Kleinhohenried
Schulterschluss gegen das Artensterben

Beim Bienen-Bauern-Dialog war es fast harmonisch - Praktiker machen umsetzbare Vorschläge

15.02.2019 | Stand 02.12.2020, 14:37 Uhr
"Wie können wir uns gegenseitig unterstützen?" lautete die Frage beim dritten Bienen-Bauern-Dialog im Haus im Moos. −Foto: Frank

Kleinhohenried (DK) "Es geht nur miteinander." Mathilde Ahle, Bürgermeisterin in Langenmosen, brachte es am Donnerstagabend beim dritten Bienen-Bauern-Dialog in der Umweltbildungsstätte Haus im Moos auf einen Nenner: Das Artensterben kann nur im gesamtgesellschaftlichen Zusammenwirken gestoppt werden.

Vereinzelte Ansätze von Praktikern gibt es inzwischen. Das erfolgreiche Volksbegehren "Rettet die Bienen" dürfte neuen Schwung in die Diskussion bringen. Vertreter der Landwirtschaft blieben an diesem Abend skeptisch. Sie sehen eine auskömmliche Bewirtschaftug ihrer Flächen durch zu rigide Gesetze in Gefahr.

Der Teilnehmerkreis, bestehend aus Fachleuten und Politikern war stattlich - zu groß vielleicht. Insofern konnten Positionen nur schlaglichtartig aufgezeigt werden, was einem fruchtbaren Dialog und damit konkreten Ergebnissen eher abträglich war. Als Vertreter der Landwirtschaft waren Elisabeth und Hubert Birkmeir, die einen Demeterhof in Pöttmes-Schorn betreiben, Max Kainz, Biobauer und Betriebsleiter des Rinderhofes und Leinfelderhofes Schrobenhausen, sowie Josef Huber und Klaus Gehring von der Landesanstalt für Landwirtschaft Freising ins Haus im Moos gekommen. Aus der Sparte Imkerei stellten sich der Bezirksfachberater Arno Bruder aus München, Walter Haefeker, Präsident des Europäischen Berufsimkerverbandes, und Stefan Spiegl, Präsident des Landesverbandes Bayerischer Imker, dem Dialog. Die Politik war durch die CSU-Landtagsabgeordnete Tanja Schorer-Dremel aus dem Kreis Eichstätt, Bürgermeisterin, CSU-Kreisrätin und ehemalige Kreisbäuerin Mathilde Ahle aus Langenmosen und Ludwig Bayer, FW-Bezirksrat, Kreisrat und Kreisobmann des Bauernverbandes vertreten.

Imker-Kreisvorsitzender Michael Tyroller betonte, dass es den Imkern ein großes Anliegen sei, mit den Bauern zu kommunizieren. "Das ist momentan etwas schwierig", räumte Tyroller angesichts des Volksbegehrens ein. Auch er sah eine große gesamtgesellschaftliche Aufgabe: "Man muss für alle Insekten etwas tun." Dabei sei man auf jeden angewiesen.

Der neue Neuburg-Schrobenhausener Landrat Peter von der Grün (FW) fand es wichtig, dass Imker und Bauern "in der aufgeheizten Zeit miteinander reden". Das geschah auch, wenngleich von unterschiedlichen Positionen aus. Ludwig Bayer, selbst praktizierender Landwirt, der in seinem konventionellen Betrieb mit Blühstreifen um seine Felder und Lerchenfenstern im Getreide arbeitet sowie auf eine wildverträgliche Mahd achtet, stellte klar, dass Landwirte die Kulturlandschaft pflegten und gesunde, hochwertige Nahrungsmittel erzeugten. Er wehrt sich gegen Versuche, ausschließlich der Landwirtschaft den Schwarzen Peter zuzuschieben - was an diesem fast harmonischen Abend nicht geschah -, sieht aber gleichwohl, dass auch die Agrarier ihren Part im Kampf gegen das Artensterben übernehmen müssen.

