Premiere und Jubiläum in Spalt
Stephansritt feiert gelungenes Comeback

Dekan Matthäus Ottenwälder erteilt erstmalig den Segen – Reiterhof seit 60 Jahren dabei

27.12.2022 | Stand 17.09.2023, 6:47 Uhr

Vor der idyllischen Fachwerkkulisse in Spalt machen sich die Teilnehmer auf den Weg.

Von Jürgen Leykamm

Spalt – Zwei Jahre coronabedingte Pause und ein wenig einladendes Wetter – können diese Faktoren dem traditionellen Stephansritt von Spalt nach Wasserzell etwas anhaben? Auf den ersten Blick scheint es so. Eine halbe Stunde vor dem Start lässt sich eine erste, einsame Teilnehmerkutsche blicken. Doch das Blatt wendet sich: Schnell wächst die Schar der Reiter und Pferde an – beider Zahlen übertreffen gar die Werte von 2019. Was alle aufatmen lässt.

Der Heimatverein Spalter Land schenkt als Pandemie-Spätfolge seinen Bügeltrunk in Pappbechern aus – einmal in der hochprozentigen, einmal in der Likörversion. Trotzdem greift nicht jeder zu. Familie Blank aus Beyerberg hat allerdings weniger Berührungsängste, wenngleich nur die Eltern Veronika und Simon sich ein Becherchen genehmigen dürfen. Im Gegensatz zum siebenjährigen Sohn Maximilian und seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Anton. „Wir sind hier schon Stammgäste“, sagen sie, bevor sie weiter zum Startpunkt reiten.

Ludwig Kratzer hältseit 60 Jahren die Treue

Gefolgt von Ludwig Kratzer aus Kiliansdorf. Der 78-jährige Reiterhofchef ist fast die Hälfte seiner Lebensjahre bei Turnieren mitgeritten, gesundheitliche Gründe verwehren ihn aber nun die Teilnahme am Stephansritt, dem er seit 60 Jahren die Treue hält. Aus seinem Stall schickt er unter anderem einen Schimmel ins Rennen, den Jagdreiter Jörg Meiler aus Roth unter seinem Sattel hat.

Ein paar Nummern kleiner geht es bei Iris Raab aus Absberg zur Sache: Sohn Benjamin ist mit seinen fünf Jahren schon Ponypate für Sunny, der dreijährige Bruder Maximilian passenderweise für Maxi.

Bevor es so richtig los geht, gibt Heimatvereinschef Martin Haberkorn zu bedenken, dass es in der über 130-jährigen Geschichte bis zur Corona-Zäsur keine Unterbrechung gegeben hat. „Auch während der Kriege wurde weiter geritten“, so der Vorsitzende.

Die rund 120 Teilnehmer machen sich dann auf den Weg nach Wasserzell. Westernreiten ist dabei gut vertreten. Zum Beispiel mit Simone Scholtes aus Georgensgmünd, die sich mit Cowboyhut auf ihrem American Quarterhorse Findus zumindest „ein bisschen“ wie das „bayerische Cowgirl“ fühlt. Auch wieder mit dabei ist der unverwüstliche „Buffalo Rolli“ aus Burgbernheim.

„Schön, dass so viele Kinder dabei sind“

Der Duft von Bratwurstsemmeln und Bläserklang empfängt den Tross in Wasserzell. Gut 200 Besucher wollen die Reiter sehen. „Schön, dass so viele Kinder dabei sind“, ist eine Frau begeistert – der Nachwuchs findet sich sowohl unter Teilnehmern wie Zaungästen wieder. Jüngste „Reiterin“ ist zweifelsohne Lotta aus Heidenheim, die mit ihren elf Monaten sich auf dem neunjährigen Isländer namens Depill recht wohl fühlt. „Daheim hat sie auch schon Pony-Erfahrung“, sagt Mutter Madeleine Wechsler. Unter den Pferden gibt es auch vereinzelt Exemplare, die geführt statt geritten werden, eines hat offenbar Probleme mit einem Bein.

Da ist der Segen umso mehr vonnöten, den nach dem Umrunden der Stephanus-Kirche Dekan Matthäus Ottenwälder spendet – für ihn eine Premiere. Er geht es locker an: „Viel Weihwasser brauchen wir nicht – wir bekommen welches von oben“, sagt er angesichts einsetzendem Nieselregens. Der Ort mache heuer seinen Namen alle Ehre, fügt er noch hinzu.

Er ruft den Heiligen Stephanus als Patron der Reiter und Fuhrleute in Erinnerung. Und die Pferde geben mit vereinzelten Wiehern zu verstehen, dass wohl auch sie gemeint sind. Nach dem Segen hört zwar auch der Regen auf, trotzdem sammelt man sich aber wie gewohnt im Inneren der Kirche zum Gottesdienst.

HK