Bangen um Shirts und Beutel
Der Challenge-Triathlon und die Schwierigkeiten der Weltwirtschaft

22.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:01 Uhr

Die ersten Tribünen für das Rother Triathlon-Stadion nehmen in dieser Woche schon Formen an. Die Dienstleister beklagen jedoch einen Mangel an Hilfskräften.

Von Jochen Münch

Für den Challenge läuft der Countdown: Von Donnerstag an sind es nur noch zehn Tage bis zum Startschuss des großen Triathlons am Sonntag, 3. Juli, um 6.30 Uhr am Main-Donau-Kanal bei Hilpoltstein (Kreis Roth). Doch die Krise der Weltwirtschaft hat auch Auswirkungen auf die Region.



Nach der Komplettabsage im ersten Corona-Jahr 2020 und dem stark beschränkten Wettkampf am ungewohnten Septembertermin 2021 wird der Landkreis Roth jetzt wieder zum Gastgeber des größten Spektakels dieses Sports. Ein Spektakel, das in der Vorbereitung aber auch die aktuellen Probleme der Weltwirtschaft zu spüren bekommt.

Mit 3200 angemeldeten Einzelstartern und dazu noch knapp 2000 Teilnehmern im Staffelwettbewerb gilt der Challenge bei seiner 20. Auflage einmal mehr als größter Langdistanztriathlon der Welt. Doch selbst die Veranstalterfamilie Walchshöfer, die sich in der Triathlonszene nicht zuletzt für ihre detailversessene Organisation ein hohes Ansehen erarbeitet hat, wird gerade beim Neustart nach der Pandemie vor einige Herausforderungen gestellt.

Container hängt noch vor Hamburger Hafen fest

Kamen in früheren Jahren die Vorarbeiten mit traumwandlerischer Sicherheit nach dem jahrelang erprobten Muster voran, lauern jetzt immer wieder unerwartet Probleme, die Rennleiter Felix Walchshöfer „größere Augenringe und einige Sorgenfalten“ bescheren, wie er jetzt in einer Videobotschaft an die Athleten berichtete. Die logistischen Probleme, die seit dem Beginn der Pandemie die weltweiten Wirtschaftskreisläufe belasten, machen nämlich auch vor dem Challenge nicht halt. So hatte Walchshöfer den Teilnehmern die schlechte Nachricht zu überbringen, dass es die Finisher-T-Shirts nicht rechtzeitig bis zum Renntag nach Roth schaffen werden, sondern nur im Nachhinein an die Sportler verschickt werden können.

Und damit nicht genug: Auch die Lieferung der Rucksäcke, die alle angemeldeten Athleten erhalten, und der am Renntag unverzichtbaren Wechselbeutel belasten Walchshöfers Nervenkostüm. Die Wechselbeutel – 19000 Stück an der Zahl und übrigens schon im September des vergangenen Jahres bestellt – haben es in einem Schiffscontainer zwar schon fast bis nach Hamburg geschafft. Doch der Stau vor dem Umschlag im dortigen Hafen und dazu noch ein Streik des Personals verzögern alles. „Es sieht so aus, als wäre es bis nächste Woche nicht zu schaffen“, sagte Walchshöfer im Video zu Wochenbeginn. Zum Trost für das Warten auf Finisher-T-Shirts und Rucksack wurden auf die Schnelle noch Challenge-Handtücher für die Teilnehmer bestellt.

24 Stunden später zeigte sich der Triathlonveranstalter im Gespräch mit unserer Zeitung schon wieder etwas zuversichtlicher, dass seine drei Notmaßnahmen gut genug greifen, um den drohenden Wechselbeutel-Engpass zu verhindern. Erstens wurde die schnellstmögliche Produktion neuer Beutel in Auftrag gegeben, die in vier Chargen eingeflogen werden sollen. Dazu hilft das einstige Tochterunternehmen Challenge Family, das unter der in Roth gegründeten Marke eine Vielzahl von weltweiten Wettbewerben veranstaltet und 2015 von den Walchshöfers verkauft wurde, mit Wechselbeuteln aus dem eigenen Bestand aus. Und sollte das Schiff mit der Challenge-Fracht tatsächlich noch rechtzeitig in Hamburg gelöscht werden können, werden alle Hebel bei den Einfuhrmodalitäten in Bewegung gesetzt, um die Ware bis zum kommenden Dienstag noch irgendwie nach Roth zu bringen. An diesem Abend werden nämlich die Beutel für die Teilnehmer gepackt.

Bis zum Beginn der kommenden Woche wird auch der Aufbau des Rother Triathlonparks schon weit vorangeschritten sein. An diesem Mittwoch waren im Stadtgarten immerhin schon die Umrisse des Stadions zu erkennen und es stand schon das Gerippe des großen Zelts. Aber auch bei den Aufbauarbeiten läuft es etwas weniger reibungslos als in Vor-Corona-Zeiten. So hätten laut Walchshöfer mehrere Dienstleiter darüber geklagt, dass sie einfach keine Hilfskräfte mehr finden würden. Der Zeitplan für den Aufbau sei davon aber nicht bedroht.

Kaum Alternativen zu den asiatischen Produzenten

Umso brisanter dürfte laut Walchshöfer für die zahlreichen Aussteller auf der Triathlonmesse werden, wer am Ende welche Waren noch rechtzeitig geliefert oder eben nicht mehr geliefert bekommt. Wie dem Challenge-Veranstalter selbst dürfte dabei auch den vielen Anbietern auf der Messe zum Verhängnis werden, dass kaum noch etwas in Europa, sondern so gut wie alles in Asien produziert wird. „Was uns angeht, kann ich noch froh darüber sein, dass wir wenigstens nichts mehr in China einkaufen, sondern in Pakistan und Vietnam. Sonst würde es wahrscheinlich noch düsterer bei der Lieferung aussehen“, sagt Walchshöfer, dem längst bewusst geworden ist, wie sehr die Abhängigkeit von den asiatischen Kapazitäten zum Problem werden kann.

So hat er sich wegen der herrschenden Lieferschwierigkeiten aus Asien auch nach deutlich näher liegenden Alternativen umgesehen. Doch dabei habe er unter anderem feststellen müssen, dass in ganz Europa keinen einziger Rucksack mehr hergestellt wird. Oder dass es hierzulande einfach nicht genügend Kapazitäten gibt, wenn er die benötigten 16000 Helfer- und Finisher-T-Shirts etwa von einem regionalen Hersteller wie dem Spalter Sportbekleidungsunternehmen René Rosa herstellen lassen möchte. Für solche Bestellungen führt derzeit kaum ein Weg an Asien vorbei. Sorgenfalten und Augenringe gibt es dann kostenlos dazu.

HK