Neuburg
Bienensterben: Die ÖDP will gegensteuern

Ökodemokraten sammeln Unterschriften für Volksbegehren - Naturschutzverbände ziehen nicht mit

23.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:21 Uhr
Artenreiche Blumenwiesen sind für Bienen und andere Insekten unverzichtbar. Leider werden sie immer seltener. Die ÖDP hat nun ein Volksbegehren gegen das Bienensterben initiiert. Unterschriften werden auch im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen gesammelt. −Foto: Foto: Andrea Warnecke/dpa

Neuburg (DK) Das rasante Verschwinden von Insekten und vor allem der Bienen, ist derzeit in aller Munde. Von einer der größten Herausforderungen unserer Zeit, spricht LBV-Chef Norbert Schäffer. Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) will über ein Volksbegehren gegensteuern. Unterschriften werden auch im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen gesammelt.

Am Freitag wurde die Initiative der ÖDP in München den Medien vorgestellt. Unter dem Titel "Rettet die Bienen" soll ein Volksbegehren initiiert werden, um den Insekten und damit der Natur insgesamt zu helfen, wobei auch ökonomische Aspekte wie die kostenlose Bestäubung und eine reichhaltigere Ernte nicht zu vergessen sind. Bis dato ist die Aktion im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen noch nicht angelaufen. Mit dem Ingolstädter Franz Hofmaier haben die Ökodemokraten aber einen Landtags-Direktkandidaten im Landkreis platziert. Und der - stellvertretender Bezirksvorsitzender seiner Partei und langjähriger Ingolstädter Stadtrat - will etwas tun. "Noch habe ich keine Unterschriftenlisten, aber wir werden ein paar Infostände in Neuburg und Schrobenhausen aufstellen, wo die Leute unterschreiben können", sagt Hofmaier. In einem ersten Schritt brauchen die ÖDP-Aktivisten 25000 Unterzeichner. Dann erfolgt die Zulassungsprüfung für ein Volksbegehren. Sollte auch diese Hürde genommen sein, müssen innerhalb von zwei Wochen zehn Prozent der Wahlberechtigten des Freistaates in ihren Rathäusern unterschreiben. "Das sind etwa 800000 bis 900000", erklärt Hofmaier. Sollte dieses Ziel erreicht werden, gibt es einen Volksentscheid, bei dem eine einfache Mehrheit genügt.

Hintergrund für den immensen Aufwand ist ein "massives Artensterben" bei Insekten ganz allgemein. "Tote Insekten an der Autoscheibe, das kennt man heutzutage gar nicht mehr", weist der 65-jährige Ingolstädter auf ein Phänomen hin, das auch nicht naturinteressierten Mobilisten schon aufgefallen ist. In der Tat haben Krefelder Entomologen innerhalb von knapp drei Jahrzehnten einen Schwund bei flugfähigen Insekten von 75 Prozent der Biomasse festgestellt. Bei manchen Arten beträgt der Rückgang bis zu 90 Prozent.

Ziel der ÖDP ist laut Hofmaier umzusteuern. Zielmarken für die Jahre 2025 undf 2030 zu setzen, den Ökolandbau stärker in die Praxis einzubringen und die Ausbildung an Universitäten und Landwirtschaftsschulen anders auszurichten. Man müsse von Spritzmitteln insgesamt wegkommen, findet der 65-Jährige.

Nun sollte man glauben, die ÖDP würde bei den Naturschutzverbänden offene Türen einrennen. Dem ist nicht so. Sowohl der Bund Naturschutz (BN) als auch der Landesbund für Vogelschutz (LBV) winken ab. "Nach übereinstimmender Prüfung", wie es in einer Pressemitteilung heißt, sei man zu dem Schluss gekommen, dass der Entwurf in seiner jetzigen Form kein wirksames Instrument zur Bekämpfung des dramatischen Arten- und Insektensterbens darstelle. Die Ursachen, so LBV-Chef Norbert Schäffer, ließen sich nicht einfach mit einem Gesetz stoppen. "Zentraler Faktor ist unbestritten die intensive Landwirtschaft. Wir können den Erhalt der biologischen Vielfalt nur in Zusammenarbeit mit den Landwirten erreichen. Dazu brauchen wir dringend eine Reform der europäischen Förderrichtlinien, die hier den Rahmen setzen." Dass BN und LBV sich in diesem Fall nicht bei den Ökodemokraten einklinken, hat keinerlei politische oder weltanschauliche Gründe, denn die ÖDP-Initiative "Betonflut eindämmen", die gerade verfassungsrechtlich geprüft wird, unterstützen sie sehr wohl. Mag die kleine Partei bei Wahlen nicht sonderlich erfolgreich sein, bei Volksentscheiden war sie es durchaus. So haben die Ökologischen Demokraten den Stein beim Nichtraucherschutz und bei der Abschaffung des bayerischen Senats entscheidend ins Rollen gebracht.

Gemeinsames Ziel, aber verschiedene Vorgehensweisen bei Naturschützern und Politikern also. Und wie sehen es die Praktiker? Einer von ihnen ist Ulrich M. Sorg, Vorsitzender des Rennertshofener Imkervereins und diplomierter Landespfleger. "Alle Initiativen sind wichtig, die es zum Ziel haben, den Rückgang der Insekten zu stoppen." Als Ursachen für den Artenschwund sieht Sorg die sehr intensiv genutzte Landschaft - zum einen durch die Landwirtschaft mit Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, übertriebener Feldrandhygiene, die zum Verlust von Lebensraum führt, zum anderen aber auch die Aktivitäten von Bürgern und Kommunen. So pflegen seiner Ansicht nach die Gemeinden ihre Grünflächen zu intensiv, "weit mehr als es sicherheitstechnisch notwendig wäre. Da bin ich echt enttäuscht." Und im privaten Bereich "versteinern die Vorgärten zusehends". Nicht zuletzt hätten Insekten auch unter der Lichtverschmutzung zu leiden. Sie werden von Lampen angelockt, deren Schein sie bis zur Erschöpfung gefangen nimmt. "Das Verhalten der Tiere wird durch das Licht verändert", hat Sorg beobachtet.