Landkreis Roth
Herbert Ecksteins letzter Haushalt

Kreistag stimmt einstimmig für den 170-Millionen-Euro-Etat – Sorgenvolle Blicke auf Krisen

16.12.2022 | Stand 16.12.2022, 19:00 Uhr

Auch ein letztes Mal: Die Kreistagsfraktionen übergeben ihre Spenden für die Aktion „Jeder Bürger ein Euro“ an den Landrat Eckstein. Von links: Ben Schwarz (SPD), Udo Weingart (CSU), Helmut Bauz (FW), Birgit Helbig (Grüne), Landrat Herbert Eckstein, Richard Götz (CWG) und Max Netter (FDP). Foto: Messingschlager

Von Rainer Messingschlager

Hilpoltstein/Roth – Einstimmig ist der 30. Haushalt in der Ära Herbert Eckstein am Freitag in Roth verabschiedet worden. Es ist der letzte, den er als Landrat zu verantworten hat. Wer es auch immer sein wird, im kommenden Jahr wird zur gleichen Zeit ein anderer in der Mitte des langen Tisches im Kreistagssaal sitzen.

Es sei schon erhebend, in einem Landkreis dabei zu sein, der mit zwei Prozent Arbeitslosigkeit ganz vorne steht, so Eckstein. Ein Landkreis, der wirtschaftlich vielfältig aufgestellt ist wie kein anderer, der die meisten familiengeführten Unternehmen habe. Ein Landkreis, der in der Zukunft dank seiner niedrigen Schuldenlast viel machen könne.

Überschriften und Konzepte könne jeder machen, die Kraft koste aber die Umsetzung, sagte er mit Blick auf Errungenschaften wie Biomasseheizwerk, ENA, Pflegestützpunkt, „Original Regional“, Azubi-Akademie, Öko-Modelregion oder die Seniorenmusterwohnung „Tabea“. Geschafft habe man es mit einer Verwaltung, die nicht sehr breit aufgestellt sei. Man habe alle Themen rechtzeitig aufgegriffen. „Es ist für eine Verwaltung hilfreich zu wissen, dass der Kreistag dahintersteht.“

Verabschiedet worden ist ein Haushalt mit einem Volumen von 170 Millionen Euro, fast neun Prozent mehr als 2022: Rekord. Angesichts ständig steigender Preise allerdings nicht weiter verwunderlich. So geht man in der Finanzplanung davon aus, dass im Baubereich bis 2026 von Mehrkosten im Bereich von 10 Millionen Euro auszugehen ist, alleine die Kosten für den Umbau des Rother Gymnasiums klettern von 40 auf knapp 48 Millionen Euro – normale Preisanpassung.

Es waren denn auch die drückenden Probleme, die die Reden der Kreistagsfraktionen dominierten: Krieg, Inflation, Klimawandel und Fachkräftemangel. Man glaubte Corona einigermaßen überwunden, da klopfte mit dem von Russland gestarteten Krieg gleich das nächste Problem an die Tür, sagte CSU-Fraktionschef Udo Weingart. „Energiepolitisch ein Desaster, von menschlichen Auswüchsen ganz zu schweigen.“ Mit rapiden Schritten sei die Inflation gekommen, dazu der Fachkräftemangel in vielen Bereichen. „All diese Krisen haben auch Auswirkungen auf unsere kommunalen Entscheidungen.“

Finanziell leistungsfähige Kommunen seien in Krisen entscheidend, mahnte Weingart. Zwar sei dies bei allen gegeben, nur acht hätten Kreditaufnahmen in ihren Haushalten. „Die Kommunen können aber nicht in der gleichen Höhe investieren wie der Landkreis.“ Die Städte und Gemeinden finanzierten den Landkreis auf höchstem Niveau mit fast 75 Millionen Euro, über 6 Millionen mehr als im Vorjahr.

Lob gab es erst einmal vom SPD-Kreisvorsitzenden Ben Schwarz, dass in den Etats 110 Millionen Euro für Gesundheitsvorsorge, Bildung und Mobilitätswende vorgesehen seien. „Ein richtiges Signal, wie wir finden.“ Dabei sei es wichtig, „trotz Preissteigerungen, die jedes bisher bekannte Maß überschreiten“, die Maßnahmen fortzusetzen.

Größere Sorgen als die teurer werdenden Investitionen bereitet Schwarz, dass „die seit mehr als zwei Jahren schwer betroffenen Bereiche der Gesundheitsversorgung und der Pflege nach wie vor an der Belastungsgrenze sind“. Der Fachkräftemangel und der allgemeine Umgang mit diesem Bereich würden immer prekärere Situationen mit sich bringen. Angesichts der Anstrengungen des Landkreis in Sachen Bildung sieht er da vor allem den Freistaat in der Pflicht. „Zu wünschen wäre, dass den Schulen von staatlicher Seite her genügend Lehrkräfte zur Verfügung gestellt werden können.“

Auch den Landkreis in die Pflicht nehmen bei den Fachkräften will der stellvertretende FW-Fraktionschef Helmut Bauz. Weitere Investitionen seien unabdingbar, allerdings müsse er etwas Wasser in den süßen Wein gießen: „In Zeiten des sich immer mehr verschärfenden Fachkräftemangels müssen die Bemühungen unseres Landkreises, die jungen Menschen zu halten und hier auszubilden, weiter verstärkt werden.“ Die Bemühungen zur Ansiedlung einer höheren Bildungsstätte sollten forciert werden. Aus Sicht der FW könne auch gerne die Berufsschule ausgebaut werden. Fazit: „Neben Investitionen in Gebäude und Technik müssen die Anstrengungen für Konzepte und Zukunftsideen verstärkt werden.“

Auf das Thema Klima ein ging vor allem Birgit Helbig von den Grünen. Der Sommer sei ja schon mal ein Vorgeschmack auf den Klimawandel gewesen. „Aber wir haben es ja euch schon immer gesagt.“ Wie weit könnte man sein, hätte man nicht immer nachhaltige Projekte behindert. So gar nicht einverstanden zeigte sie sich mit so mancher Tiefbaumaßnahme. Die 3,7 Millionen Euro teure Ortsdurchfahrt von Wernfels bezeichnete sie als „Canyon“, der nur „autogerecht“ sei.

Auch Ecksteins stolze Verweise auf das Biomasseheizwerk teilt Birgit Helbig nicht. Hackschnitzel und Pellets seien nicht die Zukunft. „Wälder haben andere Aufgaben.“ Lob gab es dagegen für Klinik und Schulen. „Nur Bildung wappnet uns gegen die Spaltung der Gesellschaft.“

Ziemlich einig war man sich im Übrigen, die Energieagentur ENA des Landkreises personell weiter aufzustocken. Sogar bei der CSU hieß es: „Wir glauben, dass weitere Stellen für diesen wichtigen Zukunftsbereich unbedingt notwendig sind. Miteinander für einen möglichst klimaneutralen Landkreis.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

HK