Kein Kraut gewachsen?
Der Klimawandel verschärft den Kampf gegen Blaualgen – Altmühlsee ganz besonders betroffen

22.01.2025 |

Bei der Fachtagung im Altmühlsee-Informationszentrum in Muhr am See suchen Vertreter unterschiedlichster Fakultäten nach Lösungen. Foto: AIZ

Wie entwickelt sich die Wasserqualität der Speicherseen im Fränkischen Seenland in Zeiten des Klimawandels? Dies war die Grundfrage, die in der Fachtagung zur Entwicklung der Altmühlseeregion in Muhr am See (Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen) im Mittelpunkt stand.

  

Das Wasserwirtschaftsamt Ansbach hatte hierzu Vertreter der Politik, der Fachverwaltungen, Universitäten und Betroffene zu einer Fachtagung nach Muhr am See in das Altmühlsee-Informationszentrum (AIZ) eingeladen.

Auslöser für Algenwachstum ist ein Zuviel an Nährstoffen, die in den See gelangen. Überlagert wird dies seit einigen Jahren durch die Auswirkungen des Klimawandels, wie längere und wärmere Trockenphasen. Diese verschärfen die Problematik bei Seen, vor allem des Altmühlsees, bei dem im vergangenen Jahr ein massives Aufkommen von Blaualgen zu verzeichnen war.

Neue, interdisziplinäre Ansätze



Bereits 2009 und 2010 waren Seenlandkonferenzen einberufen worden, um intensiv an einer Verbesserung der Situation für den Altmühlsee zu arbeiten. Nun war es unter dem Eindruck des Klimawandels erforderlich, die bisherigen Anstrengungen zu reflektieren und neue, interdisziplinäre Ansätze zu entwickeln, die die Region weiter zukunftsfähig machen.

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Wasserwirtschaft, Jagd, Fischerei, Kommunen und Tourismus haben sich vor 15 Jahren auf einen Maßnahmenplan zur Bekämpfung der Blaualgenproblematik verständigt. Vieles wurde seitdem realisiert. Seitens der Wasserwirtschaft wurden die damals beschlossenen Maßnahmen umgesetzt – sowohl im Oberlauf des Sees, um die zufließende Nährstofffracht zu reduzieren, aber auch im See, um die Wasserqualität zu verbessern.

Leistungsfähigere Kläranlagen



So haben die betroffenen Kommunen im Oberlauf des Atmühlsees nachgerüstet, umgebaut oder an leistungsfähigere Kläranlagen angeschlossen. Durch diesen Kraftakt gelangen nun rund vier Tonnen Phosphor pro Jahr weniger in die Altmühl.

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Die ökologische Umgestaltung der Altmühl oberhalb des Sees schreitet voran. Naturnahe Ufer mit ausreichend Beschattung verbessern den Lebensraum, kühlen das Gewässer ab und reduzieren den Eintrag von Nährstoffen.

Jährliche Entnahme von Sedimenten



Durch die jährliche Entnahme von Sedimenten aus dem See wird der Nährstoffpool reduziert. Bislang wurden dem See rund 90 Tausend Kubikmeter Schlamm entnommen.

Über 440 Tonnen Friedfische wurden seit 2002 entnommen. Ein ausgewogener Fischbestand ermöglicht das Aufkommen von Zooplankton, welches die Algen dezimiert.

Wasserpflanzen wurden durch das Wasserwirtschaftsamt eingebracht und haben sich zwischenzeitlich auch natürlich im Altmühlsee etabliert. Diese entnehmen Nährstoffe aus dem Wasser und entziehen den Algen so die Nahrungsgrundlage. Klares Wasser gibt es nur mit einer hohen Wasserpflanzendichte. Somit wäre ein Kraut gegen die Algenplage gewachsen, allerdings wäre ein deutlich größerer Bedeckungsgrad im See erforderlich.

Sichttiefe nahm zu, Algendichte nahm ab



All dies führte zu einer Verbesserung der Situation. Die Sichttiefe nahm stetig zu, die Algendichte nahm ab und Wasserpflanzen kamen auf. Aber höhere Jahresdurchschnittstemperaturen und mildere Frühjahre machen sich vor allem bei Seen bemerkbar. Blaualgen bekommen so durch den Klimawandel immer bessere Wachstumsbedingungen und setzen sich gegenüber „normalen“ Algen durch. Dies belegen weltweit verstärkt aufkommende Blaualgenvorkommen. Diese langsam fortschreitende Entwicklung konterkariert die erzielten Verbesserungen auch am Altmühlsee.

Die neue Situation erfordert neue Lösungsansätze. Aber auch bereits bekannte Aspekte, wie ein Übermaß an Wasservögeln oder Fischen stellen nach wie vor ein Problem dar. Die zur Verbesserung der Sichttiefe dringend nötigen Wasserpflanzen werden durch Wasservögel und Fische dezimiert.

Folgetagung im Sommer



Die Universität Bayreuth und die TU München haben sich intensiv mit der Situation am Altmühlsee beschäftigt und dem Gremium die Grundlage für mögliche Abhilfemaßnahmen dargelegt. Unabdingbar ist die weitere Reduktion der Nährstoffe aus dem Einzugsgebiet des Altmühlsees. Neu und prekär ist die Tatsache, dass die rund 800 Tausend Kubikmeter Sedimente im See mehr Probleme bereiten als angenommen. Einerseits wandern sie langsam in Richtung Großer Brombachsee und andererseits führt die höhere Wassertemperatur zu einer erhöhten Rücklösung der Nährstoffe in den See. Blaualgen sind ein Gewinner des Klimawandels.

Bis zu einer Folgetagung im Sommer ist jeder gehalten, Vorschläge bezüglich deren Realisierbarkeit zu prüfen. „Wichtig waren mir heute drei Aspekte“ so Thomas Keller, Leiter des Wasserwirtschaftsamts Ansbach: „Erstens, dass wir uns gemeinsam die Zeit nehmen, um zweitens die komplexen Zusammenhänge fachlich fundiert zu diskutieren und dann drittens jeder – für seinen Bereich – die Dinge anpackt.“

HK

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