geputzt werden, bis alles blitzt und glänzt.

Die Tiere natürlich auch, vor allem die Haflinger mit der typischen blonden Mähne und Schweif werden vorher sogar gewaschen. Das kostet Zeit, von der Autofahrerei mal ganz abgesehen. Und überhaupt fängt der ganze Aufwand ja viel früher an: Die Anschaffung eines guten, geeigneten Kaltblutes liegt bestimmt zwischen 4000 und 5000 Euro, das Geschirr bei sicher nochmal 2000 Euro. Und sinnvoll ist es, wenn der Fahrer einen Kutscherführerschein macht. "Das ist nicht Pflicht", erklärt Marianne Nutz, "aber grobfahrlässig, wenn etwas passiert und man keinen Führerschein hat".

Aber warum nimmt ein Pferdefreund das alles auf sich? "Da gehört viel Idealismus dazu", sagt Marianne Nutz und ergänzt: "Festumzüge fährt man aus Leidenschaft." Und so sei es auch kein Problem, Zusagen zu bekommen, wenn sie anfragt. "Wer keinen anderen Termin hat, kommt gern nach Ehekirchen. Viele freuen sich schon richtig darauf." Und so werden die Festbesucher am Umzugs-Sonntag in Ehekirchen vor dem Einspänner ein ruhiges Warmblut, vor dem Odelfass das frisch gewaschene Haflingerpaar und vor dem Langholzfuhrwerk die mächtigen Kaltblüter anschauen können. Wagen müssen die Fahrer überwiegend nicht nach Ehekirchen mitbringen, denn die werden bereits Tage zuvor von den einzelnen Gruppen vor Ort gestaltet und dekoriert. Dem Pferd ist es egal, was es zieht, nur das Kräfteverhältnis müsse stimmen, meint Marianne Nutz. Das ergibt dann auch das harmonische Bild, das die Zuschauer genießen dürfen.

Heidrun Budke