Kleinhohenried
Fachleute fordern Prävention

Landnutzer sollen Biberschäden vorbeugen - Fachtagung im Haus im Moos

15.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:14 Uhr
Hat in der Gesamtbetrachtung immer noch Oberwasser: der Biber. Über Nutzen, Schaden, die Pflicht, Schäden vorzubeugen und den Zustand der bayerischen Gewässer unterhielten sich Fachleute bei einer Tagung im Haus im Moos. −Foto: Warnack/dpa-Archiv/ Frank

Kleinhohenried (DK) Die Fachtagung zum Thema Bibermanagement hat inzwischen Tradition im Haus im Moos. Die bayernweite Veranstaltung mit hochkarätigen Referenten und praxiserprobten Biberberatern und Behördenmitarbeitern lockte gestern rund 170 Teilnehmer in die Umweltbildungsstätte. Dabei wurde der große Nager auch durchaus kontrovers betrachtet.

Grundsätzlich herrscht in der großen Runde eine positive Einstellung zum Biber. Christine Margraf, Artenschutzreferentin des Bundes Naturschutz, brachte den Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung zur Sprache, der als eines der Ziele mehr naturnahe Gewässer mit hoher Biodiversität nennt. "Das ist ein klarer Arbeitsauftrag für den Biber", folgerte die Biologin. In der Tat haben Langzeitbeobachtungen gezeigt, dass Artenreichtum und Individuenzahl dort deutlich zunehmen, wo der Biber Dämme baut und für Totholz und Flachwasserzonen sorgt. Margraf begab sich in ihrer Rede anschließend auf das politische Parkett, als sie aufforderte, bei den Wahlen zum Europäischen Parlament die Abgeordneten zu favorisieren, die sich für den Gewässerschutz einsetzen. Kritisch merkte sie an, dass der Koalitionsvertrag der Regierung Söder den Begriff der "grünen Infrastruktur" auf die Städte begrenze. "Wir brauchen das aber im ganzen Land", sagte die Biologin. Ansonsten, so Margraf, sei es ein durchschnittliches Biberjahr gewesen. Bemerkenswert fand sie, dass der Großnager kein Thema im Wahlkampf gewesen sei. Gerade bei der extremen Trockenheit in diesem Sommer, sei man mancherorts froh um den Dammbaumeister gewesen. "Wo der Biber war, da war noch Wasser."

Weniger wohlwollend betrachtete Jörg Steiner, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde in Freising (Foto), den Biber. "Nahezu jedes Gewässer ist intensiv besiedelt", stellte er fest, und da müsse man sich die Frage stellen, ob das so sein müsse. Die Anzahl der Tiere bleibe trotz Entnahmen konstant. Im Kreis Freising sind es aktuell etwa 800 bis 1000 Biber. Regierungen und Umweltministerium ließen die Unteren Naturschutzbehörden mit der Problematik seit Jahren im Regen stehen. Die Wahrnehmung des Bibers in der Bevölkerung sei völlig diametral und reiche von Ausrottung bis zu füttern und vermehren. "Teile der Naturschutzverwaltung und Naturschutzverbände haben leider einen Tunnelblick", kritisierte Steiner. Jeder noch so geringe naturschutzfachliche Nutzen werde gefeiert, jedes fachliche Problem beharrlich verdrängt. Als Problemfall nannte Steiner den Schaden an einem Bahndamm in Höhe von 500000 Euro, verursacht durch die Miniertätigkeit des Nagers.

Dass auch kritische Stimmen bei der Fachtagung gehört werden, zeigte der Applaus, den Steiner nach seinem Vortrag erhielt, wobei sich die Zustimmung seitens der Artenschutzreferentin Christine Margraf in Grenzen hielt.

Wo es zu Konflikten kommt, wird auch der Biber als geschützte Art gefangen und getötet. Im Jahr 2017 waren es bayernweit 1600 der Großnager. "So viel hatten wir noch nie", erklärte Bibermanager Horst Schwemmer, der die Zahlen des Umweltministeriums vorstellte, nachdem das Ministerium keinen Mitarbeiter zur Fachtagung entsandt hatte. Zur Schadensregulierung standen im vergangenen Jahr 450000 Euro zur Verfügung, damit konnten 67 Prozent der Schäden ausgeglichen werden.

Was Fang und Tötung der Tiere betrifft, werde das "in machen Landkreisen sehr locker gehandhabt", merkte Bibermanager Gerhard Schwab an. Dort, wo die Unteren Naturschutzbehörden ihren Segen dazu verweigert haben, hätten Landräte das eigenhändig genehmigt. Was dabei völlig untergehe, seien Präventionsmaßnahmen. Schwab schilderte einen Fall, in dem ein Hektar Mais von Bibern gefressen worden sein soll. Als die Untere Naturschutzbehörde nachgemessen habe, seien es halt nur noch 1000 Quadratmeter gewesen, die über einen längeren Zeitraum von den Nagern abgeerntet worden seien. Schwab sprach sich in diesem Zusammenhang für Meldefristen und die Verpflichtung zu Präventivmaßnahmen seitens des Eigentümers aus. "Nichts machen und Schadensersatz wollen, das geht nicht", betonte er.

Der Biber ist lediglich ein Mosaikstein im Gesamtbild eines Gewässers. Dass es um Flüsse und Bäche nicht zum Besten bestellt ist, beleuchtete Professor Benno Kügel vom Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt. Ein wesentlicher Faktor zur Verbesserung der Situation wären laut Kügel nennenswerte Uferstreifen. Mit Streifen von fünf bis 20 Metern Breite gäbe es auch kaum mehr Biberprobleme, geringeren Schwebstoff- und weniger Nährstoffeintrag. Derzeit sind es 85 Prozent der Gewässer in Bayern, deren ökologischer Zustand zu wünschen lässt. Hauptprobleme seien der starke Ausbau, Begradigungen und offene Ackerflächen bis zur Uferkante."Wir werden den Zustand nicht vebessern können, ohne den Gewässern mehr Raum zu geben", stellte Kügel fest.