Pflege im Landkreis Roth
Bewusstsein für Demenz in Gesellschaft tragen

Bayerische Demenzwoche für Landkreis in Allersberg eröffnet

20.09.2023 | Stand 20.09.2023, 5:00 Uhr

Alltagshelfer für Menschen mit Demenz zeigt Carmen Fuhrmann (oben). Fotos: Pannenberg

Die Willkommensworte zur Eröffnung der Bayerischen Demenzwoche im Landkreis Roth von Allersbergs Bürgermeister Daniel Horndasch (parteilos) über die Krankheit waren wegweisend für die Notwendigkeit von Information, Beratung und Aufklärung. 50 bekannte Arten von Demenz seien derzeit erforscht, wobei davon zwei Krankheitsbilder besonders oft auftreten. Der Verlauf gestalte sich für Betroffene und Pflegende meist schwerwiegend, wenn Veränderungen zu spät erkannt würden.

Gleichzeitig bedankte sich Horndasch für die Ausstellung der Foto- und Videofreunde der Marktgemeinde.

Er würdigte auch die Arbeit von Eugen Czegley, Beauftragter für Senioren und Menschen mit Handicap in der Marktgemeinde Allersberg, und bedankte sich bei ihm für die herausragenden Tätigkeiten, die er für Allersberg leiste.

Psychische und körperliche Belastung für Pflegende

Anfangs übermittelte Czegley digital die Ansprache des Bayerischen Staatsministers für Gesundheitsminister und Pflege Klaus Holetscheck. Über 75 Prozent der mehr als 490000 in Bayern lebenden Pflegebedürftigen würden zuhause versorgt. Für diese Aufgabe, die teilweise mit körperlichen aber auch mit psychischen Belastungen einhergehe, sei die Bayerische Demenzwoche ins Leben gerufen worden. Dadurch bekomme das Krankheitsbild immer mehr Aufmerksamkeit. Diese Entwicklung sei wichtig und richtig, da eine steigende Tendenz der Erkrankung zu verzeichnen sei.

Schirmherr Ben Schwarz eröffnete die Veranstaltungsreihe der 4. Bayerischen Demenzwoche für den Landkreis. Wie viele prominente Menschen schloss auch er sich der bundesweiten Aktion #bademantelchallenge an und kam solidarisch im Bademantel. Die Aktion will Aufmerksamkeit auf die Vielzahl der Menschen mit Alzheimer oder einer anderen Form der Demenz lenken. Schwarz hofft, dass mehr und mehr eine Enttabuisierung der Erkrankung stattfinde und berichtete über persönlich erlebte Vorgänge, wie in früheren Jahrzehnten damit umgegangen worden sei.

Es sei wichtig, über Rituale und Alltagsfloskeln zu sprechen, denn je mehr Demenz sichtbar gemacht werde, umso mehr Wirkung erreicht die Erkrankten, aber auch die dadurch betroffenen Familien und Pflegenden.

Mittlerweile sei fast jede Familie betroffen oder kenne zumindest eine Person, die betroffen sei, berichtete Schwarz. Auch deshalb sei es ihm ein Anliegen die Veranstaltungsreihe im Bademantel zu eröffnen, so dass die Botschaft der Solidarität nach außen getragen werden.

Botschaft der Solidarität nach außen tragen

Nina Gremme von der Fachstelle für Demenzerkrankungen des Bezirks Mittelfranken konnte eindrucksvoll das Krankheitsbild schildern, in dem sie von „normalem Vergessen“ bis hin zu sichtbaren Zeichen des Krankheitsbildes informierte. Die diversen Varianten der Krankheit sind sehr vielfältig. Es gibt Erkrankte, die laut rufen oder einen auffälligen Bewegungsdrang haben, schilderte die Fachfrau, genauso wie das Verwechseln bei Alltagsdingen, zum Beispiel von Messer und Gabel. Demenz heißt „abnehmender Geist“, betroffen ist das Gedächtnis, also eine Orientierungsstörung.

Der Mensch bleibe der gleiche, auch wenn er sich anders verhalte, so Gremme. Es handele sich um eine degenerative Erkrankung, für die es kein Medikament gebe. Dass dies in Zukunft der Fall sein wird, ist derzeit noch schwer vorstellbar, denn wie sollten „abgestorebene Zellen“ behandelt werden?

Lindern oder verzögern sei eventuell möglich. „Demenz ist eine Krankheit, die von der Gesellschaft bewusst angenommen und betrachtet werden sollte“, so Gremme. Herausforderungen besser bewältigen zu können, sei das erste naheliegende Ziel. Jede Information sei daher sinnvoll oder notwendig.

Dass Betroffene und Angehörige Ansprechpartner und Anlaufstellen finden und erfahren, dass sie mit der Krankheit nicht alleine da stehen, sei ein großes Thema bei der Bayerischen Demenzwoche.

Carmen Fuhrmann, zuständig für Seniorenarbeit am Landratsamt Roth, war bei der Auftaktveranstaltung vertreten und konnte viele Alltagshelfer zeigen, so dass Menschen noch lange in ihrem gewohnten Umfeld verbleiben können. Es gab schiefe Teller zu betrachten, die das Essen erleichtern oder Hebel, um ohne Anstrengung Stecker aus der Steckdose zu ziehen. Nachtlichter und verschiedene Gläser- oder Flaschenöffner konnten ebenfalls getestet werden.

Infos in Musterwohnung Tabea sammeln

Alle Hilfsangebote stammten aus der Musterwohnung Tabea in Roth, die jeden Donnerstag von 9 bis 13 Uhr geöffnet ist. Vorgestellt wurde auch ein Ordner, in dem alle persönlichen Daten eingetragen werden können. Hier sind Informationen vom Haustier bis zur eigenen Einnahme von Medikamenten möglich, damit Angehörige oder Notfallpersonal in kurzer Zeit über Wesentliches Bescheid wissen. Diese Ordner gibt es zum einen in der Musterwohnung, beim Landratsamt oder den Gemeinden käuflich zu erwerben.

Die künstlerisch-kreative Begleitung gestalteten die Foto- und Videofreunde der Marktgemeinde. Die Ausstellung besonders schöner Bilder, mit sich teilweise überlagernden Motiven, war ein Augenschmaus. Viele Bilder konnten auch käuflich erworben werden, andere suchen noch ein neues Zuhause. Der eingenommene Betrag wird im Rahmen der Veranstaltung gespendet. Ein eigener Bereich mit Fotos wurde von Eugen Czegley gestaltet. Die Ausstellung der Menschen, die an Demenz erkrankt waren, war im Eingangsbereich der Ausstellung zu sehen. Diese Fotos bekommen die Erkrankten nach den Veranstaltung zu ihrer persönlichen Verfügung.

HK