Neuburg
Gaunerklamotte mit schrägen Typen

Komödie "Der Gangster und die Nervensäge" mit Bürger Lars Dietrich begeistert Neuburger Publikum

30.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:49 Uhr
  −Foto: Hammerl

Neuburg (DK) Wohin mit dem Gewehr, wenn es an der Verbindungstür zum benachbarten Hotelzimmer klopft oder wenn der Hotelboy einen Babysitter für einen potentiellen Selbstmörder sucht? Das sind nur einige der Nöte, denen sich Bürger Lars Dietrich in der Rolle als Auftragskiller Ralph in der Komödie "Der Gangster und die Nervensäge" im Rahmen der "Starken Stücke" im Stadttheater gegenübersieht.

Er soll den Kronzeugen in einem spektakulären Mafia-Prozess vor dessen Aussage eliminieren. Ralphs Hotelzimmer liegt perfekt, vom Fenster aus hat er den direkten Blick auf den Justizpalast. Doch dann geht so ziemlich alles schief, angefangen vom defekten Rollladen, der nicht nur ihm auf den Kopf fällt, sondern sich immerhin auch zum Einklemmen unliebsamer Gäste eignet, über einen umgekehrten Fenstersturz, den stets im unpassenden Moment aufkreuzenden Hotelboy (herrlich naiv, dafür beflissen: David Imper) bis zur titelgebenden Nervensäge im Nebenzimmer.

Pignon (überzeugend: Sebastian Teichner) ist eigentlich Fotograf und angereist, um sich dem Pulk aus 300 Fotografen vor dem Justizpalast anzuschließen, die den Mafioso ablichten wollen. Doch Pignons Denken kreist allein um seine Ehefrau Luise (etwas farblos: Arlette Stanschus), die ihn verlassen hat, um mit ihrem Psychiater Wolf (René Oltmanns) zusammenzuleben. Pignons Versuch, sich am Wasserrohr im Bad zu erhängen, scheitert, führt aber immerhin zu einem Wasserrohrbruch.

Spätestens jetzt ist es mit Ralphs Ruhe und Konzentration vorbei. Um den Pagen daran zu hindern, die Polizei zu rufen, verspricht er, sich um den selbstmordgefährdeten Bügelfaltenfetischten zu kümmern - natürlich ohne zu ahnen, was er sich damit aufhalst.
So nimmt das Unheil seinen Lauf und ruft die von ihrem stalkenden Ex genervte Ehefrau samt Liebhaber auf den Plan. Der zeigt sich großzügig mit Spritzen, trifft aber den Falschen.

So kommt es, dass der Killer umnebelt durch sein Zimmer wandert, an nervösen Ticks und Zuckungen leidet, aber damit getröstet wird, dass das in einigen Stunden vorüber gehe und er so lange lediglich "bei Präzisionsarbeiten eingeschränkt" sei. Was natürlich Heiterkeit im Neuburger Publikum auslöst. Herrlich auch die in seiner Mimik sichtbaren Assoziationen des Hotelboys, der so manchen Würgegriff als liebevolle Umarmung missdeutet und dem ungleichen Pärchen aus Fotograf und Killer rote Herzen aufs Bett streut. Michael Kehr bleiben als Polizist nur kurze slapstickartige Auftritte, die es aber in sich haben.

Francis Veber hat eine zum Brüllen komische Gaunerklamotte mit reichlich Wortwitz und Situationskomik geschrieben, die von der Komödie am Altstadtmarkt Braunschweig temporeich auf die Bühne gebracht wird. Durchdacht das Bühnenbild, das beide nebeneinanderliegenden Hotelzimmer gleichzeitig zeigt - mit nur angedeuteter Trennwand, die aber die wichtigen Verbindungstüren enthält. Ausgezeichnet die Schauspieler, die mit viel Spielfreude herrlich schräge Typen verkörpern, die durchaus denkbar sind, wenn auch die Geschichte selbst stark überspitzt erscheint. Ein wunderbarer Theaterabend für Freunde der (leicht) grotesken Komödie.

Andrea Hammerl