Der Verkehr
"Die Ausgaben der Stadt steigen"

Der Verkehr, die Kinderbetreuung, die Schulden - die Stadt Neuburg hat im neuen Jahr eine Vielzahl an Aufgaben. Im Interview spricht Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU) über Fragen der Stadtpolitik - auch über die schwierige Situation bei den Stadtwerken.

18.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:49 Uhr
Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling will sich bis ins Jahr 2026 für seine Heimatstadt stark machen. An Arbeit mangelt es dem 59-Jährigen derzeit aber nicht. −Foto: Schneider

Der Verkehr, die Kinderbetreuung, die Schulden - die Stadt Neuburg hat im neuen Jahr eine Vielzahl an Aufgaben. Im Interview spricht Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU) über Fragen der Stadtpolitik - auch über die schwierige Situation bei den Stadtwerken.

Herr Gmehling, Sie sind jetzt schon fast drei komplette Perioden im Amt. Haben Sie je einen Tag bereut?
Bernhard Gmehling: Nein, eigentlich nicht. Natürlich hat es mir in der Justiz auch gut gefallen. Ich habe die Entscheidung nicht bereut. Wir stehen in Neuburg auf vielen Ebenen - kulturell, wirtschaftlich, sportlich - schon auf hohem Niveau.

Beim Verkehr tut sich die Stadt aber schwer.

Gmehling: Wir sind damit nicht allein und haben das Phänomen des zunehmenden Verkehrs nicht nur in der Großstadt, sondern eben auch in ländlichen Gebieten. Wir haben mehr Individualverkehr auch aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung der Region. Eine wirklich ehrliche Entlastung ist nur mit einer Ortsumfahrung und einer zweiten Donaubrücke möglich. Wir sind die einzige Stadt dieser Größenordnung, die nur eine Flussüberquerung hat. Das ist schlicht und ergreifend zu wenig. Wenn Sie nur an Eichstätt denken: Da gibt es fünf Brücken über die Altmühl.

Die zweite Donaubrücke ist ja immerhin in der Ferne schon ganz schwach zu sehen. Wie weit sind die Planungen?
Gmehling: Wir haben die Jury für das Vergabeverfahren ausgewählt. Demnächst werden die Planer ausgewählt für Straßenführung, Brückenbauten und landschaftspflegerischen Begleitplan. Wenn wir in diesem Bereich Fehler machen würden, wäre das ein Angriffspunkt für die Gegner der Umfahrung. Wir müssen alles so rechtssicher wie möglich machen. 2020 wollen wir der Regierung alle Unterlagen für den Planfeststellungsbeschluss zuleiten können.

Für Neuburg ist das Ganze auch nicht billig.
Gmehling: Ich habe mich mit der Staatskanzlei in Verbindung gesetzt. Mein Plan ist nach wie vor, diese Ortsumfahrung mit Donaubrücke in den Staatsstraßenwegeplan zu bekommen. Das würde für uns bedeuten, dass die 15 Prozent des städtischen Anteils der Gesamtkosten (rund 60 Millionen Euro, d. Red.) doch vom Staat getragen würden. Schauen Sie nach Rain: Dort wurden Straßen rund um die Stadt vom Freistaat gebaut. Ich habe positive Signale, dass das bei der Fortschreibung des Wegeplans spätestens 2021 berücksichtigt wird.

Ein Bürgerbegehren zu einem Probetrieb des Einbahnrings wird es nicht geben. Aber wäre trotzdem ein Testlauf möglich?
Gmehling: Ich kann mir vorstellen, dass man über eine andere Art des Einbahnrings diskutiert, ein Konzept vorlegt - beispielsweise in Teilen zweispurig, in Teilen einspurig. Dann könnte man das mit einer Computersimulation durchspielen. Wenn das zu einem Ergebnis führt, könnte ich mir auch vorstellen, dass der Stadtrat sagt: Wir starten einen Testversuch, beispielsweise sechs Wochen in den Ferien.

Von wem müsste so ein Konzept kommen?
Gmehling: Ich denke von der Bürgerinitiative selbst. Das habe ich auch schon entsprechend gesagt.

