„Phantomschmerz“ Center Parcs
Seenland-Tourismus wächst „langsam und stetig“ – seit 2017 mehr Übernachtungen und höhere Umsätze

30.08.2024 | Stand 30.08.2024, 13:00 Uhr |

Die Wertschöpfung aus dem Tourismus ist im Fränkischen Seenland größer geworden. „Das ist das Entscheidende“, sagt Hans-Dieter Niederprüm. Foto: Beringer

Mehr Übernachtungen und höhere Umsätze: Das Fränkische Seenland erlebt seit 2017 eine deutlich positive Entwicklung. Soeben hat das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr an der Universität München Zahlen vorgelegt, die in dieser Deutlichkeit bislang noch nicht bekannt waren. Alles super also? Hans-Dieter Niederprüm, Geschäftsführer des Tourismusverbands Seenland tritt auf Nachfrage auf die Euphorie-Bremse.

Am liebsten würde Niederprüm gar nichts mehr sagen zu jenem Thema, das die Gemüter im Seenland vor drei Jahren erhitzte: Damals wollte das niederländische Unternehmen Center Parcs am Brombachsee bei Pfofeld eines seiner großen Feriendörfer errichten. Das Projekt, geplant auf dem Gelände der ehemaligen Munitionsfabrik Muna im Wald bei Langlau, wurde aber am 30. Mai 2021 in einem Bürgerentscheid mit knapper Mehrheit abgelehnt, wenig später begrub Center Parcs die Planungen endgültig. Die rund 800 Ferienbungalows, ein 350 Millionen Euro-Projekt waren damit Schall und Rauch.

Der Stachel sitzt tief

Die Gegner, unter anderem organisiert in der Bürgerinitiative „Seenland in Bürgerhand“ hatten zuvor angekündigt, sich konstruktiv für sanften Tourismus einzubringen – aber Niederprüm meint heute auf Nachfrage: „Da hat nie wieder jemand Kontakt aufgenommen, überhaupt nichts, null.“ Der Stachel sitzt noch tief beim Chef-Touristiker des Seenlands, allen aktuell so guten Zahlen zum Trotz. Center Parcs, da spürt Niederprüm eine Art Phantomschmerz: „Es geht auch ohne – aber in der Saisonalität ist es bei uns nach wie vor problematisch. Von Mai bis September haben wir eine extreme Saisonspitze, aber im Winter wird es schon etwas ruhiger.“ Center Parcs wäre da hilfreich gewesen, „das war der Grund, weshalb wir das wollten“.

Zuwachs von knapp 19 Prozent

Wie auch immer: Die Zahlen des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr an der Universität München (dwif )sind positiv. Von 2017 bis 2023 stieg demnach der Beitrag des Tourismus zum Einkommen in der Region von 124 Millionen Euro jährlich auf 148 Millionen. Das ist ein Zuwachs von knapp 19 Prozent. Die Zahl de Übernachtungen entwickelte sich mit einem Plus von 7,3 Prozent in diesem Zeitraum ebenfalls positiv. Übernachtungsgäste gaben laut dieser Erhebung im Durchschnitt pro Tag 124 Euro aus.

„Das ist eine gute Entwicklung, so wollen wir das haben: langsam und stetig“, sagte Hans-Dieter Niederprüm. Aus dieser Untersuchung empfang e er „das Signal, genau so weiterzuarbeiten“. Die Einnahmen aus dem Tourismus lassen sich – rein statistisch – auch auf Arbeitsplätze umrechnen. Sie entsprechen dem, was 4800 durchschnittlich verdienende Menschen der bei einem Vollzeiteinkommen (30780 Euro) beziehen würden.

Weniger Tagestourismus

Einen Rückgang stellt dies Untersuchung des dwif allerdings für den Tagestourismus fest: Er ist in seit 2027 um 5,4 Prozent gesunken. Diese Zahl sei nicht geschätzt, sondern seriös ermittelt, sagt Niederpürm. Der Rückgang sei allerdings „nicht so schlimm“, denn die Umsätze im Tagestourismus, die Wertschöpfung, seinen dennoch in Summe gestiegen: um 16 Prozent.

Vom „Overtourism“, also einer unzumutbaren Besucherschwemme, kann im Seenland keine Rede sein, stellt Niederprüm klar. „In der Vergangenheit hat es höchstens mal einzelne Überlastungstage gegeben, aber dieses Jahr noch keinen einzigen.“ Dass an einzelnen Tagen wie an Mariä Himmelfahrt mal „alle Parkplätze gut voll waren“, sei nun wirklich nicht als Problem zu sehen. „Overcrowding“ nennt so etwas zum Beispiel der Eichstätter Tourismusprofessor Harald Pechlaner. Also einen phasenweisen Andrang, nur hin und wieder. Insgesamt sieht Niederprüm das Seenland immer stärker im Aufwind: „Seit 2018 ist nochmal eine heftige Dynamik reingekommen. Die Wertschöpfung aus dem Tourismus größer geworden. Das ist das Entscheidende.“

HK

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