Thalmässing
Sexmüdem Ehepaar kann geholfen werden

Mit dem schlüpfrig angehauchten Stück „No sex in the city“ landet Theatergruppe des Turnvereins Riesenerfolg

27.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:24 Uhr

Selbst die wilde Dildo-Party, die Karin Winkler im Hotelzimmer organisiert, bringt das Liebesleben des Ehepaars Kupfer nicht in Schwung. Das schafft am Ende die indische Erotiklehre. Foto: Unterburger

Von Robert Unterburger

Thalmässing – „A bissel was geht immer“, das war die Devise des unvergessenen Monaco Franze alias Helmut Fischer, des ewigen Stenz. „A weng wos gäid immer“ meinten auch die Theaterspieler des TV 06 Thalmässing auf fränkisch, als sie am Freitagabend das turbulente Lustspiel „No sex in the city“ von Lydia Fox präsentierten. Schon bei dieser Premiere haben sie die Lachmuskeln der vielen Besucher gehörig strapaziert.

„Nach vier Jahren endlich wieder Theater“, freute sich TV-Chef Torsten Hahn und bat das Publikum: „Heben Sie sich die Eintrittskarte auf und rahmen Sie sie ein! Denn das ist die letzte Theateraufführung in dieser Turnhalle, bevor sie abgerissen wird.“ Erst 2024 könne es wieder Theater geben, dann aber im neuen Sportzentrum.

Erste Lachsalve erfolgtbereits vor Spielbeginn

Bevor die herrlich abstruse Liebeskomödie ihren rasanten und komischen Verlauf nahm, erzielte Hahn noch einen riesigen, wenngleich ungewollten Lacherfolg, als er, der das fränkische Idiom noch fleißig üben muss, den Titel der aktuellen Aufführung „A weng wos gäid immer“ ankündigte. Deren Inhalt ist schnell erzählt: Bei Max Kupfer (Hans-Peter Brüchle) und seiner Ehefrau Susanne (Doris Medl) knistert es nicht mehr so richtig. Ihr Liebesleben liegt am Boden oder, sagen wir es deutlicher: Es herrscht Stillstand.

Um der liebestechnischen Langeweile zu entfliehen, melden sie sich unabhängig voneinander bei einem Onlineportal an. So kommt es, dass sie sich zu einem Blind Date in einem kleinen Frankfurter Hotelzimmer im 27. Stock verabreden. Beide haben ein „Überraschungszimmer“ mit einer Verbindungstür gebucht. Ihre Verblüffung ist riesig, als plötzlich der Ehepartner im Zimmer steht.

„Es funktioniert nicht mehr mit uns“, jammert sie, „es gibt keine Gemeinsamkeiten mehr, ich vermisse die Zärtlichkeiten, da prickelt nichts mehr.“ Und: „Ich wünsche mit einen sensiblen Mann, der auf meine Bedürfnisse eingeht.“ Der irritierte Ehemann Max versucht abzulenken und ihre Vorwürfe vom Tisch zu wischen, aber das Tischtuch scheint zerschnitten zu sein zwischen den beiden.

Da kommt jemand ins Spiel, der dafür sorgen will, dass sich in puncto Erotik wieder etwas tut. Es ist der reichlich durchgeknallte mexikanische Liftboy Juan Pablo Rodriquez (Klaus Hübner, er führte auch Regie), ein wilder Stier und begnadeter Mariachi-Tänzer, der mit hartem spanischen Akzent und herrlich abstrusen Sprüchen das Publikum begeisterte. Klaus Hübner ist ein exzellenter Schauspieler, der seit über 15 Jahren die Stücke auf die Bühne bringt. Mit umwerfender Situationskomik erwies er sich als einer der besten Akteure auf der Bühne.

Ihm zur Seite stand Karin Winkler (Anna Schneider, die schon seit 32 Jahren der Theatergruppe des TV angehört). Sie ist in dieser Komödie eine begnadete Dildo-Fee, die dem sexmüden Ehepaar Max und Susanne Kupfer verschiedene Vibratoren anbietet. Dabei kommt es zu schreiend komischen Szenen. Karin ist die Ehefrau von Frank Winkler (Georg Schabdach), dem das Hotel gehört. Sie kennt die erotischen Eigenheiten ihres Mannes nicht, der zwei linke Hände hat und Frauenkleider über alles liebt. „Bei uns läuft es auch nicht mehr wie früher“, bedauert Frank. „Ich liebe meine Frau, aber ich bin ein langweiliges Landei aus der Provinz.“

Im Bett steht Elektrikernur unter Schwachstrom

Karin schmeißt eine wilde Dildo-Party, damit das Ehepaar Kupfer sexuell wieder zueinander findet. Zu allem Überfluss hat sie sich in Max Kupfer verliebt – aber da geht nichts. Elektromeister Max steht sexuell eher unter Schwachstrom. Er hat nicht nur Höhenangst, sondern fürchtet auch körperliche Nähe und gibt sich ein bisschen einfältig und vertrottelt – exzellent gespielt von Hans-Peter Brüchle, der ebenfalls schon 30 Jahren der Theatergruppe des TV Thalmässing angehört. Stets hat Max seinen Werkzeugkasten dabei und bringt damit seine Frau Susi ob seiner Naivität fast zur Weißglut. Zwar meint der mexikanische Liftboy Juan bewundernd: „Du bist eine sehr stramme Maxi!“, aber das ist nur ironisch gemeint.

Die Wende im verkorksten Liebesleben von Susanne und Max Kupfer kommt, als der Gatte in seiner Werkzeugtasche das „Kamasutra-Buch für Anfänger“ findet, in dem verschiedene Stellungen beim Sex beschrieben werden. Die Kupfers probieren die Anregungen des indischen Erotik-Lehrbuchs aus und geben ihrem eingeschlafenen Liebesleben damit wieder ein Kick. So schließt die deftige Liebeskomödie mit einem versöhnlichen Happy End bei beiden Ehepaaren.

Das Premierenpublikum bedankte sich mit frenetischem Beifall bei den diesmal lediglich fünf Schauspielern. Die Theatergruppe kommt diesmal mit zwei Frauen und drei Männern aus.

Lobend erwähnt werden müssen auch Norbert Stelzl (Ton und Technik), Karin Schröder (Maske) und Anne Engelhardt (Souffleuse). „Die Anne hat immer selbst gebackenes Gebäck mitgebracht bei den Proben“, erzählte Regisseur Klaus Hübner am Ende der überaus gelungenen Premiere. Und: „Wenn ich gewusst hätte, dass ich so oft geküsst werde, dann hätte ich es mir vielleicht noch überlegt, ein anderes Stück auszusuchen.“ Doch er hat sie sichtlich genossen, die viele Küsserei. „Die Proben waren immer sehr schweißtreibend.“ Kein Wunder bei so viel Action auf der Bühne.

HK