Neben der Donaubrücke hat die Stadt noch viele weitere Projekte zu stemmen. Ihr Kämmerer warnt vor extremen Belastungen. Der Schuldenberg wird steigen.
Gmehling: Mein Kämmerer hat zu 100 Prozent recht. Die Ausgaben steigen. Wenn ich unsere Megaprojekte in den Fokus stellen, und das tue ich, dann muss ich bei anderen Dingen, die auch wünschenswert wären, Abstriche machen. Das heißt nicht, dass es völligen Stillstand gibt, dass wir unsere Straßen nicht mehr richten oder Kindergärten nicht bauen. Aber wir müssen vielleicht Dinge wie die Altstadtbergsanierung oder das Quartier in der Neuhofstraße zurückstellen oder mit geringeren Mitteln machen.

Muss man vielleicht bei freiwilligen Leistungen sparen?
Gmehling: Die freiwilligen Leistungen sind nicht unerheblich, betreffen vor allem die Kultur und die Sportvereine. Wir geben Zuschüsse, damit die Vereine und Kulturschaffenden gut arbeiten können. Und das machen die hervorragend. Das ist ein Quell des Zusammenhalts. Das sollten wir nicht auf den Prüfstand stellen. Es ist ganz wichtig, dass wir als "die" Kulturstadt in der Region gelten.

Eine große Aufgabe der Stadt ist der THI-Campus. Um ihn vorantreiben zu können, muss das Asylbewerberheim umgesiedelt werden.
Gmehling: Ich habe demnächst einen Termin beim Innenminister. Mir geht es darum, wie groß die neue Gemeinschaftsunterkunft werden soll. Unser Ziel ist, auf höchstens 250 Asylbewerber zu kommen.Wir haben der Regierung verschiedene Grundstücke genannt. Es gibt offenbar auch schon Gespräche mit deren Eigentümern. Über den Standort wird es aber sicher immer Diskussionen geben.

Die gibt es auch beim Obdachlosenheim, das ebenfalls wegen der Campus-Ansiedlung umziehen muss.
Gmehling: Auch hier haben wir ein Grundstück im Auge. Das werde ich dem Stadtrat auch demnächst vortragen.

In Sachen Finanzen haben Sie noch ein großes Sorgenkind: die Stadtwerke. Sie sind hoch verschuldet. Kommen Sie irgendwann wieder auf Kurs?
Gmehling: Ich glaube schon, dass wir es schaffen werden, die Stadtwerke innerhalb der nächsten zwei Jahre auf Erfolgskurs zurückzuführen. Und vor allem die Kosten bei gleichbleibenden Einnahmen zu reduzieren - oder im Bereich der Netze vielleicht auf steigende Einnahmen zu kommen. Wissen Sie, wir haben mit den Stadtwerken ein Unternehmen mit 44 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Um Bäder, Busse und Tiefgaragen zu finanzieren, müsste man etwa 3,5 Millionen Euro Reingewinn erwirtschaften. Möglicherweise müssen wir für diese öffentlichen Einrichtungen eine Million Euro zur Verfügung stellen. Die Alternative: Wir schließen die Bäder, schaffen den Stadtbus ab. Aber was wäre das für eine Stadtgemeinschaft?

Sie dürfen nicht vergessen, dass weitere Kinderkrippenplätze notwendig sind, es braucht sozialen Wohnungsbau. Das sind ganz schöne Hausaufgaben.
Gmehling: Beim Krippenbau sind wir mit dem Haus bei den Stadtwerken auf einem guten Weg. Aber: Das wird, so wie jetzt die Zahlen aussehen, nicht reichen. Wir müssen uns da wirklich drauf einstellen. Das gleiche gilt für den sozialen Wohnungsbau. Da sind Millionenbeträge eingeplant. Das erste, was wirklich in die Umsetzung gehen soll, ist jetzt das Thema Siedlerweg, dann der Heckenweg. Allein dort reden wir über 100 oder vielleicht sogar 120 solcher Wohnungen.

Wir haben schon über den Bürgerprotest gesprochen. Er kommt oft, schnell und heftig. Macht es das nicht schwierig, zu planen?
Gmehling: Das ist unser tägliches Geschäft. Mir ist das bewusst: Wenn ich irgendwo schön bequem wohne, will ich nichts Neues neben mir haben. Aber nur, weil Bürger dagegen sind, kann ich als Stadt doch nicht sagen: Ich drücke mich. Es geht um das Wohl aller. Dass da vielleicht dem einen oder anderen etwas nicht gefällt, muss man in Kauf nehmen. Aber das Geschäft wird mühsamer. Und manchmal gibt es Proteste, über deren Sinnhaftigkeit man schon die Stirn runzeln müsste.

