Landratswahl Roth 2023
Ben Schwarz punktet mit Erfahrung und konkreten Projektvorhaben

Kandidat von SPD und Grünen will nicht Verwalter, sondern Gestalter der Zukunft sein

17.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:29 Uhr |

„Sie merken, ich brenne für die Themen“: Ben Schwarz legt in Thalmässing seine Vorstellungen der Kreispolitik frei redend, aber sehr klar strukturiert dar. Foto: Luff

Die Parallelen zu den jüngeren Ereignissen in der Marktgemeinde sind augenfällig, die Ben Schwarz, gemeinsamer Landratskandidat von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, bei seiner Wahlveranstaltung vor gut 40 Leuten in Thalmässing aufzeigt. Auch in Georgensgmünd musste seinerzeit nach dem Tod der Amtsvorgängerin alles ganz schnell gehen. Schwarz, erst drei Jahre zuvor erstmals in den Gemeinderat gewählt, wurde Bürgermeister.



Es ist ein großes Pfund in seiner Vita – und damit ein deutlicher Fingerzeig, wie es mit ihm als Landrat laufen soll: Ben Schwarz ist Integrationsfigur, nach allen Seiten hin kompatibel. Er wurde damals – natürlich – auf Vorschlag seiner SPD aufgestellt. Doch auch von der CSU. Der Ortsverband nominierte ihn sogar als ihren eigenen Kandidaten, ein Novum. „Das war das erste Mal in Bayern überhaupt.“ Im Vorfeld seiner zweiten und aktuellen Amtszeit wiederholte sich dieses außergewöhnliche Prozedere. Sein Ergebnis von 97,95 Prozent bei der Wahl 2017 übertraf sogar deutlich die Ergebnisse von Landrat Herbert Eckstein und später auch von Thalmässings Bürgermeister Georg Küttinger, die zuletzt ebenfalls keinen Gegenkandidaten hatten.

Menschen mitnehmen mit integrierendem Charakter

Dass Ben Schwarz immer Mitstreiter findet, hat ihm zufolge nicht nur mit seinem integrierenden Charakter und damit mit seiner Politik zu tun, sondern fußt auch auf Erfolgen: „Ich spreche nicht nur in ,hätte, könnte, sollte – machen!’“ Der Praktiker hat sich viele Gedanken gemacht, was im Landkreis gut läuft. Und wohin der Weg unter seiner Führung gehen würde. Diesen zeigt er strukturiert auf – nicht ohne vorher die Leistungen des verstorbenen Bürgermeisters Georg Küttinger – „ein feiner Mensch“ – zu würdigen. Dieser habe „es geschafft, die Menschen mitzunehmen, das wünsche ich dem Hannes Mailinger auch“. Warmer Applaus aus dem Publikum.

Das Mitnehmen gibt Schwarz gleichsam das Stichwort für eines der Themen, die ihm „am Herzen liegen“: Mobilität. Es sei klar, dass man die Menschen überzeugen müsse, auf das Auto zu verzichten, aber „das funktioniert nur über die Qualität des ÖPNV“. Sein Anspruch sei, alle Orte ab 150 Einwohner an den Öffentlichen Personennahverkehr anzubinden, „idealerweise wenigstens stundenweise“. Damit bei einem solchen Takt die Kosten nicht aus dem Ruder laufen, müsse man umdenken, Mobilitätsknoten schaffen und mittels Apps Fahrpläne individuell gestalten. „Das 49-Euro-Ticket ist toll – wenn man einen ÖPNV hat.“

Klares Ziel: Mit dem ÖPNV schnell durch den Landkreis

Interessant seien aus Kostengründen „Systeme, die nicht leer fahren“, sagt Schwarz und nennt als Baustein den Flexibus, der innerhalb einer halben Stunde nach dem Anruf kommen und den Fahrgast spätestens in einer Dreiviertelstunde zu praktisch jedem Ziel im Landkreis bringen solle. „Solche Systeme funktionieren schon.“

Kurze Wege für Arbeitnehmer sind dem Kandidaten zufolge auch ein Grund für Firmen, sich im Landkreis Roth niederzulassen. Ihnen müsse man Erweiterungsmöglichkeiten bieten, den Menschen zudem Wohnungen. Beides aber bedeute Flächenverbrauch, das sei ein Zielkonflikt. Versiegelung zu minimieren, müsse das Gebot sein.

Durch „Geschosswohnungsbau – der ist bei uns erst am Entstehen“ –, durch Nachverdichtung. Und nicht zuletzt durch das Überwinden von Grenzen, so wie es Georgensgmünd mit seinem interkommunalen Gewerbegebiet in Kooperation mit Spalt und Röttenbach praktiziere. Das liegt zu 100 Prozent auf Gmünder Gemeindegebiet, weshalb er von den Bürgern gefragt worden sei: „Brauchen wir die anderen?“ Nein. Doch Schwarz ist gegen Kirchturmdenken im Sinne eines größeren Ziels: „Auch der Gmünder hat ein Interesse daran, durch eine schöne Landschaft an den Brombachsee zu fahren.“ Gewerbe an jeder Straßenabzweigung sei kontraproduktiv und schade der Natur.

Den Wohnungsbau will Schwarz „nicht nur den Privaten überlassen“, die einzelne Kommune jedoch sei damit überfordert, wenngleich Thalmässing ein „tolles Projekt beim sozialen Wohnungsbau“ geschaffen habe. Sein Ziel: eine gemeinsame Wohnbaugenossenschaft, angesiedelt am Landratsamt. Als Bürgermeister habe er bereits „Kontakt mit Roth und Hilpoltstein aufgenommen, aber das reicht noch nicht“.

Landwirtschaft als Partner für vielfältige Problemlösung

Die Daseinsvorsorge treibt Schwarz um, ob Strommarkt und damit die Energiewende oder das Trinkwasser. Er schätze kleinteilige Strukturen, so Schwarz. Doch bereiteten diese auch Probleme. Beispiel sinkende Grundwasserpegel: Einen Lösungsansatz für die Landwirtschaft sehe er in Bewässerungsverbänden, wie ihn gemeinde- und landkreisübergreifend fünf Kommunen – darunter wiederum Georgensgmünd – mit dem Verband „Unteres Rezattal“ aus der Taufe gehoben hätten. Überhaupt: „Wir müssen öfter das Gespräch mit der Landwirtschaft suchen, da ist man per se an Nachhaltigkeit interessiert.“

Wenig nachhaltig ist für Schwarz die angedachte Krankenhausreform, angestoßen ausgerechnet von seinem Parteifreund Karl Lauterbach, dem Bundesgesundheitsminister. Dessen ausgerufene Qualitätssteigerung bedeute eine Ausdünnung der Krankenhauslandschaft; das wiederum verkenne, dass die Grundversorgung im ländlichen Raum anders strukturiert sein müsse als in der Großstadt.

Pflege, Tourismus, Bildung Stärkung des Ehrenamts: Es gibt keinen Bereich, den Schwarz nicht beackert an diesem Abend. „Ich war wieder zu lang“, gesteht er nach nicht ganz zwei Stunden freimütig ein. Doch er brenne eben für die Themen in der Heimat. „Und Sie merken, dass ich die Menschen mitnehmen möchte.“ Politik werde oft ausgrenzend betrieben, bedauert Schwarz, ständig werde mit dem Finger auf den anderen gezeigt. „So etwas können wir uns nicht mehr leisten.“

HK

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