Neuburg/Schrobenhausen
Die Geburtsstunde des Kirschdorfs Gietlhausen

<DK-XY_trifft>EIN LANDKREIS - 50 ERLEBNISSE (Teil 13):</DK-XY_trifft> Auf den Spuren der Mennoniten, die sich einst in Neuburg und im Donaumoos ansiedelten

29.04.2022 | Stand 03.05.2022, 3:35 Uhr
Eine historische Aufnahme zeigt den Forsthof bei Neuburg. Dort befand sich zeitweise das Zentrum einer mennonitischen Gemeinschaft. −Foto: Landkreisgästeführer

Die Mennoniten sind eine konfessionelle Gruppe innerhalb der Täuferbewegung, die im 16. Jahrhundert in Folge der Reformation entstanden ist.

Ihrer Geschichte im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen widmet sich in unserer Serie Gästeführerin Christa Söllner (Foto).

1525 in Zürich im Umfeld der Schweizer Reformation gegründet, legten sich die Mennoniten die Bibel so aus, wie sie sie verstanden. Sie prangerten die Reichtümer und Verschwendung der Kirchen an. Ein Leben in der Nachfolge Christi war die Grundlage ihres Glaubens. Ablehnend standen sie der katholischen Kirche gegenüber, aber auch dem lutherischen und dem reformierten Glauben - denn Martin Luther ging ihnen nicht weit genug. Zudem waren sie davon überzeugt, Eide abzulehnen und keinen Wehr- und Waffendienst zu leisten. Wichtig war auch eine Trennung von Kirche und Staat und ein Priestertum für alle Gläubigen sowie die Selbstbestimmung in der Gemeinde.

1536 kam der konvertierte Theologe Meno Simons zu den Täufern und predigte diesen christlichen und gewaltfreiheitlichen Kurs. Gegen Ende des 16. Jahrhundert benannten sich die Täufer um - in Mennoniten. Doch es kam Mitte des 17. Jahrhunderts zur Spaltung in die Amischen Mennoniten (benannt nach Jakob Ammann) und die Mennoniten. Es galten strenge Regeln innerhalb der Gruppe der Amischen. Diese mussten einfache schwarze Kleidung tragen, die Männer Bärte, die Frauen Häubchen.

Besiedlung durch Kurfürst Max Joseph

Die Geschichte der Besiedlung des Donaumooses und der Gründung von Gietlhausen ist eng verbunden mit den Amischen Mennoniten. Eine 1802 veröffentlichte Ausschreibung von Kurfürst Maximilian Joseph, mit der die Einwanderung in das Donaumoos sowie in weitere Moose und öde Gründe, die zu Kolonien verwendet werden könnten, vorangetrieben werden sollte, motivierte mennonitische Familien aus der Pfalz, im Donaumoos zu siedeln . Ein erstes Mal wurden die Mennoniten auch in Neuburg erwähnt in einem Beschluss der Neuburger Landesdirektion vom Januar 1802, in dem es heißt, die Mennoniten seien "bekannter Dingen nicht nur sehr arbeitsam, sondern besitzen zudem die beste Kenntnis in der Feld- und Haus Ökonomie".

Kurfürstin Maria Leopoldine kaufte 1807 vom Kurfürstlichen Geheimen Landschaftsrat Johann Mathias von Gietl zehn Hektar Eichenwald, das sogenannte Gietlholz. Dieser Grund wurde wiederum an Kolonisten aus Untermaxfeld und Marienheim verkauft. Eine Ansiedlung in Form eines Straßendorfs entstand. Die ersten Siedler, auch Kolonisten genannt, waren fünf evangelische Mennoniten-Familien und vier katholische Familien. Sie brachten aus der Rheinpfalz auch ihre Kirschbäume mit, die Gietlhausen heute noch für seine Kirschblüte bekannt machen. 20 Jahre später waren es 17 Siedleranwesen, es reichte jedoch nicht zu einer eigenständigen Gemeinde. Weder Bergen, noch Ried oder Bittenbrunn wollten die armen Siedler aufnehmen.

Im Forsthof beginnt die Geschichte mit Christian Esch (auch Oesch) und seinem Schwiegervater Christian Sutor. Sie kauften den Hof 1827 und machten ihn zum Zentrum, es lebten 40 Personen dort. Der Forsthof war auch Hauptsitz und Mittelpunkt für 19 Familien mit etwa 139 Seelen im Umkreis. Dazu gehörten Ingolstadt, Klinghof (heute Probfeld), Tempelhof, Adelschlag, Neuhof bei Rain, Hellmannsberg Dollnhof, Deubling bei Karlskron und Altmannstein. Zwischen 1821 und 1887 lebten etwa 40 Personen auf dem Forsthof, 20 Kinder wurden dort geboren.

Führungen sind regelmäßig möglich

Bis 1889 blieb der Hof im Besitz der Familie Esch. Da die Eigentümer des Forsthofs ihre Toten nicht auf dem nahegelegenen Friedhof der Gemeinde Ried beerdigen durften, legten sie südöstlich einen eigenen Friedhof an. Dieser war etwa seit 1813 vorhanden und es fanden auch zahlreiche Beerdigungen statt, wie der Historiker Hermann Hage herausgefunden hat. Er hielt auch die Gedenkschrift auf einem Grabstein wie folgt fest: "Ruhestätte der Familie Oesch, Besitzer des Forsthofes 1827 - 1889". 1889 wurde der Forsthof verkauft, die Bewohner wanderten, wie viele ihrer Zeitgenossen nach Amerika aus, wo man sich für die eigene Glaubensform mehr Freiheit erhoffte.

Söllner bietet immer wieder Führungen auf den Spuren der Mennoniten an. Diese sind unter erlebnisregion. neuburg-schrobenhausen. de buchbar. Der Wanderweg von Gietlhausen durch den Seminarwald zum Forsthof und nach Bergen ist jederzeit begehbar.

DK