Neuburg
Grüne im Landkreis im Aufwind, schwere Schlappe für die SPD

CSU bei der Europawahl mit leichten Verlusten - Freie Wähler und AfD gewinnen dazu - Die Partei vervierfacht Ergebnis von 2014

26.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:10 Uhr
Einer von 39977: So wie dieser Neuburger im Wahllokal in der Grundschule im Englischen Garten gaben gestern zahlreiche Wähler im Landkreis ihre Stimme ab. −Foto: Janda

Neuburg (DK) Die SPD ist der große Verlierer der Europawahl im Kreis Neuburg-Schrobenhausen.

Nach einem satten Plus vor fünf Jahren stürzten die Sozialdemokraten auf Rang fünf der Parteien ab. Der große Gewinner sind die Grünen, die auf 12,5 Prozent kommen. Auch die Freien Wähler (9,5) und die AfD (9,2) verzeichnen Zugewinne. Die CSU muss hingegen ein leichtes Minus verschmerzen.

Nach den erdrutschartigen Verlusten von 2014, als die Christsozialen neun Prozentpunkte im Landkreis verloren, sieht der neue Kreisvorsitzende Matthias Enghuber die 49,4 Prozent (minus 2,1) von Sonntagabend nicht als dramatisch an. "Ich bin sowohl mit dem bayernweiten Wert als auch mit dem im Landkreis zufrieden", sagt der Landtagsabgeordnete. Für seine Partei gehe es bei den jüngsten Wahlen "in die richtige Richtung". Das sei diesmal auch Spitzenkandidat Manfred Weber zu verdanken. "Er ist ein Kandidat zum Anfassen gewesen, auch hier im Landkreis", sagt Enghuber, der sich auch über die 44,8 Prozent in Schrobenhausen freut. "Das Ergebnis dort hat sich nach der Landratswahl wieder normalisiert. " Sein Dank gilt vor allem den Wahlhelfern und den Wählern.

Die Grünen-Kreisvorsitzende Karola Schwarz zeigt sich selbst überrascht über das deutlich bessere Ergebnis im Vergleich zur Europawahl 2014. "Wir waren optimistisch, aber mit solch einem Zuwachs haben wir nicht gerechnet. Über fünf Prozentpunkte mehr sind eine gute Hausnummer", sagt Schwarz und lacht. Auf dem Ergebnis ausruhen wolle sich die Partei aber nicht. Gerade von jungen Wählern sei der klare Auftrag pro Europa erteilt worden und die Aufgabe, Umweltthemen nach vorne zu bringen. Auch mit der Wahlbeteiligung ist Schwarz zufrieden. Sie zeige, dass sich die Bürger ein starkes Auftreten von Europa gegenüber dem Rest der Welt wünschen und kein Interesse an einer Schwächung des Verbundes haben.

Von einer generell "guten Europawahl" im Landkreis spricht der FW-Kreisvorsitzende und Landrat Peter von der Grün beim Blick auf die Wahlbeteiligung. Er sei froh darüber, dass sich die Bürger im Vergleich zur Wahl 2014 wieder mehr für Europa einsetzen wollen. Auch mit dem Ergebnis für die Freien Wähler zeigt er sich zufrieden. Dass die Partei zum zweiten Mal den Absprung ins Europaparlament geschafft hat und ihr Ergebnis nicht nur halten, sondern sogar ausbauen konnte, sei äußerst erfreulich. "Es werden zahlreiche kommunale Themen in Brüssel und Straßburg diskutiert. Da ist es uns wichtig, mit zumindest einer Abgeordneten vertreten zu sein. " Auch von der Grün möchte sich auf den Lorbeeren nicht ausruhen, aber das Ergebnis habe bestätigt, dass sich die Gruppierung im Kreis auf einem guten Weg befinde.

Angesichts der Rahmenbedingungen rund um den FPÖ-Skandal in Österreich ist auch Christina Wilhelm zufrieden. "Wir hätten zwar ein Ergebnis über zehn Prozent eher begrüßt", sagt die Kreisvorsitzende der AfD. Doch mit einer leichten Verbesserung auf 9,2 Prozent könne sie auch leben. Positiv sieht sie die Wahlbeteiligung, die aus ihrer Sicht ein steigendes Interesse an der Politik zeigt.

Bei der SPD schmerzt die Klatsche - auf Bundesebene und im Landkreis. 15 Prozent sind es deutschlandweit, 6,1 in Neuburg-Schrobenhausen. "Das Ergebnis hier hat sich im Bundestrend eingeordnet", sagt SPD-Kreischef Werner Widuckel, der mit seiner Partei hart ins Gericht geht. "Denn die SPD befindet sich gegenwärtig im freien Fall und läuft Gefahr, den Status der Volkspartei zu verlieren. " Ausschlaggebend dafür ist aus seiner Sicht, dass es kein klares europapolitisches Ziel gegeben habe. Zudem vermisste der Karlskroner eine Reaktion auf die drängenden gesellschaftlichen Probleme. Aus diesem Grund sieht er eine Diskussion über einen politischen Kurswechsel als dringend angebracht. Einziger positiver Aspekt ist für Widuckel die gestiegene Wahlbeteiligung. "Dafür danke ich allen Wählern sehr", sagt der Karlskroner.

"Was ich gut finde: dass jetzt wohl ein Bayer Europa regieren wird", stellt FDP-Kreisschef Oliver Brockmann fest. Es sei "wichtig, dass Deutschland in diesen Gremien gut vertreten ist, gerade, wo Europa mehr und mehr als Allheilmittel für alles gesehen wird". Aus FDP-Sicht habe ihn das gute Ergebnis der Grünen schockiert. "Dass diese alles reglementierende, hypermoralisierende Partei, die noch mehr Abgaben anpeilt, so viele Stimmen bekommt, finde ich schlimm. " Was die FDP anbelangt, müsse er feststellen, dass seine Partei "vom aktuellen Zeitgeist wohl leider nicht profitieren" könne.

Die Wahlbeteiligung lag diesmal bei 55,5 Prozent. Schon in den Mittagsstunden hatte gut jeder dritte Wahlberechtigte seine Stimme abgegeben. Vielerorts herrschte in den Wahllokalen ein stetes Kommen und Gehen, mancherorts gab es sogar Schlangen, so dass die Wähler kurz warten mussten - eine ungewohnte Situation bei einer Europawahl.

Anna Hecker, Stefan Janda