Wir leben in Neuburg in einer vom historischen Ensemble geprägten Stadt. Wie wichtig ist Ihnen der Denkmalschutz?
Gmehling: Bei uns in der Altstadt haben wir bis auf eine einzige Ausnahme - eine Sünde der 1980er-Jahre - ein ganz herausragendes Ensemble. Das ist unser Juwel. Natürlich gehört dazu auch ein gewisses Ensemble, das sich bis in die Untere Stadt erstreckt. Aber ich habe schon viele Dinge mit dem Denkmalschutz erlebt, gerade bei Kleinigkeiten, bei denen ich mir manchmal denke: Bricht da jetzt wirklich die Welt zusammen? Der Denkmalschutz überzieht manchmal, wie auch der Naturschutz. Ich muss als Oberbürgermeister und Stadtrat die Belange aller im Blick haben. Ich kann immer Partikularursachen suchen und sagen: Das ist ganz schlecht.

Sie denken sicher an das Hotel am Schrannenplatz.
Gmehling: Ich sehe schon, dass man über die Größe geteilter Meinung sein kann. Aber auf der anderen Seite: Wollen wir die Untere Altstadt ewig brach liegen lassen? Die Eigentümer kann niemand zwingen, dort etwas zu bauen, was Frequenz bringt. Ein Gewinn für die Stadt sind Einzelhandel und Hotel. Die Investoren haben nachvollziehbar dargelegt, dass das nur ab einer bestimmten Größenordnung wirtschaftlich zu betreiben ist.

Es gibt auch die Kritik, Neuburg tut zu wenig für Radfahrer.
Gmehling: Wir hätten gerne mehr Radwege. Aber es wird oft vergessen, dass wir schon welche haben. Alle großen Einfallstraßen der Stadt Neuburg haben Radwege. Im innerstädtischen Kernbereich ist es schwierig. Da sind die Häuserzeilen einfach zu eng gesetzt. Heuer wird der Weg zwischen Wolfgang-Wilhelm-Platz und Luitpoldstraße durch den Graben angepackt. Wir tun etwas, wo es geht, aber es geht nicht immer.

Bis vor knapp einem Jahr war der Heimatabgeordnete im Landtag zugleich Ministerpräsident. Das war sicher manchmal hilfreich.
Gmehling: Die Zusage zur zweiten Donaubrücke und zum THI-Campus hätten wir möglicherweise nicht bekommen, wäre Horst Seehofer "nur" einfacher Abgeordneter oder Staatssekretär gewesen wäre.

Jetzt stellt der Stimmkreis zwei Abgeordnete, einer davon ist Staatssekretär. Wird die Stadt das nutzen?
Gmehling: Ich habe jetzt keine Zweifel, dass wir gut vertreten sind in München. Beim Neujahrsempfang habe ich zu Roland Weigert gesagt: Wir müssen miteinander kämpfen, dass die Sachen vorankommen. Und Matthias Enghuber ist eng vernetzt, auch weiterhin im Stadtrat. Er kennt unsere Probleme ganz genau.

Das Miteinander zwischen Roland Weigert und Ihnen war nach Außen hin nicht immer einfach.
Gmehling: Es waren Sachthemen, in denen wir uns gestritten haben. Ich weiß, dass die Medien das oft aufgegriffen und überspitzt dargestellt haben. Es ist aber falsch, dass wir uns nicht riechen können.

Wie sieht es dann mit Weigerts Nachfolger aus, der möglicherweise an diesem Wochenende schon nach dem ersten Wahldurchgang feststeht?
Gmehling: Ich hoffe, dass die Zusammenarbeit gut ist, sachlich und freundlich. Aber: Ich werde immer für die Belange der Stadt Neuburg kämpfen. Das ist meine Aufgabe, dafür bin ich gewählt.

Sie wollen nächstes Jahr für eine vierte Amtsperiode antreten.
Gmehling: Ich habe gesagt: Wenn die Partei mich aufstellt und ich gesund bleibe, dann würde ich mich zur Verfügung stellen.

Das Gespräch führte

Marco Schneider