Neuburg
Zahl der Fehlbeleger steigt rasant an

Fast jeder zweite Flüchtling müsste eigentlich aus den Unterkünften im Kreis ausziehen - Doch wohin?

08.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:15 Uhr
Flüchtlingszentrum im Landkreis: Die Gemeinschaftsunterkunft in Neuburg ist die größte Einrichtung für Asylbewerber. Doch dort und im übrigen Stadtgebiet leben mittlerweile mehr als 100 Fehlbeleger - gut ein Viertel der in Neuburg untergebrachten Flüchtlinge. −Foto: Schanz

Neuburg (DK) Beinahe jeder zweite Flüchtling im Landkreis ist mittlerweile ein Fehlbeleger. Das geht aus den neuesten Zahlen des Landratsamts hervor. Doch Wohnraum bleibt rar - auch wenn einige Gemeinden gegensteuern. Ein Rauswurf droht den Flüchtlingen zumindest derzeit aber nicht.

Die Flüchtlingssituation im Kreis Neuburg-Schrobenhausen hat sich etwas entspannt. Lebten vor einem halben Jahr noch rund 1100 Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Schutzberechtigte im Gebiet zwischen Bergheim und Gachenbach, sind es derzeit noch knapp 900. Das zeigen die jüngsten Zahlen des Landratsamts, die vom 22. September datieren. In den Flüchtlingsherbergen macht sich diese leichte Entspannung allerdings nicht bemerkbar. Genau das Gegenteil ist der Fall.

Zahlreiche Flüchtlinge müssten ihre Bleibe in den Asylunterkünften eigentlich längst verlassen haben. Fast jeder zweite von ihnen, nämlich insgesamt 341 Menschen, ist ein anerkannter Flüchtling und damit ein sogenannter Fehlbeleger. Vor die Tür setzen die Menschen allerdings weder die Regierung von Oberbayern als Betreiber der Gemeinschaftsunterkunft in Neuburg noch der Landkreis mit seinen vielen dezentralen Einrichtungen. "Wir gehen derzeit nicht davon aus, dass das passieren soll", erklärt Katharina Huber, Pressesprecherin des Landratsamts. Denn in solch einem Fall wären die Gemeinden für die Unterbringung der Menschen zuständig. Kapazitäten dafür gibt es allerdings kaum, wie auch die Verantwortlichen der Kreisbehörde wissen. "Es kommt trotzdem immer wieder mal vor, dass Fehlbeleger aus den Unterkünften ausziehen", weiß Emmy Böhm, Leiterin des Sachgebiets Ausländerwesen, und nennt als positives Beispiel die Entwicklung in Schrobenhausen. "Dort hat der Helferkreis in wenigen Monaten acht Wohnungen vermittelt."

"In Schrobenhausen hat der Helferkreis in wenigen Monaten acht Wohnungen vermittelt."

Emmy Böhm von der Ausländerbehörde

 

 

Dennoch bleibt der Anteil an Fehlbelegern in der früheren Kreisstadt hoch. Gut 42 Prozent der insgesamt 224 dort untergebrachten Flüchtlinge müssten laut der Statistik eigentlich ihr Quartier räumen. In vielen kleinen Gemeinden sind die Werte noch mal höher: 100 Prozent Fehlbeleger sind es in Waidhofen, wo zum Stichtag der Erhebung allerdings nur vier Flüchtlinge lebten. 97 Prozent sind es in Karlshuld mit insgesamt 35 untergebrachten Personen. Und auch in Rennertshofen, Bergheim, Königsmoos, Ehekirchen, Karlskron und Brunnen wäre mehr als die Hälfte der Flüchtlinge eigentlich ein Fall für den freien Wohnungsmarkt. Doch dort sieht es äußerst mager aus.

Aus diesem Grund feilen einige Kommunen mittlerweile an Plänen für den sozialen Wohnungsbau - allen voran Neuburg. Wie berichtet, sollen im Baugebiet am Heckenweg bis zu 200 mietgünstige Wohnungen entstehen; Oberbürgermeister Bernhard Gmehling (CSU) und seine Stadträte erhoffen sich davon eine Entschärfung der seit Jahren angespannten Situation in Neuburg. Mit insgesamt 429 Flüchtlingen, darunter gut 300 allein in der Gemeinschaftsunterkunft in der ehemaligen Lassigny-Kaserne, trägt die Kreisstadt seit Jahren die Hauptlast bei der Aufnahme von Asylbewerbern.

"Die Gespräche laufen, wir in Oberhausen schlafen nicht."

Bürgermeister Fridolin Gößl

 

Einen durchaus ähnlichen Weg geht Burgheim, das bislang zwar noch keinen einzigen Asylbewerber aufgenommen hat, das nun aber nachholen will. Dort setzen die Entscheidungsträger gezielt auf Wohnraum für Fehlbeleger, um die anderen Kommunen langfristig zu entlasten. Geplant sind drei Objekte, der Startschuss soll bereits im kommenden Jahr mit der Sanierung des Bahnhofsgebäudes fallen. Sechs Wohnungen sind dort vorgesehen, die Investitionssumme liegt zunächst bei etwa einer Million Euro, die zum Teil als staatliche Zuschüsse zurück in die kommunalen Kassen fließen sollen.

Auch die übrigen drei Gemeinden ohne Flüchtlingsunterkünfte sind nicht untätig, wie die Bürgermeister betonen. "Wir wollen uns nicht wegducken", erklärt der Weicheringer Rathauschef Thomas Mack (CSU) und kündigt an, dass in einigen Monaten eine gemeindliche Wohnung frei werden soll. Eine Entscheidung im Gemeinderat über deren Nutzung stehe also demnächst an. In Oberhausen gibt es ebenfalls Planungen, noch kann Bürgermeister Fridolin Gößl (CSU), aber keine Details dazu preisgeben. "Die Gespräche laufen, wir schlafen nicht", sagt er und betont: "Wir wollen etwas bereitstellen." Etwas schwieriger sieht es unterdessen für Mathilde Ahle (CSU) und ihren Gemeinderat aus. "Wenn es irgendwo bei uns etwas zu kaufen gäbe, wäre uns sehr geholfen", sagt die Langenmosener Bürgermeisterin, die gerne eine Immobilie in petto hätte. Ohne bleibt es vorerst bei einer Fläche, die das Gremium schon frühzeitig für Wohncontainer zur Verfügung gestellt hatte. Pläne für eine mögliche Belegung des Areals gibt es Ahle zufolge im Landratsamt längst. Doch noch ist dieser Fall nicht eingetroffen - noch dulden die Behörden die Fehlbeleger in den Unterkünften.