Ende einer Ära
Das Hilpoltsteiner Kult-Café Grimm steht zum Verkauf

Georgi und Thilo Grimm hoffen auf Weiterführung durch neue Betreiber – 103 Jahre Familientradition

16.12.2022 | Stand 17.09.2023, 8:20 Uhr

Ein gastronomisches Markenzeichen von Hilpoltstein ist das Café Grimm in der Christoph-Sturm-Straße. Seine Zukunft steht in den Sternen. Foto: Auer

Von Viola De Geare

Hilpoltstein – Die Gerüchteküche brodelt in Hilpoltstein schon länger: Schließt das Café Grimm in der Altstadt etwa zum Jahreswechsel? Nein, sagt Inhaber Thilo Grimm, und das haben er und seine Mutter Georgi in den vergangenen Tagen auch unablässig den besorgten Gästen erklären müssen. Und dennoch könnte sich etwas gravierend ändern.



Denn: Das ganze Anwesen mit dem markanten weiß-blauen Fachwerkhaus von 1450 steht seit Neuestem zum Verkauf. Kürzlich haben die beiden auf einer Online-Immobilienbörse eine Verkaufsanzeige eingestellt. Damit ist die Katze aus dem Sack.

Gesucht wird jemand, der alles kauft und im Idealfall das Traditions-Café fast wie gehabt weiterbetreibt. Schließlich ist das Café in Hilpoltstein eine Institution mit Kultstatus. So dient es unter anderem den hiesigen Künstlern mit monatlich wechselnden Ausstellungen als Galerie und prägt in der warmen Jahreszeit mit seinen Tischen unter freiem Himmel die Altstadt. Ob sich aber jemand findet, steht in den Sternen.

Anzeige für Gesamtpaket ging kürzlich online



„Unser Ziel ist es, jemanden zu finden, der alles übernimmt und auch das Haus kauft“, erklärt Thilo Grimm. „Ideal wäre wieder eine junge Betreiberfamilie, die oben wohnt und unten das Café betreibt.“ Ganz ähnlich also wie die Grimms, die das Café mit Thilo und seinem Bruder Harry Grimm in der vierten Generation betreiben – schon seit 103 Jahren. Vor fünf Jahren musste Harry Grimm aus gesundheitlichen Gründen aus dem Betrieb ausscheiden, 2020 starb Hans Grimm, der Vater von Thilo und Harry und Ex-Mann von Georgi, der Thilo Grimm als Konditor in den vergangenen Jahren wieder in der Backstube unterstützt hatte. Viel Arbeit für zwei Personen, zumal Georgi Grimm inzwischen 71 Jahre alt ist. Schon seit 53 Jahren ist sie Dreh- und Angelpunkt in Café und Küche. Immerhin wurden in jüngster Zeit die Öffnungszeiten verkürzt.

Eilig haben es die beiden aber nicht mit dem Verkauf: „Wir machen auf jeden Fall weiter, so lange es Spaß macht und das tut es noch immer“, sagt Thilo Grimm. Ihm sei wichtig, dass sich ein engagierter und qualifizierter Nachfolger findet. Doch das ist nicht so einfach. Bei Gastroverbänden habe man bereits nachgefragt, erzählt Grimm. Aber mögliche Interessenten sind rar und vor allem vorsichtig: Die wirtschaftlichen Gesamtumstände sind momentan in der Gastronomie nicht gerade günstig.

Welches Konzept ein Nachfolger anstrebt, ist Thilo Grimm gar nicht so wichtig. „Ich kann mir vieles vorstellen, aber es wäre wünschenswert, wenn es gastronomisch weitergeht.“ Einig sind sich Mutter und Sohn aber in einem: „Wir wollen nicht, dass das Haus ein Spekulationsobjekt wird. Das kommt nicht in Frage.“

Handwerkerhaus mit wechselvoller Geschichte



Das traditionsreiche Haus, in dem Xaver und Marga Grimm am 26. Oktober 1919 ihr Café eröffnet hatten, wurde bereits 1450 als Bürgerhaus gebaut. Sein Fachwerk erhielt es aber erst 100 Jahre später. Allerdings war dieses Fachwerk verputzt – erst vor etwa 35 Jahren wurde es freigelegt. Vor der Übernahme durch Xaver Grimm hatte es eine wechselvolle Geschichte und eine ganze Reihe von verschiedenen Besitzern hinter sich – zumeist lebten und arbeiteten hier Handwerker: Schneider, ein Zimmermann, Schuster und Bäcker. 1808 wurde das Gebäude erstmals gastronomisch genutzt, als Schenke. Und das blieb es auch, bis Xaver Grimm hier sein Café samt Konditorei eröffnet. Wobei der erste Grimm ein vielseitiger Geschäftsmann war: Er betrieb zugleich einen Tabakverkauf, handelte mit Kohle, war als Fuhrunternehmer tätig und hatte sogar noch einen kleinen, ans Café angegliederten Kolonialwarenladen.

HK