Neuburg
Wenn der OB nicht da ist

Was Rüdiger Vogt als amtierenden Bürgermeister in der Urlaubszeit von Bernhard Gmehling erwartet

20.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:26 Uhr
Katrin Kretzmann
Für ein paar Wochen auf dem Chefsessel: Während Oberbürgermeister Bernhard Gmehling im Urlaub ist, übernimmt Rüdiger Vogt als Stellvertreter dessen Geschäfte. −Foto: Foto: Kretzmann

Neuburg (DK) Wenn sich der Oberbürgermeister in den Urlaub verabschiedet, heißt das nicht, dass die Amtsgeschäfte stillstehen - auch nicht in Neuburg. Während Bernhard Gmehling seinen Sommerurlaub genießt, sitzt Rüdiger Vogt als amtierender Bürgermeister auf dem Chefsessel und leitet die Geschäfte - in seiner ersten und wohl auch letzten Amtsperiode.

Hochzeitsjubilare, runde Geburtstage, diverse Ortstermine, Geschäftseröffnungen aber auch persönliche Anliegen der Bürger: Langeweile kommt bei Rüdiger Vogt während der Abwesenheit von Oberbürgermeister Bernhard Gmehling nicht auf. "Schwierige Termine gab es zwar in den letzten Tagen nicht und ich komme gut zurecht", sagt der 72-Jährige. Dennoch gebe es Tage, an denen drei oder vier Termine anstehen und dann sei schon einiges zu tun. "Doch ich spreche mich dann auch mit Hans Habermeyer als Dritten Bürgermeister ab und wenn nötig, übernimmt er auch Termine, das funktioniert immer wunderbar." Generell gehe Gmehling nie lange in den Urlaub, bespricht mit Vogt die Termine und arbeite auch schon eine ganze Menge vor, um ihn zu entlasten, oder kümmert sich um manche Dinge erst dann, wenn er wieder zurück ist. "Doch als er im vergangenen Jahr krankheitsbedingt mehrere Wochen ausgefallen ist, war das eine andere Situation, da ist dann schon deutlich mehr auf mich zugekommen."

Doch auch wenn der Termindruck an manchen Tagen größer ist: die Freude überwiegt. "Es macht mir wirklich sehr viel Spaß, das hätte ich zuvor ehrlich gesagt gar nicht gedacht", erzählt Vogt. Schließlich sei es seine erste Amtsperiode und er habe so etwas noch nie zuvor gemacht. Als er damals noch als Allgemeinmediziner in seiner Neuburger Praxis tätig war, sei er eine andere Art von Stress gewöhnt gewesen. "Würde ich jetzt noch praktizieren, wäre die Tätigkeit als Bürgermeister zeitlich unmöglich." Dennoch: Ab und zu mache er in seiner alten Praxis noch die eine oder andere Vertretung. "Ich könnte loslassen, aber die wollen mich immer wieder", sagt er und lacht. Es sei einfach immer schon so gewesen, dass sich die meisten Ärzte in den Sommerferien gleichzeitig in den Urlaub verabschieden. "Und dann kam es schon ab und an vor, dass 250 Patienten an einem Tag ein- und ausgehen", sagt der CSU-Politiker, der seit 1984 in Neuburg lebt.

Auch wenn er aufgrund seiner Erfahrung als Arzt gelernt habe, die Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen und damit Beruf und Privatleben zu trennen, gebe es dennoch immer wieder Themen, die ihn emotional beschäftigen. So zum Beispiel im vergangenen Jahr. "Zahlreiche Eltern sind bei mir gewesen, weil sie keinen Kindergartenplatz gefunden haben", erzählt er. "Es ist schon schwer, wenn sie dann verzweifelt vor einem sitzen, man ihnen helfen will, es aber nicht kann." Glücklicherweise habe sich dieses Problem mittlerweile gelegt und seines Wissens nach sei in diesem Jahr kein Elternpaar mit diesem Thema in der Bürgersprechstunde gewesen. Wichtig ist es Vogt auch, persönlich mit den Bürgern über deren Anliegen zu sprechen. "Es gibt Dinge, die kann man nicht einfach rein vom Schreibtisch aus regeln", sagt er. "Manchmal muss man sich selbst ein Bild von der Situation machen und schaut es sich gemeinsam mit den jeweiligen Mitarbeitern vor Ort an, seien es falsch stehende Bäume, wenn etwas an einer Straße nicht stimmt oder auch Bauvorhaben." In dieser Hinsicht sei er den Mitarbeitern der Stadt auch sehr dankbar. "Sie unterstützen uns wirklich sehr und nehmen viel Arbeit ab."

Der gebürtige Sauerländer ist nicht nur begeistert von Neuburg als Stadt, die "für ihre Größe und im Vergleich zu anderen Städten wirklich sehr gut aufgestellt ist", sondern auch von den Menschen und deren Geschichten. "Bei Terminen kommt man natürlich mit den Leuten ins Gespräch und das ist wirklich sehr interessant", sagt Vogt. So erfahre er etwa bei Goldenen Hochzeiten, wie sich die Eheleute kennengelernt haben oder was Menschen, die ein sehr hohes Alter erreicht haben, in all den Jahren erlebt haben. "Manchmal bin ich erstaunt, wie gut sich die Leute gehalten haben. Da gibt es manche, die mit 90 Jahren deutlich fitter sind, als ich", scherzt er.

Generell übernimmt Vogt alle Aufgaben von Gmehling und ist auch dazu befugt, sämtliche Entscheidungen in Vertretung zu treffen. Doch es gibt manche Sachen, bei denen er doch wartet, bis der Amtsinhaber wieder in seinem Büro ist. "Wenn es beispielsweise um spezielle Angelegenheiten, wie etwa Personalentscheidungen, geht, warte ich lieber ab." Das liege vor allem daran, dass Gmehling mehr mit den Menschen in Kontakt sei, täglich mit ihnen zusammenarbeite und einfach die Stadt und ihre Mitarbeiter besser kenne. "Er steckt einfach viel mehr in der Materie als ich und kennt sich auch dementsprechend besser aus." So müsse Vogt auch viele Sachen erfragen und sich vielleicht auch einmal mehr über gewisse Dinge informieren. "Natürlich kenne ich einige Leute, aber er sitzt hier jeden Tag und das macht einen großen Unterschied."

Es ist Vogts erste Amtsperiode als Bürgermeister und das fünfte Jahr, in dem er OB Gmehling, wenn dieser im Urlaub ist oder aus terminlichen Gründen nicht kann, vertritt. Bei der Kommunalwahl 2020 will der 72-Jährige nicht mehr kandidieren - zumindest nicht als Bürgermeister. "Als Stadtrat denke ich auch nicht mehr, dann wäre ich am Ende der kommenden Wahlperiode fast 80 Jahre alt." Doch in Stein gemeißelt sei es noch nicht: "Es kommt auch ein bisschen auf die Partei an, ich warte einfach mal ab."
 

Katrin Kretzmann