Es ist vor gut zehneinhalb Jahren nicht gerade einfach gewesen, die Staatliche Wirtschaftsschule Greding (WSG) in aller Eile aus dem Boden zu stampfen. Das Kultusministerium hatte sein Okay für die neue Einrichtung nach einigem Zögern ziemlich spät gegeben. Das Zaudern von damals ist längst der Freude über den Erfolg gewichen. Jetzt hat das den Landkreis – und damit auch Bezirksgrenzen übergreifende Kooperationsprojekt seinen ersten runden Geburtstag gefeiert.
Zum etwas verspätet gefeierten Geburtstag präsentiert sich die Wirtschaftsschule nicht nur selbst von ihrer schönsten Seite, sondern trägt auch ihrer Aufgabe als berufsvorbereitende Schule Rechnung. Sie lädt parallel nämlich zu einer großen Ausbildungsmesse ein. Beide Ansinnen sind letztlich von Erfolg gekrönt – wiederum im Geiste der Zusammenarbeit, wie die Schule selbst, bei deren Umsetzung sich Mittelschule Greding und Berufsschule Eichstätt seit einem Jahrzehnt die Hand reichen.
Innovationen wirken auf junge Leute anziehend
Schon im Eingangsbereich treffen beide Welten aufeinander. Dort ist es der 19-jährige Timo Paul, der sich interessiert am Messestand der Euerwanger Maschinen- und Metallbaufirma Kirschner umsieht. Der junge Offenbauer kennt die Aula noch bestens aus seiner eigenen Wirtschaftsschulzeit. Nun zeigt er sich „nicht abgeneigt“, in Euerwang ein Praktikum zu absolvieren. „Einfach mal reinschnuppern!“, empfiehlt da auch der Geschäftsführer des Unternehmens, Roman König. Und präsentiert dem potenziellen neuen Mitarbeiter einen Fünffachschrauber für Autoräder. Ein Teil, „das wir selbst entwickeln, konstruieren und herstellen“, so der Chef, der auf die Vielfalt seiner Branche auch aufgrund deren Mannigfaltigkeit an Werkstoffen und anderen Materialien schwört.
Auch bei den anderen Ständen ist man erfreut über die positive Resonanz und das rege Interesse. „Wichtig ist, dass die jungen Leute sich an die verschiedenen Berufe herantasten können“, findet König. Das sieht Altbürgermeister Otto Heiß ganz ähnlich, der zwar keinen Job mehr sucht, sich dennoch in dem Schulhaus blicken lässt, für das er einst als Stadtchef verantwortlich war. Messe wie Schule „sind eine Bereicherung für die junge Generation und die Stadt“, lobt er, während er ein kleines Möbelstück begutachtet.
Es gehört ins Sortiment des Grafenberger Badmöbelherstellers Burgbad. Schnell ergibt sich ein reges Gespräch mit Nadine Meyer, die dort ein duales Studium absolviert hat und nun in der Personalabteilung für die Azubis zuständig ist. Einer von ihnen war auch Lukas Huber, der sich als Industriekaufmann um den Einkauf kümmert. Dritte im Bunde ist Carina Holland, die den Projektvertrieb stemmt. Junge Karrieren, die auch Wendelin Ferstl begeistern, Leiter sowohl der Eichstätter Berufsschule wie auch der WSG.
Er sah im Nachhall der schwierigen Corona-Zeit die Not der Firmen, Fachkräfte zu finden, und wollte sie deswegen mit der Wirtschaftsschule zusammenbringen. „Neue Begegnungsformen schaffen“, formuliert er seine Intention. Was lag da näher als eine solche Doppelveranstaltung?
Schulprofil steht vor grundlegender Erweiterung
Die Schule selbst ist auch im Jubiläumsjahr mit Weiterentwicklung beschäftigt. Neue Module sollen hier in zwei Jahren Einzug halten. Welche das sind, steht noch nicht letztgültig fest, es gilt, aus einer ganzen Palette auszuwählen. „Fit for finance“, „Robotik“, „Gamification“ oder doch „Umweltökonomie und Tourismus“?
Für den richtigen Blick in die Arbeitswelt sorgt am Jubiläumstag auch das Aufsetzen einer VR-Brille, die virtuelle Arbeitserfahrung vermittelt. „Wir wollen solche neuen, digitalen Möglichkeiten bewusst nutzen“, bekräftigt Ferstl, die handwerkliche Herangehensweise aber nicht vernachlässigen: „Die gesunde Mischung macht’s.“
Beim Tag der offenen Tür darf man da auch mal den Rahmen des Schulalltags sprengen und so können sich die Besucher auch mal im Escape Room versuchen. „Erlebnispädagogik gehört einfach dazu,“ betont der Schulleiter. Das fördere die „Kompetenz des Miteinanders“.
Die ist auch bei einem Herzstück der Wirtschaftsschule gefragt – dem Übungsunternehmen. Hier werden Inhalte verschiedener Fächer in die Praxis umgesetzt. Der Computer simuliert das Ergebnis. „Das ist wie ein Spiel, es macht richtig Spaß“, sagt etwa Igor, der sich in der virtuellen Großhandelsfirma um den Einkauf von elektronischen Produkten kümmert. Und sie schnell bezahlt, um sich das Skonto zu sichern. An den Kunden bringen sie nicht nur Lukas und Jonas, sondern auch Emely, die den firmeninternen Highscore beim Verkauf anführt. Was bei all den digitalen Finessen etwas verwundert, ist, dass hier analoge Ordner gewälzt werden. „Aber da erfolgt bald die Umstellung“, so der Schulleiter.
Der Umgang mit Kunden will durchaus gelernt sein
Mit richtiger Kritik lernen die Schüler vor allem dann umzugehen, wenn das Bearbeiten von Reklamationen eingeübt wird. Da heißt es dann „höflich, aber bestimmt zu formulieren“, erklärt Ferstl, der nicht nur gerne seine Schüler, sondern auch die Lehrer lobt: „Sie sind alle mit Herzblut dabei. Menschlich passt es bei uns einfach.“
Vor zehn Jahren war der Weg nach dem Start allerdings noch sehr uneben. „Aber es gab zum Glück viele Problemlöser“, ist der heutige Chef rückblickend erleichtert. So sei es gelungen, die Schuleinrichtung immer weiter aufzubauen. Vor zwei Jahren erst ein weiterer großer Schritt: Die Umstellung von der Drei- auf die Vierstufigkeit: „Seither geht es bei uns schon mit der siebten Klasse los.“ Der Einzugsbereich erstreckt sich dabei von Allersberg bis Denkendorf. Diese weite Öffnung sei auch ein Schlüssel zum Erfolg, wie der Schulchef betont. Derzeit besuchen 49 Mittelfranken und 30 Schüler aus dem Landkreis Eichstätt die Einrichtung.
HK
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