Neuburg
Hoffen auf Zeuge Johnny

Einbruch in ein Wettbüro in Schrobenhausen: Ein Angeklagter gesteht, der andere beteuert seine Unschuld

13.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:57 Uhr
Katrin Kretzmann
  −Foto: Symbolbild DK

Neuburg (DK) Ein Einbruch in ein Wettbüro in Schrobenhausen, zwei Angeklagte, ein Geständnis und ein vermeintlicher Zeuge namens Johnny: All das war gestern Teil einer Verhandlung am Neuburger Amtsgericht. Zwei Männer sollen in einer Nacht im Juli 2018 den Einbruch geplant haben, heißt es in der Anklage. Während der eine die Vorwürfe einräumt, beteuert der andere seine Unschuld.

Der 24-Jährige soll das Fenster aufgehebelt, aus der Kasse rund 4600 Euro entwendet und sich damit aus dem Staub gemacht haben. Der 29-Jährige steht unter Verdacht, beteiligt gewesen zu sein, da sein Auto in der Nähe des Tatorts stand. Der Grieche will vor Gericht Angaben zum Tatvorwurf machen und zieht einen Zettel aus seiner Tasche. "Damit ich nichts vergesse." So berichtet er, dass er die besagte Nacht mit einem Kumpel namens Johnny - "Er heißt eigentlich gar nicht so, aber das habe ich erst später herausgefunden" - in einer Kneipe verbrachte. Der 24-Jährige sei kurz dabei gewesen, dann aber gegangen, "weil er müde von der Arbeit war", sagt der 29-Jährige. Mit seinem Auto - einem BMW M4 - seien er und Johnny zur Bar gefahren. "Ich war zu betrunken, weshalb Johnny gefahren ist." Dieser habe auch den Schlüssel für das Fahrzeug behalten. Johnny sei für etwa eine Stunde mit dem Auto weggewesen und dann zurückgekommen. "Haben Sie denn nicht gefragt, wo er war?", will Richter Christian Veh wissen. "Nein, das hat mich nicht interessiert, ich war betrunken", meint der Angeklagte. Am frühen Morgen seien sie in die Wohnung von Johnny mit dem Taxi gefahren und hätten dort geschlafen. Das Auto blieb in der Nähe der Kneipe stehen. "Ich war auf keinen Fall in Schrobenhausen und habe nichts mit der Sache zu tun", betont der Bürokaufmann.

Über eine Erklärung seines Verteidigers Jörg Seubert gesteht der 24-jährige Auszubildende zum Koch die Tat. Er sei derjenge gewesen, der eingebrochen ist, die Kasse aufgebrochen und das Geld gestohlen hat, und auf den Aufzeichnungen der Überwachungskamera zu sehen ist. Seine kriminelle Energie begründet er mit einer Krankheit, die kurz zuvor bei ihm diagnostiziert wurde: Multiple Sklerose. "Er hat die Tat in einem schwachen Moment begangen, weil ihn die Erkrankung aus der Bahn geworfen hat", sagt Seubert. Es tue ihm Leid und er wolle den Schaden wieder gutmachen. "Man muss hinzufügen, dass er sich in einer Ausbildung befindet und eine schwangere Lebensgefährtin hat," so der Anwalt weiter.

"Dann stellt sich aber die Frage, ob noch jemand anderes dabei war?", sagt Richter Veh und widmet sich den Zeugen. Laut Aussage eines Polizisten wurde auf der Straße in der Nähe des Wettbüros eine Sturmhaube gefunden, auf der ausschließlich DNA-Spuren des 24-Jährigen waren. Der 36-jährige Betreiber des Wettbüros berichtet lediglich, dass er, nachdem ihn die Alarmmeldung erreicht hat, die Polizei anrief und selbst zum Lokal fuhr. Den Auszubildenden habe er ein paar mal gesehen, als dieser für eine kurze Zeit als Koch in einem Restaurant nebenan gearbeitet hat. "Er war immer korrekt", meint der Kroate. Eine 44-Jährige, die in der Nacht Zeitungen in der Gegend austrug, sagt im Zeugenstand, dass sie den Alarm gehört habe. Im Rückspiegel ihres Autos habe sie eine dunkle Gestalt gesehen, die aus dem Fenster des Wettbüros gestiegen und davongerannt ist. "Und es stand ein oranges Auto in einer Seitenstraße, wo sonst immer nur dunkle stehen", sagt sie.

Ein 30-Jähriger, der in der Tatnacht auf dem Weg von der Arbeit nach Hause war, habe bemerkt, dass jemand aus dem Wettbüro gestiegen und weggelaufen sei. "Ein BMW M4 hat mich ausgebremst und der Fahrer hat dem Täter dann Handzeichen gegeben, dass er einsteigen soll, was er dann auch getan hat." Die 28-jährige Verlobte des Griechen berichtet im Zeugenstand, dass der 29-Jährige sein Auto öfter an Freunde oder Bekannte verleiht. "Er ist da einfach naiv." Er denke nicht mit. "Auto und Frau verleiht man ja bekanntlich auch nicht", kommentiert Veh und schmunzelt. Die Juristin sagt, dass sie ihn am Tag vor der Tat das letzte Mal gesehen habe und sie Johnny nicht kenne, "ich habe ihn nur einmal in einem Videochat gesehen".

Für Stirnrunzeln sorgt der bis gestern letzte Zeuge. Ein 52-Jähriger war in der Tatnacht ebenfalls in der Kneipe, da er dort der Besitzerin, seiner Nichte, aushalf. Der 29-Jährige sei an der Bar gesessen, habe einiges getrunken und sie hätten sich auch ein wenig unterhalten. "Er war angenehm angetrunken und nicht auffällig." Seinen Kumpel Johnny habe er auch gesehen, aber nicht mit ihm gesprochen. Dann hakt Richter Veh ein: "Sie sprechen hier dauernd von der Nacht auf Samstag, bei der Polizei haben sie aber auf Sonntag angegeben." Auch Staatsanwalt Thorsten Schalk wird stutzig: "Ist Ihnen denn nicht aufgefallen, dass das zwei verschiedenen Angaben sind?", sagt er und verweist dabei auf eine mögliche Falschaussage. Der Mann beteuert immer wieder, dass es die Nacht auf Samstag gewesen sei. Er wisse nicht, warum es zwei verschiedene Versionen gebe. "Vielleicht hat die Polizei etwas durcheinander gebracht, als ich ausgesagt habe."

Letztlich beschließt Richter Veh, die Verhandlung am Aschermittwoch, 6. März, fortzusetzen, um noch weitere Zeugen, darunter Johnny zu hören. Als er den 29-Jährigen fragt, welche Sprache dieser spricht, gibt dieser nur an dass es Albanisch oder Griechisch ist. "Keine Ahnung", sagt er genervt. "Wir haben Deutsch und Griechisch geredet." Veh ermahnt ihn, "jetzt seien sie mal nicht so batzig", woraufhin der Angeklagte kontert: "Sie hinterfragen alles die ganze Zeit, um zu beweisen, dass ich einen Fehler gemacht habe." "Na hören Sie mal, Fragen zu stellen ist meine Aufgabe", sagt der Richter gereizt. "Wenn Sie der Meinung sind, in unlauterer Weise zu verhandeln, dann können Sie das ja mit ihren Anwälten besprechen."
 

Katrin Kretzmann