Landkreis Roth
Düstere Worte beim nachgeholten IHK-Neujahrsempfang: „Die fetten 16 Jahre ungenutzt verstreichen lassen“

25.05.2022 | Stand 22.09.2023, 22:54 Uhr

Die enormen Auswirkungen der Pandemie und der russischen Invasion in der Ukraine bezeichnete der Vorsitzende des IHK-Gremiums im Landkreis Roth, Joachim von Schlenk, noch gar nicht mal als die größten Probleme der Gegenwart. Foto: Münch

Von Jochen Münch

Roth – Die unbeschwerte Stimmung im Rother Schlosshof hielt nicht allzu lange. Denn die allgemeine Freude darüber, dass es erstmals seit langem wieder ein größeres Unternehmertreffen im Landkreis Roth geben konnte, wich schnell dem bitteren Ernst der Lage.

So zeichnete Joachim von Schlenk (Foto: Münch) , der Vorsitzende des IHK-Gremiums im Landkreis Roth, in seiner Rede beim nachgeholten Neujahrsempfang ein äußerst düsteres Bild der wirtschaftlichen Situation. Die enormen Auswirkungen der Pandemie und der russischen Invasion in der Ukraine bezeichnete der Vorstandsvorsitzende der Belmbracher Carl Schlenk AG aber noch gar nicht mal als die größten Probleme der Gegenwart: „Die Mutter aller Probleme ist unser massives Demographieproblem“, sagte von Schlenk.

Um die Altersversorgung zu sichern, würden immer gewaltigere Kosten auf die Steuerzahler zukommen – also besonders auf die Unternehmer und die immer weniger werdenden Arbeitskräfte. Dabei werde das Geld doch schon an anderer Stelle dringend gebraucht, nämlich um den Umbau hin zu einer ökologischen und vor allem klimaneutralen Wirtschaft zu stemmen.

Die deutsche Ausgangslage für diese „Jahrhundertaufgabe“ sieht von Schlenk als unbefriedigend. In den „fetten 16 Jahren“, die es während der Kanzlerschaft von Angela Merkel gegeben habe, habe man den Standort Deutschland so gut wie nicht nach vorne gebracht. „Wir haben diese Zeit, in der wir so viel Rückenwind hatten, ungenutzt verstreichen lassen.“

Die Unternehmerschaft schloss der Vorsitzende des IHK-Gremiums in seine Kritik ausdrücklich ein. „Wir nehmen uns nicht ausreichend Zeit, die Gesetzesvorlagen auf ihre Auswirkungen zu prüfen, und wir versuchen zu wenig, unsere Volksvertreter zu erreichen, um ihnen unsere Dilemmas zu erklären.“ Geschuldet sei dieser Zeitmangel aber nicht zuletzt dem immer größer werdenden Aufwand, Personal zu finden, und den sich „fast täglich erhöhenden Regulierungsvorhaben“.

Für die nächste Generation könne es in diesem Umfeld viel interessanter sein, ein „schickes schlankes Start-up“ zu gründen als in einem bestehenden Unternehmen soziale Verantwortung zu übernehmen und die Altlasten der Gegenwart aufzuarbeiten. „Demotivieren wir diese Generation nicht.“

Deshalb kam von Schlenk auch auf die Chancen der heutigen Zeit zu sprechen, und zwar nicht nur für die Hochtechnologie, sondern selbst für aktuell so problembehaftete Branchen wie die Gastronomie. „Wenn wir aber wollen, dass das Wirtshaus im Ort an die nächste Generation übergeben wird, dann braucht der Wirt auch Zeit, um sich zu bilden, seine Produkte zu verbessern. Und Geld, um einen Lieferservice zu organisieren. Wenn er aber für seine Vorhaben das ganze Haus neu beantragen und komplett umbauen muss, lässt er es halt bleiben.“ Und dann werde das Wirtshaus am Ende eben nur noch an Monteure vermietet.

HK