Weniger verbandspolitisch, eher praktisch, geht Mathilde Ahle das Problem an. Sie will auf öffentlichen Flächen in ihrer Gemeinde Blühstreifen anlegen, die von Imkern genutzt werden können.

Nachdem das Volksbegehren die erste Hürde genommen hat, wird Ministerpräsident Markus Söder die verschiedenen Aspekte an einem runden Tisch besprechen. Was dabei herauskommen soll, darauf mochte die CSU-Landtagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Tanja Schorer-Dremel als bienenpolitische Sprecherin nicht näher eingehen. Sie hoffte "auf einige Ideen", die sie aus dem Dialog mitnehmen könne und warb um Verständnis für beide Seiten. Grundsätzlich setzt sie bei der Bewirtschaftung von Agrarflächen auf das Prinzip der Freiwilligkeit. "Das Vernünftige muss der Maßstab sein", betonte Schorer-Dremel.

Worin das besteht, dazu gab es verschiedene Auslegungen. Die Biobauern Elisabeth und Hubert Birkmeir arbeiten mit einheimischen Pflanzen, sehen zu, "dass immer was blüht" und wünschen sich gift- und kunstdüngerfreie Gärten. Durch Führungen will die Biobäuerin Kinder informieren und für die Problematik sensibilisieren.

Walter Haefeker schlug als Präsident des Europäischen Berufsimkerverbandes einen Stromanbieterwechsel vor. Damit würden Landwirte unterstützt, die Biogas nicht mit Mais, sondern mit Blühpflanzen erzeugen. Haefeker sprach auch Rückstände im Honig an sowie Schäden für die Imker durch die chemische Keule und forderte geänderte Rahmenbedingungen, die es wirtschaftlich interessanter machten, bienenfreundlich zu arbeiten. "Dann können wir Bienen und Landwirte retten", sagte Haefeker.

Nun funktioniert das Zusammenleben von Landwirten und Imkern nicht unbedingt störungsfrei. Immer wieder kam die Diskussion um Bienenschäden auf, die mutmaßlich durch Pflanzenschutzmittel verursacht worden seien. Einen Fall gab es in Neuburg-Bruck. Kreisimker Michael Tyroller sprach von 25 Bienenvölkern, die auf diese Weise dahingerafft worden seien. "Da sind 1,2 Millionen Nutztiere getötet worden. Das ist eine Hausnummer", unterstrich Tyroller. In diesem Zusammenhang gab es auch Kritik an der Landesanstalt für Landwirtschaft, die nach Ansicht Tyrollers der Sache zu zögerlich nachgegangen sei. "Die Überwachung in solchen Fällen funktioniert nicht", sagte auch Walter Haefeker. Man müsse das "bundesweit unabhängig aufhängen, sonst passieren solche Fälle immer wieder".

Kann das Heil in der Ausweitung der Bio-Landwirtschaft oder in der Abkehr von der flächenbezogenen Agrarförderung liegen? Auch diese Aspekte wurden angesprochen. Aus dem dicht besetzten Auditorium war der Unmut zu hören, die Landwirte müssten für das Artensterben ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Existenz bluten.

Zusammenfassend zeigte sich Haefeker "extrem optimistisch, dass der Runde Tisch was wird". Er sehe Potenzial und guten Willen. Max Kainz äußerte sich verhaltener: "Man sagt, man will was verändern, aber es passiert nichts, weil man das große Ziel nicht vor Augen hat." Abgeordnete Schorer-Dremel vermochte einen gemeinsamen Nenner an diesem Abend zu erkennen.

War man im Haus im Moos im Austausch von Positionen gefangen, hat im realen Leben das Volksbegehren eine eigene Dynamik entwickelt. Inzwischen gibt es Landwirte wie Andreas Karl aus Kühbach, der 50 Hektar seiner Fläche für Blühwiesen zu Verfügung stellen möchte. Sein Geschäftsmodell: Ackerflächen an Privatleute verpachten. Die können dann über die Unterschrift beim Volksbegehren hinaus aktiv etwas für den Artenschutz tun, in für den Bauern wirtschaftlich auskömmlicher Weise.