Neuburg
Schlechte Zeiten für Rübenbauern

Preisverfall beim Zucker trifft Erzeuger - Rain und Plattling beenden Kampagne - Bio kommt

18.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:49 Uhr
Die letzten Rüben "schwimmen" in die Zuckerfabrik Rain. Direktor Wolfgang Vogl blickt zufrieden auf die Kampagne zurück. −Foto: Rein

Rain (r) Am Samstag kommt der letzte Lastzug, am Montag nimmt der Direktor die "letzte Rübe" in die Hand - die bayerischen Zuckerfabriken schließen die lange Kampagne 2018/19. Geprägt hat sie der heiße Sommer, der Preisverfall beim Zucker und damit auch der geringere Erlös für die Landwirte.

Ungeachtet dieser Sorgen atmet die Mannschaft im schwäbischen Südzucker-Werk Rain am Lech jetzt auf: Am Montag stehen die Räder nach 139 Tagen Nonstop-Betrieb still. Seit dem 10. September gab es keine Pause, nur Schichtbetrieb und Konzentration auf die laufende Produktion.

Der Hochdruckwasserstrahl schwemmte täglich die Fracht von 500 Anfuhr-Lkw ins Werk. Bei einer Tagesmenge von rund 12 000 Tonnen hat die Zuckerfabrik am Lech diesmal wieder etwa 1,6 Millionen Tonnen Rüben verarbeitet. Die Sommersonne trieb den Zuckergehalt auf 18 Prozent. Und mit einem Durchschnitt von 86 Doppelzentnern Rüben pro Hektar fiel die Ernte im Einzugsbereich der 2800 Landwirte noch gut aus.

"Im Norden Bayerns und Deutschlands hat es schlechter ausgesehen", sagt Wolfgang Vogl, Direktor der Werke Plattling und Rain. 2018 hat monatelang der Regen gefehlt. Im Süden retteten gelegentliche Gewitter die Zuckerrüben vor dem wachstumslosen "Schlaf".

Den Launen der Natur stehen Bauern, Berater und Fabriken weitgehend machtlos gegenüber. Nun hadert man mit der Marktentwicklung. Massive Exporte und Überschüsse führen zum Preisverfall beim Zucker. Aldi, Lidl und andere Ketten verkaufen derzeit das Kilo Zucker für 59 Cent. Gesundheitskampagnen verschlechtern das Image des Zuckers.

Länder wie Indien warfen 2018 geschätzte 30 Millionen Tonnen Zucker auf den Weltmarkt. Die Kontingente sind 2017 mit dem Erlöschen der Weltmarktordnung für Zucker weggefallen. Nun folge der Markt seinen Grundregeln, schätzt Direktor Wolfgang Vogl, "der Markt wird sich bereinigen." Unrentable Produktionsstätten könnten schließen.

Südzucker hat sehr produktive Standorte wie Plattling, Rain und Ochsenfurt zukunftssicher ausgerüstet. Dennoch muss der Konzern im laufenden Geschäftsjahr erhebliche Verluste einkalkulieren.

Der Preisverfall schlägt auf die Erzeuger durch. "Mit 30 Euro für die Tonne Zuckerrüben können wir nicht rentabel arbeiten", sagen die Rübenanbauer. Erst bei der Saat im Frühjahr erfahren sie den aktuellen Auszahlungspreis. "Ich bin nicht sicher, ob noch eine Drei vor dem Preis steht", befürchtet Joachim von Rotenhahn. Als Geschäftsführer des Maschinenrings Neuburg-Schrobenhausen hat er die Anfuhrmaschinerie organisiert und heuer "Ertragsunterschiede wie noch nie" erlebt. Innerhalb der Region schwankte die Ernte zwischen 100 und 60 Tonnen Rüben pro Hektar. Landwirte, die wenig ernten, "bringen heuer noch Geld mit", sagt der Geschäftsführer.

Neben der Hoffnung auf Preisanstieg setzen etliche Landwirte nun auf Bio-Zucker. In Rain am Lech gehen fast täglich Anfragen von Interessenten ein. Wer heuer Bio-Rüben anbaut, muss strenge Regeln bei Düngung und Krautbekämpfung befolgen - Unkräuter sind wie zu Omas Zeiten mit der Hand zu hacken. Eines Tages übernehmen vielleicht Roboter diese mühsame Arbeit. "Es wird bereits mit Maschinen experimentiert", weiß Direktor Wolfgang Vogl. Landwirte können für Bio-Rüben deutlich mehr Bezahlung erwarten.

Das Werk Rain bereitet sich auf die Bio-Verarbeitung vor, sie wird etwa eine Woche der Regelkampagne vorgeschaltet. Dazu müsse das Werk "krümelfrei" vom klassischen Zucker gereinigt werden. Ein externer Gutachter begleitet den Vorgang.

In der kommnden Woche steht in Rain die Generalreinigung nach Abschluss der Kampagne an. Danach geht ein Gros der 250 Mitarbeiter in Urlaub. "Die Mannschaft hat hervorragend gearbeitet und die Kampagne störungsfrei am Laufen gehalten", lobt der Direktor. Die Rainer Fabrik erlaubt auch einen Blick in ihr Innerstes und hat 2018 wieder rund 3000 Besucher durch die Anlagen geführt.