Neuburg
"Die Kinder nicht verurteilen"

Die Gefahren des Internets sind so vielfältig wie sein Nutzen - deswegen muss man den Umgang erst lernen

22.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:07 Uhr
Im Internet lauern zahlreiche Gefahren. Um Mobbing und Missbrauch zu verhindern, gibt es auch für Eltern Infoveranstaltungen. So auch an der Maurus-Gerle-Schule in Karlshuld. −Foto: Silvia Marks/dpa

Neuburg (DK) Facebook, WhatsApp, Instagram - auf Sozialen Netzwerken tummeln sich immer mehr Jugendliche und teils auch schon Kinder.

Doch die bunten Portale zum sozialen Austausch können auch gefährlich werden. An der Maurus-Gerle-Schule in Karlshuld findet deswegen heute eine Infoveranstaltung für Eltern statt, um über die Gefahren im Internet zu informieren.

Auch vor der Zeit von Smartphones gab es Mobbing an Schulen. Der Verbreitungsrahmen von Gerüchten, rufschädigenden Aussagen oder sogar beschämenden Fotos und Bildern hat sich durch die neue Technik jedoch explosionsartig vergrößert. Was im Internet die Runde macht, kann schnell Hunderte von Nutzern erreichen. "In diese Fall tappen Kinder und Jugendliche sehr schnell", sagt auch Markus Oschmann vom Elternbeirat der Maurus-Gerle-Schule. Damit die Kinder selbst vorsichtig an die verantwortungsvolle Nutzung des Internets herangeführt werden, ist das Thema "Mobbing und Gefahren im Netz", auch bekannt unter "Cybermobbing", bereits ab der fünften Klasse in den Lehrplan der Schule integriert.

Der Vortrag, der heute um 19 Uhr in der Aula der Schule stattfindet, richtet sich dagegen an die Eltern der Kinder. Einen konkreten Anlass, wie einen Vorfall an der Schule, gibt es nicht. Vielmehr hat man von solchen Infoveranstaltungen an anderen Schulen erfahren und will auf das Thema aufmerksam machen, wie Oschmann betont. "Oft kennen die Schüler die Gefahren des Internets besser als die Erwachsenen. Wir wollen die Eltern wachrütteln und aufzeigen, welche Gefahren in den Smartphones ihrer Kinder schlummern", so Oschmann.

Auch Hubert Scharpf, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Neuburg, ist mit der Problematik vertraut. "Die Sozialen Netzwerke erfahren einen immer größer werdenden Nutzerkreis. Was hier veröffentlicht wird, verbreitet sich wie ein Lauffeuer. " Auch die Polizei hat immer wieder mit Fällen zu tun, in denen es nach Cybermobbing zu Folgeanzeigen kommt. Zur Zeit sei aber kein konkreter Fall an einer Neuburger Schule bekannt, so die erfreuliche Nachricht von der Polizei.

Wenn die Polizei an die Schulen gerufen wird, ist es allerdings bereits zu spät, betont der Referent des Vortrags in Karlshuld, Christian Zech. Der Familientherapeut und Sozialpädagoge informiert unter anderem an Schulen über die Gefahren des Internets. Dabei verknüpft er viele Themen seiner Ausbildung. Auch das so genannte "Sexting", dem im vergangenen Jahr in Schrobenhausen eine 13-jährige Schülerin zum Opfer gefallen ist, thematisiert Zech. Zunächst gehe es jedoch um den generellen Umgang mit dem Internet. "Die Eltern sollen verstehen, welche Gefahren ihre Kinder bewältigen müssen und warum sie überhaupt davon bedroht sind. " Zech appelliert dabei an das Verständnis der Eltern und eine bessere Fehlertoleranz in der Erziehung zu haben. "Wenn die Erwachsenen verstehen, warum ihre Kinder auf ungeeignete Seiten gelangen, ungewollt Verträge abschließen oder sich von medialer Hetze beeinflussen lassen, können sie auch präventiv aktiv werden. "

Dabei sei es besonders wichtig, die Kinder für ihre Fehler nicht zu verurteilen, sondern sich auch mittels Selbstreflexion in die eigene Kindheit zu versetzen und die heutigen Alltagsbedingungen durch die Augen der jüngeren Generation zu sehen. Zudem betont Zech, dass Kinder die Reichweite ihres Handelns oft nicht im vollen Ausmaß begreifen können. "Die Eltern müssen Verantwortung übernehmen, auch wenn sie mit sozialen Netzwerken nicht groß geworden sind", sagt Zech, "wir sollten reagieren, bevor es an den Schulen zu Vorfällen kommt und nicht erst danach. " Informationen zur Arbeit von Christian Zech gibt es online unter www. rundummensch. de.

Wie an den Schulen reagiert wird, wenn es dann doch einen Fall von Cybermobbing oder ähnlichem gegeben hat, besprechen die Bildungseinrichtungen intern, erklärt Ilse Stork, Leiterin des Neuburger Schulamts. Vorgaben von außen gäbe es hierbei nicht. Stork betont jedoch, dass die Schulen auf das große Feld "Mobbing durch das Internet" gut vorbereitet sind. Mit Fortbildungen können Lehrer sich zu Spezialisten ausbilden lassen, die dann auch überregional einsetzbar sind. Diese Spezialisten können im Problemfall an die jeweilige Schule geholt werden, um den Fall sowohl mit Opfern als auch Tätern aufzuarbeiten. Auch die Schulpsychologen können zu Rat gezogen werden, da auch sie selbstverständlich mit dem Thema Mobbing im Allgemeinen vertraut sind. Im Raum Neuburg sieht Stork kein außergewöhnlich hohes Vorkommen von Mobbingfällen durch das Internet. Damit dies so bleibt, begrüßt die Amtsleiterin Veranstaltungen wie an der Karlshulder Schule. "Prävention ist immer wichtig wenn es um Fehlverhalten und Straftaten geht. Deswegen sollte auch im Raum Neuburg regelmäßig über die Gefahren im Netz referiert werden. "

Anna Hecker