Wenn Hans Raithel beim Schwimmstart an der Lände die Startfahne senkt, zieht sein Team die Leinen hoch, ein Donnerschlag ertönt und bombastische Musik setzt ein. Seit 40 Jahren ist er jener Mann, der kraft seines Amtes als „Wettkampfleiter Schwimmen“ die Triathlon-Maschinerie zum Laufen bringt. Wenn es denn einer Symbolfigur für 40 Jahre Triathlon im Landkreis Roth bedarf, heißt sie mit Fug und Recht Hans Raithel (67).
Als Kommunalpolitiker, Wasserwachtler, BRK-Helfer und Triathlon-Volunteer der ersten Stunde ist Raithel ein Vorbild für das Ehrenamt, beginnt doch am 7. Juli der Wettkampftag wie immer morgens um 3.30 Uhr an der Lände Hilpoltstein. Drei Stunden später wird dann an der von Raithel und Co. sicherlich wieder perfekt vorbereiteten Schwimmstrecke der erste Startschuss fallen. 32 Bojen gewährleisten dann den insgesamt 5000 Schwimmerinnen und Schwimmern wieder eine weitgehend problemlose Orientierung im Kanal. Dazu sorgen rund 350 Männer und Frauen in ihren diesmal marineblauen Helfershirts am Ufer, in Rettungsbooten oder in Begleitkajaks für die nötige Sicherheit der Sportler bei der ersten Disziplin des Ausdauerdreikampfes.
Miteinander unter Helfern groß geschrieben
1984, als Hubert Schwarz, unter der Ägide von Triathlon-Pionier Detlef Kühnel einer der ersten Wettkampfleiter, den damals 27-jährigen Mitbegründer der 1975 aus der Taufe gehobenen Rother Wasserwacht, Hans Raithel, die Aufgabe der Sicherheit an der Schwimmstrecke übertrug, war das Geschehen zwar noch etliche Nummern kleiner als heute. Doch großgeschrieben wurde damals schon das Miteinander unter den Helfern. Und seit dieser Premieren-Veranstaltung hat Hans Raithel nie gefehlt, wenn am Kanal die Schwimmdisziplin vorbereitet wurde beziehungsweise Wasserwacht und BRK am Wettkampftag für Notfälle bereitstanden.
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Hans Raithel erlebte den Werdegang des Triathlons im Landkreis Roth vom Franken-Triathlon mit 83 Startern über den Ironman Europe bis hin zum weltweit teilnehmerstärksten Langdistanz-Triathlon in all seinen Facetten hautnah mit. Für den selbstständigen Steinmetz gab es auch kein Überlegen, als nach der Ironman-Ära die Familie Walchshöfer mit dem Challenge einen Neuanfang wagte. Mit Hans Raithel machten sich die allermeisten Helferinnen und Helfer zu neuen Ufern auf. „Roth bleibt Roth“, versinnbildlichten die Medien diese Aufbruchstimmung.
Extra Urlaub für Challenge genommen
Die hohe Motivation seiner Mannschaft erleichterte Hans Raithel von Anfang an den Job als Wettkampfleiter Schwimmen. „Ich muss nie groß bitten oder betteln, ganz im Gegenteil“, erzählt Raithel. „Meine Helfer und Helferinnen arbeiten konstruktiv mit und halten sich mit Ideen und Vorschlägen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Aktiven nicht zurück.“ Als beredtes Beispiel für die Bereitschaft, am sportlichen Großereignis im Landkreis Roth mitzuwirken, erzählt der Wettkampfleiter die Geschichte einer Weißenburgerin, die seit vielen Jahren in Australien lebt, aber stets ihren Jahresurlaub so terminiert, dass sie in der Challenge-Woche an der Schwimmstrecke als Helferin im Einsatz sein kann.
Dass der Rother Triathlon im Landkreis Roth dank seiner vorbildlichen Organisation, Tausenden von Helfern, einer stets tollen Wettkampfatmosphäre und Weltbestleistungen am laufenden Band von Jahr zu Jahr an Stellenwert gewinnt, wird Hans Raithel umso deutlicher, wenn er die Programmhefte von einst bis heute durchstöbert beziehungsweise die vielen Zeitungsartikel, die in seinem Büro lagern, überfliegt. Um sich an eine Geschichte zu erinnern, die selbst dem Gemütsmenschen Hans Raithel den Schweiß auf die Stirne trieb, muss er nicht groß nachblättern. Sie hat sich in sein Gedächtnis eingebrannt wie keine andere bei seinem Job als Wettkampfleiter.
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2013 hatte das Schifffahrtsamt zwei Tage vor dem Wettkampftag die Freigabe des Kanals plötzlich zurückgezogen. Grund: Nach einem Streik der Schleusenwärter hatten sich in Bamberg und Kelheim jeweils einige Dutzend Schiffe angestaut, die die Behörden ohne weitere Verzögerung durchschleusen wollten. Die Telefondrähte glühten, als die Rother Organisatoren über Marlene Mortler (MdB) sowie die Landtagsabgeordneten Manfred Weiß und Peter Hufe in Berlin und München vorstellig wurden. Die Weisung des damaligen Bundesverkehrsministers Peter Ramsauer erreichte gerade noch rechtzeitig die Schifffahrtsbehörde, die daraufhin grünes Licht für Hans Raithel und sein Team zum Aufbau der Schwimmstrecke gab.
Neben stoßweise Programmheften und Zeitungsartikeln stapeln sich im Haus des zweifachen Familienvaters Hans Raithel auch Helfershirts aus 40 Jahren Triathlon. Mit einer Ausnahme: Das Hemd vom ersten Franken-Triathlon hat es nicht in den heimischen Kleiderschrank geschafft. Vielleicht lag es daran, dass man 1984 mit einem Shirt, auf dem auf der Rückseite das Logo des Hauptsponsors prangte, noch ein wenig fremdelte. Das pharmazeutische Unternehmen Pfrimmer gewährte damals den Rother Triathlon-Pionieren die nötige Starthilfe. Inzwischen gelten die optisch stets ansprechend gestalteten Helfershirts längst als Auszeichnung und werden nicht mehr nur an den Wettkampftagen getragen.
Traurige Momente überschatten die Stimmung
In 40 Jahren als Wettkampfleiter Schwimmen gab es für Hans Raithel leider auch ausgesprochen traurige Momente. Drei Schwimm-Wettkämpfe wurden in der Vergangenheit von tragischen Todesfällen überschattet. „Unser Rettungssystem hat zwar tadellos funktioniert, doch das Schlimmste ließ sich leider nicht verhindern.“ Diese tragischen Ereignisse würden aber auch zeigen, so Raithel weiter, wie wichtig es gerade bei der großen Masse von Schwimmerinnen und Schwimmern ist, dass die Vorkehrungen für Notfälle einen möglichst hohen Standard aufweisen.
Nichtsdestotrotz ist das Aufatmen im Challenge-Büro jedes Mal groß, wenn Hans Raithel per Smartphone verkündet: „Alle sind durch, keine Probleme.“ Bleibt zu hoffen, dass es auch am 7. Juli so sein wird.
HK
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