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Lebensretter für heimische Muschelarten am Rothsee unterwegs

Im abgelassenen Rothsee wird gerade wieder die Dreikantmuschel bekämpft

24.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:36 Uhr

Muscheln sammeln für die Artenvielfalt: Manuel Wirth und andere Ehrenamtliche engagieren sich am Rothsee für die Teich- und Malermuschel, die Wirth hier links und rechts in Händen hält. Foto: V. De Geare

Im abgelassenen Rothsee im Landkreis Roth wird gerade wieder die Dreikantmuschel bekämpft: Ehrenamtliche sammeln Teich- und Malermuscheln.



Manuel Wirth ist dick eingepackt und watet mit seiner wasserdichten Wathose mit angesetzten Gummistiefeln und einem Eimer in der Hand durch den Matsch am Grund des abgesenkten Rothsees. Der Wind bläst kalt aus Norden, immer wieder zieht ein Schauer über den See, bevor wieder die Sonne hervorbricht und das verbliebene Herbstlaub golden leuchten lässt. Er ist auf der Suche nach Muscheln. Denn er und andere Freiwillige retten heimischen Teich- und Malermuscheln das Leben.

Seit zehn Jahren schon wird der Rothsee immer wieder im November abgesenkt, um mit dem Frost die invasive Dreikantmuschel zu bekämpfen, die über die Donau und den Main-Donau-Kanal mit Schiffen bis nach Franken vorgedrungen ist. Denn diese Muschel hat sich im Rothsee in den vergangenen Jahren massenhaft vermehrt und schadet heimischen Muschelarten. So lagert sie sich zum Beispiel auf den Schalen der Teichmuschel an und verhindert, dass diese sich öffnen können – die Tiere können keine Nahrung mehr aufnehmen und verhungern. Dabei sind gerade die Teich- und Malermuschel immens wichtig für das ökologische Gleichgewicht im See, weil sie ihre Nahrung mit Kiemen aus dem Wasser ziehen und dieses dabei gleich filtern.

Eingespieltes Team von Freiwilligen rettet Muscheln

Freiwillige wie Manuel Wirth sammeln die heimischen Muscheln ein und bringen sie ins Wasser. Die Dreikantmuscheln werden liegen gelassen, wenige Nächte Frost reichen aus, damit die Dreikantmuscheln und ihre Larven absterben. „Durch die Maßnahme konnten wir den Bestand in den vergangenen Jahren eindämmen“, erklärt Barbara Ertl vom Nürnberger Wasserwirtschaftsamt.

Das gelingt aber nur mit einem eingespielten Team von Freiwilligen wie Manuel Wirth, der zwar hauptberuflich beim Wasserwirtschaftsamt Ansbach arbeitet, aber als Angler schon ab der ersten Stunde der Aktion mit dabei ist und sich zwischenzeitlich sogar zum Muschelberater fortgebildet hat. Gemeinsam mit neun anderen Ehrenamtlichen sammelt er täglich an der Wasserkante entlang die Teich- und Malermuscheln ein. „Jeden Tag werden etwa fünf Zentimeter Wasser aus dem See gelassen“, berichtet er. „Dieser Wert hat sich in den vergangenen Jahren als praktikabel heraus gestellt“, erklärt er, so dass die Ehrenamtlichen mit dem Sammeln gut hinterher kämen.

In großen Mörtelkübeln mit Wasser werden die Muscheln dann zwischengelagert, bevor das Amphibienfahrzeug des Wasserwirtschaftsamtes die Kübel einsammelt und die Tiere in die große schwimmende Hälterung in der Seemitte bringt. Diese ist brandneu und eigens gebaut. Hier werden die Muscheln in zwei Gitterboxen im Wasser für rund einen Monat bleiben.

Einige Muscheln laufen dem Wasser im Schlamm auch selbst hinterher. Denn Muscheln haben eine Art Fuß, mit dem sie sich im Schlamm vorwärts schieben können, erklärt Manuel Wirth und zeigt auf die im Matsch verlaufenden Kriech-Spuren. Wenn man genau hinsieht und ein wenig wartet, kann man es sogar selbst beobachten. Es blubbert ein wenig und dann schiebt sich das Tier ein kleines Stück weiter, bevor es erneut Pause macht. Auf sandigem Grund haben sie damit aber keine Chance, weil sie kippen.

Dreikantmuschel schädigt Infrastruktur des Stausees

Der See wird um fünf Meter abgesenkt, Anfang November beginnt das Prozedere, am 9. Dezember ist dann der niedrigste Stand von 369,2 Metern über Meeresniveau erreicht sein.

Das Wasserwirtschaftsamt Ansbach nutzt diese Zeit auch für Wartungsarbeiten, denn die Dreikantmuschel macht an der Infrastruktur Probleme: Besonders in den Röhren und Kanälen des Wasserüberleitungs- und Kraftwerkssystems setze sie sich fest, berichtet Barbara Ertl.

Für die Ehrenamtlichen wie Manuel Wirth ist das Muscheln sammeln eine jährlich wiederkehrende Sisyphus-Arbeit. „Wir sind inzwischen ein eingespieltes Team“, berichtet er. Gesammelt wird täglich, auch wenn die Teichmuscheln im Schlamm ein paar Tage überleben könnten. Im vergangenen Jahr haben sie rund 360.000 Stück eingesammelt.

An Weihnachten soll der See wieder voll sein

Einige Tage bis Anfang Dezember dauert die Aktion noch. An diesem Nachmittag macht Wirth noch ein bisschen alleine weiter, die übrigen Freiwilligen sind schon zuhause, bevor auch er seine Sachen in das kleine Boot packt und wieder zum Anleger fährt. Schluss für heute.

Jetzt fehlt nur noch der Frost und dann der Check durch den Experten, ob die Larven der Dreikantmuscheln wirklich abgestorben sind, dann kann der See wieder gefüllt werden und auch die Muscheln werden wieder aus der Hälterung geholt und im ganzen See verteilt. Denn an Weihnachten soll der Rothsee wieder voll sein.