Neuburg
Fast vergessene Komponistinnen

Bei den 72. Neuburger Barockkonzerten stehen starke Frauen im Fokus

24.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:08 Uhr
  −Foto: Barockkonzerte/Archiv

Neuburg (DK) Die päpstlichen Edikte hatten es verboten: Frauen war in der Barockzeit im Kirchenstaat das Singen und Musizieren untersagt.

Dem zum Trotz entstanden Kompositionen starker Frauen, denen die diesjährigen Neuburger Barockkonzerte gewidmet sind.

Vor genau 400 Jahren wurde Barbara Strozzi geboren. Heute kaum bekannt, war die italienische Sängerin in der Barockzeit eine Seltenheit in einer männerdominierten Welt; sie machte Karriere als Komponistin und präsentierte mit 25 Jahren ihr "Opus 1", eine Madrigalsammlung.

200 Jahre später: Clara Schumann erblickte das Licht der Welt. Schnell wurde sie dank ihres musikalischen Talents als "Wunderkind" bezeichnet, ihre erste Komposition erschien, als sie etwa zehn Jahre als war. Schumann spielte vor Goethe, kannte Paganini persönlich, mit 19 wurde sie zur königlich, kaiserlichen Kammer-Virtuosin in Wien ernannt. Doch zu den großen Namen der uns heute bekannten Komponisten? Dazu gehört Clara Schumann eher nicht. Stattdessen kennt man sie meist nur als die Frau von Robert Schumann, dem berühmten Komponisten - ohne ihn wäre sie wohl bald in Vergessenheit geraten.

Aus dieser Vergessenheit heraus, ins Bewusstsein des musikbegeisterten Publikums zurück sollen die 72. Neuburger Barockkonzerte solch starke Frauen bringen. Unter dem Motto "Frauen inspirieren" finden an vier Abenden im Herbst Konzerte um, mit und von Frauen für Frauen - und natürlich alle Männer - statt. "Gleich beim Auftakt wird sich das Motto zeigen", sagt Oberbürgermeister Bernhard Gmehling, als er im Programmheft einen Blick auf Women4Baroque wirft, das die Barockkonzerte am Donnerstag, 10. Oktober, eröffnen wird. Dann bringt das Ensemble Spirit of Musicke im Ottheinrichsaal im Schloss Werke von Isabella Leonarda, Elisabeth-Claude Jaquet de la Guerre, Anna Bon di Venezia und Anna Amalia auf die Bühne. "Die Musik dieser unbekannten Komponistinnen ist bis heute fast völlig unerforscht. Das Konzert erlaubt den Zuhörern, völlig neue Musik zu entdecken", wirbt Jutta Dieing, künstlerische Leiterin der Konzertreihe und bereits in ihrer achten "Saison" der Barockkonzerte, für das Auftaktkonzert.

Weiter geht es am Freitag, 11. Oktober, zwar nicht mit Frauen, dafür aber einer ebenso seltenen musikalischen Perle. Ein reines Bach-Programm, wie es im Jazz kaum noch interpretiert wird, bringen Dieter Ilg am Bass, Rainer Böhm am Piano und Patrice Héral am Schlagzeug in den Neuburger Jazzkeller. "Dafür werden wir aber sicher viele starke Frauen im Publikum haben, die unsere 20. Teilnahme an den Barockkonzerten bereichern", sagt der Vorsitzende des Birdland-Jazz-Club-Vereins, Manfred Rehm, mit einem Augenzwinkern. Was den Jazz betrifft, ist Rehm zudem ohne Sorge, schließlich sind "Frauen hier mit 35 Prozent der Bandauftritte gut angekommen".

Stimmgewaltig und in gewaltiger Besetzung, erobert das Ensemble Il Pomo d'Oro mit Sopranistin Inga Kalna und Zefira Valova an der Violine dann am Samstag den Kongregationssaal. Wenn sie sich den Werken von der venezianischen Komponistin Maddalena Lombardini-Sirmen widmen, dann darf das Publikum erneut den musikalischen Fußabdrücken einer Komponistin lauschen, die heute fast vergessen ist. Gewürzt mit ein bisschen Antonio Vivaldi, verfeinert mit einer Prise Georg Friedrich Händel und fertig ist ein Abend, der nicht umsonst unter dem Titel "Starke Frauen" läuft.

Und schließlich hat sie am Sonntag, 13. Oktober, dann doch noch ihren großen Auftritt: Clara Schumann kommt in die Provinzialbibliothek, zusammen mit ihrem Mann Robert. Vertont werden die beiden, wie sollte es anders sein, von zwei Musikerinnen, Chouchane Siranossian an der Violine und Els Biesemans am Hammerflügel. Dass Clara Schumann gerade in der Provinzialbibliothek ihren großen Auftritt hat, freut auch Gmehling besonders, schließlich ist dies der Geburtsort der Neuburger Barockkonzerte.

Karten gibt es ab sofort im Vorverkauf und auch hier gibt es diesmal eine Besonderheit zu vermerken. Mit einem Festival-Ticket zum Preis von 85 Euro dürfen die drei klassischen Konzerte alle besucht werden, wie die scheidende Kulturamtsleiterin Kathrin Jacobs erklärt. Wer also in den Genuss aller Barockkonzerte kommen möchte, muss nur für den Auftritt im Birdland eine gesonderte Karte kaufen. Tickets sind erhältlich bei der Touristinfo, per Telefon unter (08431) 55-240 oder -241 oder per E-Mail an tourist@neuburg-donau. de. Für das Konzert im Birdland gibt es Karten unter Telefon (08431) 41233 oder per E-Mail an reservierung@birdland. de

Anna Hecker