Hilpoltstein
Teilzeitberlinerin

Außer dass sie noch keinen Spiegel hat, ist Kristine Lütke (FDP) in der Hauptstadt angekommen

05.01.2022 | Stand 23.09.2023, 15:22 Uhr

Kristine Lütke ist seit gut zwei Monaten neu im Deutschen Bundestag. Die Hauptstadt selbst ist für die Unternehmerin aus Lauf kein Neuland mehr. Foto: Philipp Bauer

Hilpoltstein Vor gut drei  Monaten ist sie gewählt worden, seit gut zwei Monaten ist sie Mitglied des Deutschen Bundestags: Kristine Lütke. „Teilzeitberlinerin“ sei sie mittlerweile, sagt sie auf die Frage, ob sie denn jetzt schon eine Berlinerin sei. „Ich bin natürlich immer noch in meinem Wahlkreis unterwegs.“

Und den, diesen Wahlkreis Roth/Nürnberger Land, verkörpert die FDP-Politikerin nahezu perfekt: In Schwanstetten aufgewachsen und dann nach Lauf gezogen, wo sie die Geschäftsführerin der von ihrer Familie seit 20 Jahren betriebenen Seniorenbetreuung und -pflege „bei St. Otto“ war. Zusammen mit Ralph Edelhäußer (CSU) und Jan Plobner (SPD) bildet sie das Trio, das den Wahlkreis nach längerem Leerstand in Berlin vertritt. Es habe auch schon lockeren Austausch gegeben, sagt sie. „Ich komme mit den beiden ganz gut zurecht.“ Mit Plobner gab es sogar schon gemeinsame Termine.

Anders als für den jungen SPD-Mann kam für Lütke die Wahl nicht überraschend, anhand der Umfrageergebnisse war lange vorher klar, dass es für sie nach Berlin geht. Eine Wohnung vorab schon gemietet hat sie trotzdem nicht, sondern ist zunächst ins Hotel gegangen. „Die meisten starten erst einmal so“, sagt Kristine Lütke. Allerdings habe sie bereits seit Oktober eine Wohnung. „Ich habe über einen Kollegen einen Tipp bekommen, dass da Leute ausgezogen sind.“ Das sei relativ schnell gegangen. „Eingerichtet habe ich mich aber noch nicht, das folgt jetzt im Januar.“ Das will sie dann zusammen mit ihrem Freund machen. Bisher gebe es in der Wohnung nur die Basics: Küche, Tisch, Stuhl, Bett. Was sie am meisten im Moment vermisse, sei ein Spiegel. „Ich geh dann immer raus aus der Wohnung in den Aufzug, da ist einer.“

Dass Berlin für eine bis dato erfolgreiche Unternehmerin, die zudem Bundesvorsitzende der Wirtschaftsjunioren Deutschlands war, kein Neuland ist, liegt auf der Hand. Da sei sie öfters in der Hauptstadt gewesen, zudem habe sie auch Bekannte da, verrät Lütke. „Ich war auch schon auf Einladung der Landesgruppe für zwei Tage in Berlin.“

Neuland sind trotz allem der Bundestag und seine Institutionen: Wo bekommt man welche Informationen? Wo trägt man sich ins Transparenzregister ein. Wie ist etwas rechtlich, auf was muss man achten? Oder ganz praktisch: Wo bekommt man einen Laptop? Dazu fragt man Mitarbeiter, Kollegen und Ehrenamtliche und es „gibt ein Bootcamp für Neulinge“, sagt Lütke. Nichts Ungewöhnliches, auch andere Fraktionen machen das.

Bereits komplett hat die gebürtige Nürnbergerin ihr Team. Als sich bereits abzeichnete, dass sie gewählt werden würde, „habe ich da schon die Fühler ausgestreckt“. Und eine Büroleiterin angeworben. Ein weiterer Mitarbeiter sei jetzt noch dazu gekommen, dazu eine wissenschaftliche Kraft.

Was Kristine Lütke besonders freut, ist, dass sie künftig im Gesundheitsausschuss Mitglied ist. „Das war meine Priorität.“ Sie bringt dazu eine 14-jährige Erfahrung in der Geschäftsführung einer Pflegeeinrichtung mit. Gerontologie (Alterswissenschaft) hat sie zudem neben Sozialer Arbeit studiert. Weshalb ein anderer möglicher Ausschuss auch der für Soziales und Arbeit gewesen wäre.

Am Ende dieses turbulenten und anstrengenden Jahres macht sie aktuell Urlaub. „Ein bisschen ausspannen“ und Kraft tanken, denn mit dem neuen Jahr geht es auch für den neuen Bundestag richtig los. Die ersten Wochen seien für die neuen Abgeordneten noch etwas ruhiger gewesen, sagt Kristine Lütke, „wenngleich wir auch schon in Entscheidungen eingebunden waren“.

Dann aber warten auch Entscheidungen, die für eine liberale Abgeordnete zunächst einmal unangenehm klingen – Stichwort Impfpflicht. Für Kristine Lütke ist dabei erst einmal wichtig, dass „eine breite Debatte geführt wird und es nicht in Hinterstübchen beschlossen wird“. Der Ethikrat habe dazu die Für und Wider aufgezeigt. Die pandemische Lage sei sehr dynamisch, wegen Omikron und eventuell weiterer Mutationen seien Entscheidungen zu treffen. Man müsse jetzt schon vorbauen, um dann die notwendigen Schritte ergreifen zu können.

Gerade für eine liberale Politikerin sind die Beschränkungen in der Pandemie nicht gerade ein unvermintes Terrain. So geht Lütke auch nicht mit allen Maßnahmen konform, die in der Vergangenheit ergriffen worden sind, wie nächtliche Ausgangssperren oder jemandem zu untersagen, alleine auf einer Parkbank zu sitzen. Aber: „Es gehört auch zu seriöser Arbeit, seine Überzeugungen immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Zu sagen, da lag ich falsch, da müssen wir etwas anpassen, da hat mich jemand überzeugt.“

HK