Burgheim
"Der stumme Frühling" war die Initialzündung

Auch mit 95 Jahren liegt Pauline Abt die Natur ihrer Heimat immer noch am Herzen

23.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:21 Uhr
In ihrem Naturgarten fühlt sich Pauline Abt wohl. Die Ärztin war nicht nur Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz, Tieren und Pflanzen gehört auch heute noch ihre ganze Aufmerksamkeit. −Foto: Foto: Sorg

Burgheim (sgu) Ein Stapel Fachzeitschriften über Naturschutz oder Archäologie liegt auf ihrem Arbeitstisch, verschiedene Bücher und die tägliche Post, die beantwortet werden will. Pauline Abt, die weit über die Region hinaus bekannte Burgheimer Ärztin, ist auch mit 95 Jahren noch vielfältig aktiv. Den Naturschutz im Landkreis hat sie über viele Jahrzehnte zu ihrer Herzensangelegenheit gemacht.

Ihren 95. Geburtstag hat sie bereits im November gefeiert und ist trotz ihrer eingeschränkten Mobilität vielfältig aktiv und - wenn sie eine Fahrgelegenheit hat - auch noch draußen in der Natur unterwegs. Sie hat mit ihrem Mann Rudolph beinahe 40 Jahre in Burgheim eine Allgemeinarztpraxis geführt und sich durch ihre Arbeit als Kreisgruppenvorsitzende im Bund Naturschutz und bis vor einem Jahr aktiv in der Artenschutzgruppe von Karlheinz Schaile vielfältig um Natur und Heimat gekümmert.

Die promovierte Medizinerin bekam von einer Freundin in den 70er-Jahren das Buch "Der stumme Frühling" von Rachel Carson (1962) und war fortan wie elektrisiert von diesen Befürchtungen. Sie beschloss, wie sie erzählt, sich zu kümmern und zu tun, was man in Burgheim und im Landkreis Neuburg tun könne. Abt kam 1954 als junge Ärztin nach Burgheim, hatte 1948 ihr Staatsexamen in Friedrichshafen abgelegt und übernahm 1960 mit ihrem Mann die Arztpraxis. Die Naturschätze um Burgheim wurden ihr bald eine Herzensangelegenheit, über die sie viel von ihren Patienten erfuhr. Bei Hunderten von Hausbesuchen suchte sie nebenbei oder dann gesondert mit ihrem Mann die Biotope auf. Der Burgheimer Rudolph Abt kannte sich gut aus und hatte als Jäger ohnehin eine Nähe zur Natur.

Schon früh lernte Pauline Abt den Förster und Naturschützer Bernd Rupp aus Straß kennen, der damals nicht nur ihr Stellvertreter als Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz war; mit Familie Rupp ist sie heute noch befreundet und auch gelegentlich mit in der Natur unterwegs. Die seltenen Sandmagerrasen bei Kundig und Eschling hatte sie schon sehr früh im Auge und warb bei der Naturschutzbehörde für ihren Schutz. Auch die Schafweiden bei Illdorf, von denen sie durch Pacht eine Teilfläche besonders pflegen ließ und dadurch schützte, waren ihr mit den dort wachsenden Orchideen und Enzianen sehr wichtig. Im Auwald lagen ihr die naturnahen Feuchtsenken am Herzen, sie widmete sich auch dem höchst seltenen Frauenschuh im Auwald und zudem galt Pauline Abts große Aufmerksamkeit den Feuchtsenken nördlich Burgheims. Auf diese heute noch teils naturnahen Lohen oder Mulden, westlich der Straße nach Bertoldsheim mit unterschiedlichen kiesigen Buckeln oder Buiten hatte sie ein großes Augenmerk.

Die Galgenlohe und Goldfasslohe, die früher Buitgasslohe hieß, hat Abt in einem Naturbüchlein "Gfarbt und gflikt" beinahe wissenschaftlich beschrieben. Diese naturnahen Senken gehören zu den Naturjuwelen des Burgheimer-Staudheimer Donautales, die heute noch ein reichhaltiges Tier- und Pflanzeninventar des ehemals weitläufig überschwemmten Talraumes beherbergen. Auch hier hat sie über viele Jahre durch Pacht für eine im Zwei-Jahres-Rhythmus erforderliche Mahd gesorgt und so Reste in der bis in die 1930er Jahre noch beweideten Naturflusslandschaft vorhandene Pflanzengesellschaft gerettet.

Mit ein bisschen Wehmut, dass sie doch nicht mehr eigenständig nachsehen kann, ob das alles noch so wächst, stand sie bei einem Ausflug an dieser Lohe, wo bereits Hummeln und Schmetterlinge an den Blüten saugen und wünschte sich, dass da und dort das vordringende Gebüsch wieder etwas zurück gedrängt wird, damit eventuell die ehemals auch in diesen Lohen wachsende Trollblume wieder kommt. Die gefährdete Sumpfwolfsmilch, die gerade von vielen Bienen besucht werden, soll auch nicht noch weiter unterdrückt werden.

Pauline Abt erzählte zwischendurch von den verschiedenen Kinderbüchern, die sie, bereichert mit Illustrationen der Illdorferin Claudia Stöckl veröffentlich hat und einem Gedichtband zu Natur- und Heimatthemen. In diesem Zusammenhang brachte sie sich auch im Neuburger Lyrikkreis ein. Alle Burgheimer kennen die "Naturecke" im Gemeindeblatt "Zwoaring", in dem sie seit über 30 Jahren aktuelle Naturthemen aufgreift. Zuletzt machte sie sich Gedanken zum Auftauchen des Wolfes in Bayern. Daraus erwuchsen ihr immer wieder Freundschaften, die mit Besuchen und reichlicher Briefkorrespondenz gepflegt werden.

Bei der Fahrt zurück nach Burgheim erzählte sie von den einst nördlich des Ortes brütenden Brachvögeln, Kiebitzen und anderen Feuchtwiesenbewohnern, die seit dem B16-Neubau im Bestand abgenommen haben und seit ein paar Jahren ganz verschwunden sind. Abt erzählte von ihrer Muttertagsrundfahrt entlang der Schackenwiesen, von einer reich blühenden Wiese mit Kuckuslichtnelken und freute sich auch über die erneute Anwesenheit der Störche in Burgheim. Seit 1991 kümmert sie sich um diese im Landkreis beinahe ausgestorbenen Vögel, um die Erneuerung von Horsten oder um die ersten Einzelstörche, die vor 25 Jahren bei Burgheim und Staudheim im Winter beinahe verhungert wären. Heute betreut Gunter Weinrich aus Neuburg sehr vorbildlich diesen erfreulicherweise im Landkreis horstenden Schreitvogel. Inzwischen sind es wieder an die 20 Paare. Pauline Abt ist trotz ihrer altersbedingten Einschränkungen immer noch etwas mobil, schreibt nach wie vor gerne Briefe, widmet da und dort eines ihrer Büchlein und liest auch täglich mehrere Stunden unter anderem auch ihren Neuburger Donaukurier.