Landkreis-Kultur
Ingbert Heiling ist Rother Landkreiskünstler 2022

Bunte und fesselnde Bildsprache – Schlaganfall stoppte erste Künstler-Karriere

14.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:34 Uhr

Landrat Herbert Eckstein hat Ingbert Heiling (rechts) zum Landkreiskünster 2022 erkoren. Der Maler malt nach einem Schlaganfall mit links – nachdem er seine „Schrägen Vögel“ nicht mehr fertigen konnte. Foto: Unterburger

Von Robert Unterburger

Abenberg – Seine Bilder sind von betörender Eindringlichkeit und enormer Ausdruckskraft. Nun würdigt der Landkreis Roth den Abenberger Künstler Ingbert Heiling mit einer umfangreichen Kunstausstellung im „Haus fränkischer Geschichte“ auf Burg Abenberg. Landrat Herbert Eckstein hat Ingbert Heiling aus Abenberg zum „Landkreiskünstler 2022“ ausgerufen.

Bei der Vernissage mit zahlreichen geladenen Gäste des öffentlichen Lebens – unter ihnen eine Reihe früherer „Landkreiskünstler“ oblag die musikalische Gestaltung dem Abenberger Musiker Rainer Thiede, den die Fans als „Rory der Hexer“ kennen und der mit Ingbert Heiling befreundet ist. Auf ausdrücklichen Wunsch des Künstlers übernahm der Gitarrist und Sänger den musikalischen Part und sorgte mit selbst geschriebenen originellen Liedern im fränkischen Dialekt, aber auch mit Coverversionen von Songs von John Lennon und Uriah Heep für Stimmung.

Landrat Herbert Eckstein hatte zur Ausstellungseröffnung einen „Schrägen Vogel“ mitgebracht. Mit diesen aus Edelstahl zusammengeschweißten Kunstwerken war Heiling in seiner ersten Schaffensphase bekannt geworden. Seine „Schrägen Vögel“ wurden zum Markenzeichen.

In der Nacht zum 6. März 2009 erlitt der Polizeibeamte Ingbert Heiling einen schweren Schlaganfall, der ihn noch heute körperlich einschränkt. Sprechen ist nur bruchstückweise möglich. Die rechte Körperhälfte ist gelähmt. Vorbei war die erst 2003 begonnene Künstlerkarriere. Doch Ingbert Heiling gab nicht auf. Er begann eine zweite Karriere. Mit Geduld, Ausdauer und Ehrgeiz widmete er sich der linkshändigen Malerei und entwickelte erstaunliche Fähigkeiten.

Mit seiner wiedergewonnenen Lebensfreude schuf Ingbert Heiling herausragende Kunstwerke, die eine hohe Qualität erreichen. Seine Vorbilder sind Joan Miró, Pablo Picasso, August Macke, Keith Haring, Fernand Léger, Elvira Bach und Birgit Lorenz, um die wichtigsten zu nennen. Ingbert Heiling hat einen unverwechselbaren, eigenen Stil erarbeitet, mit dem er Kunstwerke in prächtigen Farben erschafft.

Handwerkliche Präzisionund Kennerschaft

Die Kunsthistorikerin und Museumsleiterin Kerstin Bienert stellte in ihrer Laudatio den 42. Landkreiskünstler vor. Da sie erkrankt war, trug Uschi Heubeck ihre Gedanken vor. „Ingbert Heiling hat das Auge des Malers, die handwerkliche Präzision und Kennerschaft sowie eine große Leidenschaft für seine künstlerische Arbeit“, sagte Uschi Heubeck, „Ingbert Heiling hat eine Botschaft.“

Seine Bilder sprächen für sich, sagte die Laudatorin. „Seine Kunst spricht ohne Worte.“ Beachtung finde vor allem sein eigenständiger Stil, der den Betrachtern sofort ins Auge steche. „In seinen Werken wird nicht nur gemalt und gezeichnet, sondern auch geschrieben und erzählt. Der Künstler bedient sich dabei einer vielschichtigen, bunten und fesselnden Bildsprache.“

Die mit Ölkreide hergestellten Kunstwerke wirkten wie bunte, leuchtende Glasfenster. Schwarze Linie konturierten die Formen wie die Linien der Bleiverglasung mittelalterlicher Kathedralfenster. Die Bildfläche sei komplett mit Farbflächen und Formen gestaltet, selbst der Rahmen sei gemalt und nicht selten ornamental verziert.

Als Hauptmotiv der Werkschau fallen zunächst Heilings Porträts ins Auge. In seiner ganz eigenen Bildsprache porträtierte er Musikstars, Künstler, Wissenschaftler, Menschenrechtler und Berühmtheiten wie Albert Einstein, Sigmund Freud, Salvador Dalí, Mahatma Gandhi, Andy Warhol, Mick Jagger, Jimmy Hendrix, Bob Marley, James Dean, John Lennon, Udo Lindenberg (gleich dreimal), Freddy Mercury, Janis Joplin, Klaus Schamberger, Marilyn Monroe... All diese Bilder tragen die Vornamen der Persönlichkeiten, so als wären sie gute Freunde des Künstlers Ingbert Heiling.

„Nie sind es einfach nur Abbilder“, so Kerstin Bienert. „Heiling arbeitet immer abstrahierend, bleibt dabei aber immer gegenständlich, immer bleiben die Personen erkennbar.“ Die Veränderung der Motive durch neue Gedanken kennzeichneten die künstlerische Arbeit Heilings. Er abstrahiere, ziehe Linien, breche Formen auf und suche neue Farbkompositionen.

Dreiecke, Kreise, Linien und Ornamente

„So wird aus einem Gesicht eine farbige Fläche aus Dreiecken, Kreisen, Linien und geometrischen Ornamenten mit seltsam veränderten Perspektiven, aus einem Instrument wird ein grafisches Mosaik, und aus dem Blick auf einen Sänger oder Gitarristen wird eine kantige Stil-Ikone“, lautete die Interpretation der Laudatorin. Genau dieser neue Blick enthülle eindrucksvoll Wesen und Individualität dargestellter Personen und Szenen.

Neben den Porträts sind auch Blumenbilder zu sehen, die an Hinterglasmalerei erinnern, skurrile Fantasiegestalten, seltsam gesichtslose Hutträger mit Segelbooten und Palmen im Hintergrund, sowie mehrteilige Szenenbilder, die den Betrachter rätselnd und neugierig zurücklassen.

„Ingbert Heilings Botschaft heißt: weitergehen, nicht stehenbleiben, sich immer wieder Mühe geben, neu anfangen, Neues wagen, sich Zeit nehmen und Geduld haben“, lautete das Fazit der Laudatorin. Und: „Kunst soll uns dazu bringen, dass wir weiterfragen. Das schafft Ingbert Heiling.“

Eines der schönsten Komplimente machte am Ende Rainer Thiede seinem Freund Ingbert Heiling: „Ingbert, du bist ein Vorbild, ein Hoffnungsträger. Wenn ich mal auf die Schnauze falle, sagst du mir in deinen Bildern: Steh wieder auf!“

Die Ausstellung auf Burg Abenberg ist bis 6. November von Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr geöffnet. Ausgestellt werden 50 Bilder. Der Künstler ist persönlich anwesend jeden Sonntag von 14 bis 16 Uhr.

HK