Asbrunn
Die Rückkehr der Maria von Asbrunn

Gestohlene Pietà wird nach 14 Jahren wiedergefunden – Die Kapelle verwaist

18.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:36 Uhr

Kein Weg führt zu der alten Kapelle am Waldesrand am Fuße der Asbrunner Anhöhe. Hinter Spinnweben und einem Gitter verbirgt sich das Bildnis Marias sowie eine Zeitung aus dem Jahre 1888. Erbaut wurde die Kapelle 1857 vom Ehepaar Friedl. Die hölzerne Madonna wurde aus der Kapelle gestohlen und tauchte erst 14 Jahre später wieder auf – heute steht sie im Haus der Friedls in Asbrunn. - Fotos: Schanz

Asbrunn (DK) Irgendwo im nördlichsten Winkel des Landkreises, zu Füßen eines Dorfes, benannt nach Eschen, die um einen Brunnen wachsen, mitten in einem weiten weißen Feld steht eine Kapelle. Kein Weg führt mehr zu ihr. Ihr Schicksal ist an eine alte Linde gebunden, die ein Sommersturm gespalten hat und deren Äste jetzt im Winterwind wie Skelettarme vor dem nahen schwarzen Wald knarren.

Beugt sich der Baum, schwankt auch der Stein. Risse ziehen sich durch die Mauern. Unter dem Kreuz herrscht völlige Stille, Schneeflocken schlucken jedes Geräusch. Hinter Spinnweben und einem morschen Gitter, neben einer Zeitung von 1888 und einer steinernen Grabplatte, verbirgt sich ein einsames Ölbild der Mutter Gottes. Mehr ließen die Diebe nicht übrig, die dreimal hier Beute machten.

Einst war die ganze Altarwand mit einem ledernen Maria-Gemälde aus dem 16. Jahrhundert behangen, es verschwand 1948 für immer.

Und dann gibt es da die hölzerne Schmerzensmutter mit ihrem toten Sohn im Arm. Auch sie verschwand. Ende der 1980er Jahre trieb ein Kirchendieb sein Unwesen rund um das Bistum Eichstätt. Die Kriminalpolizei ging damals davon aus, dass die Beute nach Amerika verschifft wurde. Der Weg des Langfingers führte auch auf den entlegenen Hügel von Asbrunn. Die Pietà war fort. Doch das war nur der Beginn der Geschichte.

Josef Friedl erzählt sie gerne, es ist eine seiner Lieblingsgeschichten. Sie geht so: Vierzehn Jahre nach dem Einbruch klingelte in einer verschneiten Februarnacht das Telefon. „Ich und mein Sohn waren auf Versammlungen fort, meine Frau Genoveva war ganz allein daheim.“ Sie dachte, es sei etwas passiert, ein Unfall. Am anderen Ende meldete sich das Landeskriminalamt. Sie brauche nicht zittern, man habe eine gute Nachricht, erklärte der Polizist der Bäuerin. Man hatte die Mutter Gottes gefunden, in Flensburg an der Ostsee. Ein Paar hatte sich im Streit getrennt, der Mann die Ex verpfiffen: Im Keller habe sie Kunstgegenstände, die von einem Hehler stammten. Alte Mikrofilme im Archiv des Landeskriminalamtes zeigten die Asbrunner Pietà – eigentlich werden die Fotos nach zehn Jahren vernichtet. „Wir durften nach München fahren. Dort hatte man zehn Statuen in einen Gang gestellt. Wir mussten unsere erkennen“, erinnert sich Friedl. „Wir liefen durch und haben gesagt: Das ist unsere! Es hat gestimmt.“ Die Mater Dolorosa kehrte zurück – und wenn der Asbrunner das erzählt, dann leuchten seine Augen.

Josef Friedl ist ein direkter Nachfahre des Ur-Asbrunners. Wie der Archivar des Historischen Vereins Rennertshofen, Bernd Eichhammer, zu berichten weiß, stand auf der Anhöhe, von der man bei klarer Luft bis zu den Gipfeln der Alpen blicken kann, einst ein Mönchskloster. Nachdem es mehrfach abgebrannt war – oder wurde – gab man den Außenposten des Klosters Kaisheim auf und übergab es einem Mann aus Rohrbach namens Friedl. Der Bauer teilte das Land in gleiche Teile und vermachte sie seinen vier Söhnen – bis heute besteht das Dorf aus vier Höfen. „Bis ins 18. Jahrhundert wurde in Asbrunn nur untereinander geheiratet“, erzählt Josef Friedl.

So wie er hieß auch der Erbauer der Kapelle. „Andenken des Josef Friedl und seiner Ehegattin Franziska, Baur von Asprunn, lisen dise Kabelle Bauen, zu Ehre Maria Hilf im Jahre 1857“, steht auf einer Inschrift über dem Eingang. Der Anlass, warum der Landwirt das kleine Gebäude bauen ließ, ging über die Jahre verloren.

Verblichen ist auch der Glanz des Kleinods. Einst verlief der Ortsverbindungsweg zwischen Asbrunn und Ammerfeld direkt daran vorbei. „Hier bin ich immer in die Schule gelaufen“, erzählt Friedl. Kleine Gärten und Hecken standen drum herum. „Das war ein Paradies.“ Dann kam die Flurbereinigung. Seit 1973 steht die Kapelle einsam im Acker und verfällt unbesucht.

Die Friedls wollen die Kapelle gerne an einen belebteren und vor allem sichereren Ort versetzen – die Maria werden sie aber immer wohlbehütet in ihrem Haus aufbewahren.