Brauchtumsspektakel in Hilpoltstein
900 Gestalten machen Hilpoltstein unsicher

Umzug feiert mit Rekordbeteiligung und Tausenden von Zuschauern Comeback

22.01.2023 | Stand 17.09.2023, 4:54 Uhr

Und ab geht‘s: Die Freude, nach der Zwangspause wieder ordentlich Gaudi zu machen, ist Gruppen wie Zuschauern gleichermaßen anzumerken. Fotos: Tschapka

So ein Spektakel hat Hilpoltstein lange nicht gesehen. Schaurig schön, laut und bunt zogen nicht weniger als 35 Brauchtumsgruppen aus nah und fern durch die Burgstadt, gesäumt von tausenden neugierigen Zuschauern.



Zum siebten Mal fand dieser Zug auf Einladung der Hilpoltsteiner Flecklasmänner statt. Bei der fünften Auflage im Jahr 2019 gab sich sogar Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die Ehre, nach dem sechsten ein Jahr später war dann erstmal zwei Jahre Ruhe – die Coronapandemie bereitete dem großen Schaulaufen ein vorläufiges Ende. Aber Corona ist (so gut wie) vergessen, und die unheimlichen Gestalten, rund 900 an der Zahl, sind nicht mehr zu stoppen.

An der Spitze des Zuges, der von der stellvertretenden Bürgermeisterin Ulla Dietzel, die eine „schöne, zünftige, erste Veranstaltung im neuen Jahr“ wünschte, eröffnet, und von Böllerschützen unüberhörbar angekündigt wurde, standen die Organisatoren, die Hilpoltsteiner Flecklasmänner samt ihrem Nachwuchs, den Flecklaskindern. Und auch die folgenden Burgfesttrommler wurden ihrer Rolle als „Anheizer“ für das, was noch folgen sollte, gerecht. Natürlich durfte in ihren Reihen auch der legendäre „Löll“ nicht fehlen, jene unheimliche Strohgestalt, die den Winter symbolisiert. Unter dessen „Larve“, wie die holzgeschnitzten Masken genannt werden, verbarg sich diesmal niemand anderes als Felix Walchshöfer vom „Team Challenge“, aber dass wurde erst zum Schluss preisgegeben.

Von einem Truck herab kündigte Katrin Schade, Vorsitzende der Flecklasmänner und eine der Hauptorganisatorinnen des Brauchtumsumzug, die einzelnen Gruppen an, und stellte sie in kurzen Worten vor. Zum Beispiel das „Komitee Drudenzug Schopfloch“, die den heidnischen Glauben an die Druden – hässliche alte Frauen, die sich der Sage nach nachts auf die Brust ihrer bedauernswerten Opfer setzen und so Beklemmung und Atemnot verursachen. Oder die „Kapfenberger Burgteufl“, nicht minder schaurige Gesellen, die mit den Zuschauern ihren Schabernack trieben. Auch die Gruppen aus der Region wurden frenetisch begrüßt: unter anderen die „Thalmässinger Faschingswächter“ mit ihren aus Schellen, Rasseln und Trommeln bestehenden Teufelsgeigen und ihrem Schlachtruf „Wächter, pass auf!“ sowie die rot-weiß gewandeten „Gredinger Pumpernickel“, von denen jeder einzelne rund 200 aufgenähte Glöckchen besaß, die einen ordentlichen Lärm verursachten. Auch die „Original Spalter Hopf’n Hex’n“ durften nicht fehlen, und die „Schwabanesendamenhexenweiber“ mit ihrem Schlachtruf „Schwaba-nesen Aha“.

Gemeinsam mit dem Rother Inklusionsnetzwerk versuchten die Flecklasmänner ihren Brauchtumsumzug so barrierefrei wie möglich zu gestalten, denn schließlich stammten viele der anwesenden Fans auch aus den Behinderteneinrichtungen Auhof und Regens-Wagner. So gab es unter anderem auch eine Gebärdendolmetscherin, die die Worte der Moderatorin übersetzte.

Weit über eine Stunde zog dieser faszinierende Festzug durch die Innenstadt, aber auch als dieses Spektakel vorbei war, hieß das noch lange nicht, dass man nach Hause gehen sollte. Denn dann stieg am Marktplatz trotz leichtem Schneegestöber die große Brauchtumsfeier, bei der nicht nur die zahlreichen Guggenmusik-Kapellen, sondern unter anderem auch DJ Flecklasrolf weiterhin Stimmung machten. Bis spät in die Nacht wurde dort noch ordentlich weitergefeiert – ganz so wie es das Brauchtum verlangt.

HK